Das Glück mit dir (German Edition)
Waschmaschine?, unterbricht Nina.
Also gut, hinter der einen Tür steht eine neue Waschmaschine und hinter jeder der beiden anderen Türen steht eine Ziege.
Eine von diesen teuren deutschen. Eine Bosch.
Hörst du mir zu oder nicht? Wenn nicht, mache ich mir nicht die Mühe, es dir noch einmal zu erklären.
Ich höre zu.
Du wählst also eine Tür. Die Tür bleibt geschlossen, aber da der Spielleiter weiß, was sich hinter jeder Tür befindet, öffnet er eine der beiden anderen Türen – eine, hinter der eine Ziege steht. Dann fragt er dich, ob du bei der Tür bleibst, die du dir ausgesucht hast, oderob du stattdessen die letzte verbleibende Tür wählen willst.
Ich würde bei der Tür bleiben, die ich zuerst ausgewählt habe.
Verstehst du denn nicht, Nina, fährt Philip fort und hebt dabei die Stimme, als der Spielleiter eine der Türen geöffnet hat, hinter denen eine Ziege steht, hat sich deine Chance, die Tür mit der Waschmaschine zu öffnen, von 1 aus 3 auf 1 aus 2 geändert. Zu wechseln wäre zu deinem Vorteil. Es liegt auf der Hand. Ich kann es dir logisch erklären. Ich kann es dir mathematisch erklären.
Trotzdem. Nina bleibt stur. Ich habe dir gesagt, ich nehme nicht die andere Tür.
Wie nennt er das Problem? Ein veridikales Paradoxon, denn obwohl es absurd erscheint, ist es nachweislich wahr. Und wie nennt er sie?
Eine sture Ziegenhirtin.
Wieder im Schlafzimmer, zieht Nina einen Stuhl heran und setzt sich neben das Bett.
Wieder berührt sie Philips kalte Hand.
Philip, flüstert sie.
Er will eingeäschert werden, das hat er gesagt. Er sagt außerdem, dass er nicht will, dass seine Asche begraben wird. Sie soll ins Meer gestreut werden. In den Atlantik, präzisiert er.
Der größte Park in Paris. Über vierzig Hektar groß, informiert sie Philip, als sie an einem sonnigen Frühlingstag, kurz nachdem sie sich kennengelernt haben, über den Friedhof Père Lachaise schlendern.
Wahrhafter Geschichtsunterricht zwischen siebzigtausend Gräbern, sagt er.
Sie haben die Metro genommen und sind den Boulevard de Ménilmontant entlanggegangen; vor dem Eingang verkauft eine Frau Blumen, Philip bleibt stehen und kauft Nina einen Strauß roter Nelken.
Hand in Hand gehen sie zwischen den Gräbern auf und ab, lesen einander laut die Namen vor: Marcel Proust, Édith Piaf, Honoré de Balzac, Oscar Wilde …
Vor dem reich verzierten Mausoleum, das die Überreste von Abélard und Héloïse beherbergt, halten sie einen Moment inne. Das Grab ist von einem Eisenzaun umgeben, aber übersät mit Blumen und Papierfetzen, die hineingeworfen worden sind.
Ich habe im Führer gelesen, dass diese Zettel Briefe an Abélard und Héloïse sind, von Leuten, die sich wünschen, dass ihre Liebe erwidert wird, erzählt Nina Philip.
Und ich habe gelesen, dass hier nicht die sterblichen Überreste von Abélard und Héloïse liegen, antwortet Philip.
Zyniker.
Und mit einer sicheren, flinken Armbewegung wirft Nina die Nelken. Die Blumen fliegen über den Zaun und landen direkt auf den liegenden Gestalten der Liebenden.
Guter Wurf, sagt Philip. Dann nimmt er sie in die Arme und sagt: Deine Liebe wird erwidert. Meine auch?
Ich habe Hunger, sagt er außerdem, noch ehe sie antworten kann. Gehen wir was essen.
Über die Jahre haben sie den Friedhof mehrfach besucht. Jedes Mal nehmen sie andere Wege, sehen sich andere Gräber an: Colette, Richard Wright, Simone Signoret, Félix Nadar, Max Ernst …
Die Spaziergänge über den Friedhof flößen ihnen – pervers vielleicht angesichts von so viel Tod – eine kindliche Heiterkeit ein. Sie erzählen sich Witze, machen Spielchen: Welches Grab ist am reichsten geschmückt? Welches ist am geschmacklosesten? Welches gefällt ihnen am besten?
Philips Favorit ist der hochglanzpolierte schwarze Marmorgrabstein in Form einer Pyramide, unter dem Sadegh Hedayat begraben liegt, ein persischer Schriftsteller, der sich das Leben genommen hat.
Ninas Lieblingsgrab ist das des armenischen Generals Antranik Ozanian.
Er sieht aus wie Vittorio De Sica. Der Schnurrbart.
Ich dachte, du magst keine Schnurrbärte, sagt Philip.
Mir gefällt die Pferdestatue, sagt sie.
Anstatt den anderen nachzulaufen, senkt Philips Pferd den Kopf und beginnt in aller Ruhe Gras zu fressen. Philip hat Angst vor Pferden. Und Pferde spüren seine Angst und nutzen sie aus.
Ziehen Sie seinen Kopf hoch! Geben Sie ihm die Fersen! Der Cowboy, der die Gruppe auf dem Geländeritt anführt, schreit Philip an.
Nina hat Philip
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