Das Glück reicht immer für zwei
sie Mias Rat befolgt und ihren Fleecepulli mitgebracht hatte, denn im Park wehte ein kühles Lüftchen. In der prallen Sonne war es angenehm, aber im Schatten tat es gut, etwas Warmes um die Schultern zu haben. Wieder warf sie einen Blick auf ihre Uhr und beschloss, ein wenig herumzuschlendern, bis Mia käme. Nein, eine geführte Tour war tatsächlich überflüssig, dachte sie. Die Stadt mit ihren Läden und Cafés war anziehend genug, man musste nicht unbedingt einzelne Gebäude besichtigen.
Er war ihr perfekter Mann. Durch ihn bekamen Liebe und Leidenschaft eine ganz neue Dimension für sie. Die Typen, mit denen sie davor zusammen gewesen war – in der Schule, im College und in ihrer Zeit als Buchhaltungsangestellte –, konnten in keiner Weise dem Vergleich mit Alejo standhalten. Sie waren Jungen, fast noch Kinder, und gaben ihr weder Erfüllung noch das Gefühl, als Frau etwas Besonderes zu sein. Alejo tat das jeden einzelnen Tag. Sie konnte nur noch an ihn denken. Egal, wo sie war oder was sie gerade tat, Alejo war stets in ihren Gedanken. Immer fieberte sie darauf hin, ihn wiederzusehen, wieder mit ihm in seinem großen Hotelbett zu liegen. Nichts anderes zählte. Alejo war der einzige Mensch in ihrem Universum.
»Pass auf, was du tust«, warnte Frank sie. »Du lässt deine Freunde und alle Menschen links liegen, denen du etwas bedeutest. Wir bekommen dich gar nicht mehr zu sehen.«
»Aber es dauert ja erst seit zwei Wochen.« Ihre Augen strahlten in ihrem gebräunten Gesicht – sie war noch ganz erfüllt von ihrem Beisammensein mit Alejo an diesem Morgen. »Du weißt doch, wie es ist, wenn man frisch verliebt ist.«
»Ja, klar. Aber bei uns Männern ist das anders. Im Gegensatz zu euch Mädels gehen wir nicht völlig darin auf.«
»Du bist eben noch nicht der Richtigen begegnet.« Mia lächelte. »Und vor Alejo ist mir so was auch noch nicht passiert.«
»Aber mach keine Dummheiten«, sagte Frank, und Mia dachte, wie kann man nur so was Dummes sagen. Mit Alejo konnte sie einfach nur wunderbare Dinge tun. Doch in einem musste sie Frank insgeheim recht geben: Seit sie mit Alejo zusammen war, hatte sie kaum noch ihre Freunde getroffen, und das war nicht gut. Deswegen fragte sie Alejo, ob er einverstanden sei, wenn sie sich an diesem Abend mit dem Rest ihrer Clique in der Bar trafen. Obwohl zunächst widerstrebend willigte Alejo ein, und wie sich herausstellte, kamen er, Frank, Peter, Per-Henrik und Vivi und die anderen gut miteinander aus.
»Er ist sehr sexy«, murmelte Vivi ihr ins Ohr, während sie eines Abends um einen Tisch saßen und dem Gitarrenspiel lauschten. »Den würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen.«
»Bedaure«, erwiderte Mia, »er ist bereits vergeben.«
Britt wurde zusehends genervter. Sie gönnte Mia ja ihre sentimentale Reise, aber ihre Schwester könnte dennoch so rücksichtsvoll sein, einigermaßen pünktlich zu ihrer Verabredung zu kommen. Es war mal wieder typisch für sie. Während sie auf ihrer gefühlvollen Wolke dahinschwebte, vergaß sie ihre Verpflichtungen.
Wieder warf sie einen Blick auf ihre Uhr. Es war jetzt schon eine Viertelstunde nach der verabredeten Zeit. Wahrscheinlich stand Mia wie in Trance vor einem heruntergekommenen Pueblo-Haus und sinnierte darüber, wie viel schöner ein Leben in dieser Umgebung doch war als das materiell geprägte, welches sie sich hätte leisten können, wäre sie Angestellte in ihrer Firma geblieben.
Britt seufzte. Sie wusste, dass Mia nicht für den Beruf einer Buchhalterin geboren war. Aber war sie für das Leben einer alleinerziehenden Mutter geboren?
Mia hätte nie gedacht, eines Tages eine alleinerziehende Mutter zu sein. Sie war sich seiner so sicher gewesen. Sie hatten die gleichen Vorlieben, die gleiche Vorstellung vom Leben.
Als Mitglied eines Vulkanforschungsprojekts verbrachte Alejo seine Zeit abwechselnd in der Stadt, dann wieder in den Bergen. Er sagte, bevor er sie kennenlernte, habe er es vorgezogen, in der Natur zu sein, jetzt aber bleibe er lieber in der Stadt. Er vermisse sie, wenn er woanders übernachten musste, und hasse es, getrennt von ihr zu sein.
Wenn sie zusammen durch die Straßen schlenderten und sahen, wie kleine Mädchen mit ihren Müttern oder Großmüttern ein Geschäft betraten und sich dabei sehr wichtig vorkamen, lächelte
er immer amüsiert. Oder beim Anblick von Jungen, die auf der Straße Fußball spielten und lautstark jubelten, wenn sie ein Tor schossen, lachte er
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