Das Glück reicht immer für zwei
später zu Sabrina. »Zuerst die lange Zeit, die man warten muss, bis man die Scheidung einreichen kann, dann die Scheidung an sich … Ich habe das Gefühl, dass Ralph und ich uns erst vor Kurzem getrennt haben, auch wenn es Jahre zurückliegt!«
»Und doch waren es gute Jahre für dich«, erwiderte Sabrina, und Britt konnte nur zustimmen. Denn nach ihrer Trennung arbeitete Britt noch härter als früher, um noch besser in ihrem Beruf zu werden; sie legte in der Kanzlei eine kometenhafte Karriere hin und fühlte sich wie im Rausch.
Sie fragte sich, ob Ralph den Perfekten Mann gelesen hatte. Und falls ja, ob er in Jack das vollkommene Gegenteil von sich selbst erkennen würde. Jemand, der nie eine Rolle spielte. Jemand, der gewissenhaft und aufrichtig war. Jemand, von dem jede Frau träumte.
Sie spürte einen Kloß im Hals und lockerte den Chiffonschal, den sie trug. Nein, ich werde nicht weinen, flüsterte sie. Ich habe genug wegen Ralph und mir geweint und bin seit Langem darüber hinweg. Es liegt einfach nur an der Atmosphäre auf diesem verflixten Schiff und der allgegenwärtigen Verklärung der romantischen
Liebe. All das ist mir zu Kopf gestiegen. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, und der Wind riss ihr den Schal vom Hals und wehte ihn in den Nachthimmel hinaus. Sie stieß einen verärgerten Laut aus, denn sie hatte nur einen Schal mitgenommen, den sie zu jeder ihrer Abendgarderoben tragen konnte.
»Britt!«
Der Schrei erschreckte sie so sehr, dass sie das Weinglas fallen ließ, das sie in der linken Hand gehalten hatte. Dann wirbelte sie herum und erblickte Mia und Steve Shaw, die durch die Tür aufs Deck heraustraten.
»Warum schreist du denn so?«, fragte sie. Sie drehte sich wieder zur Reling um. »Verdammter Mist – ich habe meinen Schal verloren.« Sie sah zum Horizont, doch das zarte cremefarbene Gewebe war längst in der Dunkelheit verschwunden.
»Deinen Schal?« Einen Moment lang war Mia verdutzt, ehe sie begriff, was Britt gesagt hatte. »Ach so, deinen Schal.«
»Was ist denn los?«, fragte Britt.
»Mia hat sich Sorgen wegen Ihnen gemacht«, erklärte Steve.
»Sorgen? Warum denn?«
»Ich wusste nicht, wo du bist.«
»Ich bin in die Bar gegangen. Ein bisschen gechillt, wie du immer so schön sagst. Dann bin ich hierhergekommen, um die Ruhe und den Frieden auf dem Oberdeck zu genießen.«
»Ich bin froh, dass es Ihnen gut geht, Miss Martin«, sagte Steve. »Man sollte an Bord nicht zu viel Alkohol trinken, das ist gefährlich.«
»Ich habe nicht zu viel getrunken«, entgegnete Britt empört. »Ein Glas Wein, mehr nicht. Und selbst das hatte ich noch nicht ausgetrunken.« Sie bückte sich nach dem Glas, das nicht zerbrochen war, hob es auf und stellte es auf einen Tisch. Dann sah sie Steve finster an. »Und warum sind Sie hier?«
»Ich habe Steve gebeten, mir bei der Suche nach dir zu helfen«,
sagte Mia. »Ich hatte Angst … Na ja, es wäre nicht das erste Mal, dass ein Passagier über Bord fällt.«
»Herrgott noch mal!« Britt sah sie genervt an. »Ich bin doch kein Kind, das man suchen muss.«
»Ich dachte, es gehört zu meinem Job, mich um dich zu kümmern.«
»Du liebe Güte, jetzt fang nicht wieder mit dem Quatsch an! Es war wirklich nicht nötig, mit der Kavallerie anzurücken. Ich brauche niemanden, der sich um mich kümmert. Ich komme sehr gut allein zurecht.«
Das hatte sie auch einmal zu Ralph gesagt, fiel Britt wieder ein. Als sie erkältet war und er ihr heißen Grog und Nelkentropfen brachte. Er erwiderte, dass er sich aber um sie kümmern wolle, während sie sich angesichts seiner Fürsorglichkeit eingeengt fühlte. Ich weise die Menschen, die mir helfen wollen, immer zurück, dachte sie jetzt. Warum tue ich das bloß?
»Mia war wirklich ein wenig besorgt«, sagte Steve. »Da habe ich ihr angeboten, ihr bei der Suche nach Ihnen zu helfen, das ist alles.« Er sah Mia an, die neben ihm stand. »Und, sind Sie jetzt beruhigt?«
Sie nickte. »Danke, Steve.«
»Gern geschehen.«
»Tut mir leid«, sagte Britt. »Ich wollte nicht unhöflich sein. Tut mir wirklich leid.«
»Gut, dann gehe ich wieder«, sagte Steve und sah zwischen den beiden Frauen hin und her. »Passen Sie auf sich auf.«
»Sicher«, erwiderte Mia. »Und nochmals danke, Steve. Sie waren mir eine große Hilfe.«
Er lächelte, dann verschwand er durch die Tür und die Treppe hinunter.
Die beiden Schwestern sahen einander an.
»Du hast dir doch nicht wirklich Sorgen gemacht, oder?«,
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