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Das Glück reicht immer für zwei

Das Glück reicht immer für zwei

Titel: Das Glück reicht immer für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
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die Mitarbeiter ins Haus gelassen und es nach getaner Arbeit wieder abgesperrt. Er fand, dass sie großartige Arbeit geleistet hatten. Jetzt, da er mit dem Finger über den Sims des Gaskamins mit dem künstlichen Kaminfeuer fuhr, war seine Fingerkuppe grau von dem Staub, der sich während der letzten Monate dort niedergelassen hatte.
    Der Fernseher war eingesteckt. Er schaltete ihn ein, und schon wurde der Raum erfüllt von der Stimme des Nachrichtensprechers. Donal war süchtig nach Nachrichten gewesen. Er hatte sich sämtliche Nachrichten auf allen Sendern angesehen, um sich immer wieder die gleichen Meldungen anzuhören. Es war nicht nur eine private Marotte von ihm gewesen, sondern auch seiner Arbeit geschuldet, denn Donal war selbst politischer Reporter für RTÉ gewesen. Sein tragischer Unfall war der Aufmacher sämtlicher Nachrichtensendungen, außerdem hatten ein paar Sender Videoclips von einigen seiner Berichterstattungen gebracht. Doch Leo hatte nur den ersten gesehen und gleich weitergezappt, weil er es nicht ertragen konnte.
    Mit den Fernsehgeräuschen war es im Haus weniger gespenstisch. Leo setzte sich auf das Sofa und starrte auf den Bildschirm, auf dem die aktuellen Nachrichten übertragen wurden, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Stattdessen sah er immer nur ein Bild – das von Donal und Vanessa in jener Nacht und ihre schockierten Mienen, als er unvermittelt hereinspaziert war.
    Wenigstens hatte er sie nicht beim Sex überrascht. Er kniff die Augen zusammen, um diesen Gedanken zu verscheuchen. Doch
seit jener Nacht begleitete er ihn stets: Sein Bruder und seine Verlobte zusammen im Bett. Er wünschte, dieses Bild endlich loslassen und ein für alle Mal vergessen zu können, aber es gelang ihm nicht. Manchmal, wenn er mit Pippin zusammen war, beim Abendessen oder in einer Bar oder in seinem Haus in Monkstown, schob sich dieses Bild in sein Bewusstsein und ließ ihn erstarren. Hin und wieder bemerkte Pippin die Veränderung, die dann mit ihm vorging, und sie fragte, ob ihm etwas fehle. Doch er schüttelte jedes Mal nur den Kopf und meinte, nein, es gehe ihm gut. Aber er wusste, dass sie ihm nicht immer glaubte.
    Ebenso wie er wusste, dass er es ihr unbedingt sagen musste. Aber warum fiel es ihm so schwer? Immerhin hatte er es am letzten Abend auf der Aphrodite gegenüber Britt McDonagh hinausposaunt, und er hatte eine große Erleichterung verspürt, endlich mit jemandem darüber reden zu können. Nicht zuletzt, weil Britt darauf verzichtet hatte, ihn mit nichtssagenden Plattitüden trösten zu wollen. Sie war verständnisvoll gewesen, das ja. Auch hatte sie ihm geraten, sich Pippin anzuvertrauen. Er konnte sich nicht erinnern, ob es einen Grund gab, warum er es bislang noch nicht getan hatte – um ehrlich zu sein, wusste er es selbst nicht. Als er jetzt versuchte zu analysieren, warum es ihm widerstrebte, kam er zu dem Schluss, es müsse an Pippins sonnigem und arglosem Gemüt liegen, dass er sie nicht mit etwas derart Furchtbarem konfrontieren wollte. Als er ihr gesagt hatte, dass Donal und Vanessa bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, hatte sie warmherzig und mitfühlend reagiert. Doch ihr die ganze Wahrheit zu erzählen – dass Donal und Vanessa eine Affäre hatten –, war so, als würde er ihre Tragödie beschmutzen.
    Er wünschte, Pippin wäre jetzt da. Er wünschte, sie würde die Arme um ihn legen und ihm sagen, dass sie ihn liebe und dass alles gut werde. Allein in dem fremden Haus fühlte er sich zutiefst einsam, und er hörte die Fernsehnachrichten zwar, nahm sie aber nicht bewusst wahr. Er hasste es, allein zu sein. Er hasste
es, keine Familie, sondern mit Tante Sarah nur noch eine einzige Verwandte zu haben. Das gab ihm das Gefühl, der Realität und den Menschen entrückt zu sein.
    Wenn er Pippin heiratete, würde sich das ändern. Dann hätte er eine Schwiegermutter, Eileen, und einen Schwiegervater, John. Und auch wenn Pippin ein Einzelkind war, gab es jede Menge Onkel und Tanten und Cousinen und Cousins. Es wäre schön, endlich eine Familie zu haben. Außerdem hatte Pippin jede Menge Freunde und Bekannte in der Medienwelt. Seit er von der Kreuzfahrt zurückgekommen war, hatte er mehr soziale Kontakte gehabt als je zuvor. Vanessa hatte er nie zu irgendwelchen Events begleitet, weil sie dann immer arbeiten musste. Auch Pippin betrachtete Events als Teil ihrer Arbeit, doch sie wollte ihn immer dabeihaben. Sie wollte mit ihm angeben, wie sie sagte. Sie wollte den Leuten

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