Das Glück ist eine Katze
enthielt sich jeglichen
Kommentars.
»Die Wahrheit«, sagte ich, »ist dem Menschen zumutbar. Sogar dem Mann.«
»Das ist ein dicker Hund«, sagte Konrad erschüttert.
Und ich: »Das ist eine dicke Katze.«
|188| »Wer war’s?«
»Da legt sie sich nicht fest.«
»So ein Luder!« sagte Konrad. »Na ja, wenn man schon Schlumpel heißt – Name verpflichtet.«
»Nix Luder«, sagte ich. »Sie ist eine Katze. Und eine ganz besonders hübsche. Ich kann die Kater verstehen. Soll ich sie verstoßen?«
»Dann will ich mal nicht so sein«, seufzte Konrad, verzieh meiner Katze großmütig, daß sie schwanger geworden war, ohne ihn
gefragt zu haben. Und er sagte, er habe mich im Verdacht, den Besuch bei der Tierärztin unbewußt so lange aufgeschoben zu
haben, bis es zu spät war. »Weil du gern eine Katzenkinderstube haben willst. Ich kenn dich doch!« Und reiste wieder ab.
Schlumpel wurde immer anhänglicher, immer verschmuster, immer runder. Konrad deckte sich mit Literatur über werdende Mütter
ein, mauserte sich zu einem Fachmann für Trächtigkeit und hielt mir jeden Abend am Telefon einen Vortrag darüber, was nun
zu tun sei. »Sie braucht natürlich mehr Eiweiß«, sagte er, »in Form mageren Frischfleisches, dazu Quark, Eigelb, Getreideflocken
und geriebenen milden Hartkäse. Außerdem Vitamintabletten. Und ein Kalkpräparat. Und Spurenelemente. Und jetzt geb ich dir
ein Rezept für ein Gericht, da schlecken sich werdende |189| Katzenmütter alle Pfoten danach. Also schreib auf: Einen Teelöffel fruchtiges, selbstverständlich kaltgepreßtes Olivenöl erhitzen,
eine viertel Makrele, möglichst gerade frisch gefangen, waschen, mit Küchenpapier trockentupfen. Bei mittlerer Hitze anbraten.
Lauchzwiebel in hauchdünne Ringe schneiden, aber nimm nur das Gelbe, zur Makrele geben. Dazu 40 Gramm Apfelmus, etwas Lecithin und einen Löffel Mineralfutter, Joghurt oder diesen speziellen Katzentrinkjoghurt aus dem Bioladen.
Dann alles fein pürieren. Zum Schluß feingewiegte Katzenminze drüberstreuen. Hast du’s?«
»Gehört hab ich’s schon, Schlumpel auch.«
»Es heißt ›Seppls Leibgericht‹. ›Seppls‹ natürlich ohne diesen ekelerregenden falschen Apostroph, den heute alle verwenden.
Und? Was sagt sie dazu?«
»Ich heiß nicht Seppl«, sagte meine Katze, »ich heiß Schlumpel. Er soll’s selber fressen.«
»Sie meint«, teilte ich Konrad mit, »es sei eine etwas kühne Zusammenstellung. Und, wie der Name sagt, offenbar eher für werdende
Katzenväter als für Mütter gedacht. Außerdem sind die Makrelen hier im Hochschwarzwald gewieft, da kannst du angeln, bis du
schwarz wirst, die beißen nicht an. Wo hast du das Rezept her?«
»Aus ›Die junge Mutter und ihr erster Wurf‹. |190| Sehr informativ. Es steht im Kapitel über trächtige Katzen. Dieses Rezept ist auf eine ein Kilogramm schwere Katze berechnet,
du mußt natürlich die Mengenangaben mit Schlumpels Kilogewicht multiplizieren und dann –«
»Ich glaub, Hackfleischkügelchen sind uns lieber.«
»Aber hoffentlich doch aus ökologischem Rindfleisch«, mahnte Konrad.
»Und außerdem fängt sie jeden Tag eine Maus.«
»Maus«, erklärte Konrad, »ist in ihrem Zustand nicht anzuraten. Nimm sie ihr weg. Mäuse haben Parasiten, was sehr gefährlich
– du kannst übrigens mitessen.«
»Ich krieg keine Junge«, protestierte ich.
»Hoffentlich. Das Buch sagt, alle Rezepte seien für Katzen und Menschen geeignet. Praktisch, was?«
Und so weiter. Schlumpel dankte Konrad sein Interesse dadurch, daß sie sich gründlich in seinem Zimmer umsah und in allen
Ecken herumstöberte. Da er immer nur ein paar Tage bleibt, schien es ihr das ruhigste zu sein und am besten für ihre Kinderstube
geeignet.
»Gibt’s Frauenärzte für Katzen?« erkundigte sich Konrad beim nächsten Anruf besorgt, »es könnten ja Schwierigkeiten auftreten.
Vielleicht hat eins von den Kindern eine Steißlage. Ein anderes |191| verheddert sich in der Nabelschnur. Oder sie kriegt siamesische Zwillinge, also ich schneide die nicht durch. Stell dir das
mal vor: Zur Rechten sah man, wie zur Linken, einen halben Schlumpel heruntersinken. Frei nach Mörike.«
»Sehr frei«, sagte ich. »Aber nach Ludwig Uhland.« Was Konrad verschnupfte, denn schließlich ist er es, der Germanistik studiert
hat, ich aber kenne dafür die Gedichte. »Und sie braucht keinen Doktor. Wird schon alles gutgehen. In zwei Wochen ist’s wohl
soweit.«
Dann
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