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Das Glück mit dir (German Edition)

Das Glück mit dir (German Edition)

Titel: Das Glück mit dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Tuck
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schließlich verbrannt.
    Wie schrecklich. Warum denn das?
    Ihre Lehren wurden als ketzerisch eingestuft. Sie trugMännerkleidung und lenkte selbst ihren Wagen durch die Stadt Alexandria. Sie setzte sich darüber hinweg, wie sie sich als Frau zu verhalten hatte.
    Eine Weile lang weigert sich Nina, mit Philip zu segeln, doch schließlich gibt sie nach.
    Und, ebenfalls schließlich, stellt sie sich sehr geschickt dabei an: Sie übernimmt das Ruder, wenn Philip die Segel hisst, fängt die Leine auf, ohne dass er ein zweites Mal werfen muss, kann Seekarten lesen und auf dem kniffligen Gasherd kochen. Sie geht im Seemannsgang über das Deck der Hypatia , ohne sich an der Drahtseilreling festzuhalten, und schließlich hat sie sich daran gewöhnt, beim Klatschen der Wellen gegen den Bootsrumpf einzuschlafen, und mag das Geräusch inzwischen sogar.
    Hypatia , sagt Nina tonlos zu sich selbst.
    Bradykardie , sagt sie.
    Einmal im Monat, sonntags, bleibt Philip fast den ganzen Tag im Bett – Winston Churchill, so hat er gehört, hat es genauso gemacht. Nicht, um Sex zu haben, sondern um sich zu erholen.
    Philip nimmt Frühstück und Mittagessen im Bett ein, doch bis zum Nachmittag ist das Bett voller Krümel, Getränkeflecken, Sonntagszeitungen, Bücher, Magazine, Stifte, dazwischen liegt sein Laptop, und Philip ist gezwungen aufzustehen. Während er duscht, räumt Nina das Bett auf und bezieht es frisch.
    Ich komme mir vor wie dein Dienstmädchen, sagt sie Philip jedes Mal, wenn er aus der Dusche kommtund sich abtrocknet – worauf er das Handtuch auf den Boden fallen lässt.
    Er pfeift eine Melodie dazu.
    Du hättest Paul Erdős heiraten sollen, neckt Philip sie.
    Paul Erdős, so erzählt er ihr, lebte aus dem Koffer. Statt eines Hemdes trug er sein Pyjamaoberteil; er hatte kein Geld, aß kein Fleisch, wusch sich zwanghaft die Hände und konnte seine Schnürsenkel nicht selbst binden. Aber er war Verfasser oder Mitautor von 1475 wissenschaftlichen Publikationen. Mehr, als jeder andere Mathematiker in der Geschichte zustande gebracht hat.
    Philip hat mit jemandem zusammen veröffentlicht, der mit jemandem zusammen veröffentlicht hat, der mit Paul Erdős zusammen veröffentlicht hat.
    Philips Erdős-Zahl lautet 3.
    Auch Lorna lebte aus dem Koffer – beinahe jedenfalls. Unorganisiert, unzuverlässig, brillant, arbeitete sie am Institut für Astroteilchenphysik in Berkeley, bis sie an einer Überdosis starb. Die Haushälterin fand sie in ihrem Bett; Lorna war bereits mehrere Tage tot. Schwer, sich nicht ihre sich bereits zersetzende Leiche vorzustellen: Lornas Locken, die das einstmals schöne, nun bleiche und entstellte Gesicht einrahmen.
    Unfall oder Selbstmord? Alle, die Lorna kannten, stellten sich diese Frage.
    Auch Nina.
    Warum nehmen sich so viele Mathematiker das Leben? Ist es, weil ihre Entdeckungen dazu führen, dasssie sich einsam und fremd in der Welt fühlen? Oder gibt es einen anderen Grund?, fragt sie Philip.
    Anstatt zu antworten sagt Philip: Ich hätte bei ihr vorbeischauen sollen, als sie nicht ans Telefon gegangen ist. Ich hatte so eine Ahnung, dass etwas nicht stimmt.
    Philip verbringt diese Nacht in seinem Büro, er arbeitet – sagt er jedenfalls. Oder vielleicht verbringt er die Nacht damit, in Marin herumzufahren, wo Lorna gelebt hat. Als er am Morgen endlich nach Hause kommt – Nina hört ihn die Treppe zum Schlafzimmer hinaufgehen –, ist sein Hinken deutlicher vernehmlich als normalerweise.
    Angenommen, wir würden in einem Raumschiff durch das gesamte Universum fliegen, sagt Lorna eines Abends ziemlich am Anfang des Semesters, als sie zu Nina und Philip zum Abendessen kommt, möglicherweise würden wir wie die frühen Weltumsegler am selben Ort ankommen, von dem wir gestartet sind. In Erwartung von Philips Erwiderung lacht sie nervös.
    Willst du damit sagen, das Universum sei endlich, randlos und zusammenhängend?, fragt Philip nach.
    Nina ist bereits vor einer Weile aufgefallen, dass Lornas Schuhe, flache Ballerinas, zwei verschiedene Farben haben – einer ist schwarz, der andere silbern.
    Sie zögert, bevor sie darauf hinweist.
    Oh. Lorna blickt an sich hinunter und wird ein wenig rot. Ich war wohl in Gedanken ganz woanders.
    Worüber haben Philip und Lorna noch gesprochen? Über die Anfänge des Universums, Chaostheorie, schwarze Löcher.
    Nina hat den Tisch gedeckt, sie hat das Essen zubereitet – Lorna ist heikel, isst weder Fleisch noch Fisch. Nach dem Hauptgang steht Nina auf und räumt

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