Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
immer wieder würde es diese Leidenschaft sein, die uns aufrecht hielt.
Dritter Teil
22.
Die Scham und die Übelkeit
Unser Flugzeug landete in Sydney. Ich rieb mir die Augen. Sie waren so geschwollen und verklebt von vierzehn Stunden postmaritalem Flugzeugschlaf, dass ich keinen Meter weit sehen konnte. Abgesehen von dem australischen Film Cosi mit Toni Collette und von dem Kuscheln mit meinem frisch Angetrauten unter der Filzdecke hatte ich fast den gesamten Flug über geschlafen – vor Erschöpfung. Ich war nicht nur geschlaucht von der Hochzeitsfeier mit über sechshundert Gästen, sondern auch von der einjährigen Achterbahnfahrt mit meinen Eltern. So tief war ich seit Monaten nicht mehr weg gewesen.
Da wir die Datumsgrenze überquert hatten, war es Dienstagmorgen, als Marlboro Man und ich schließlich im Park Hyatt eincheckten, dem wunderbaren Hotel am Hafen von Sydney. Ausgehungert schlangen wir jeweils einen großen Teller Rührei vom Buffet in der Lobby hinunter, ehe wir hochfuhren auf unser Zimmer, von dem man einen großartigen Blick auf den Hafen hatte. Es hatte Vorhänge, die man mit einer Fernbedienung steuerte, und eine Marmorbadewanne, gerade groß genug für zwei Frischvermählte, die völlig versessen darauf waren, so schnell wie irgend möglich jede Einzelheit am Körper des anderen zu entdecken. Erst am Mittwochnachmittag legten wir eine Pause ein.
»Komm, wir bleiben die ganzen drei Wochen lang hier«, schlug Marlboro Man vor und fuhr mit den Fingern über mein Schulterblatt, als wir verträumt auf unserem Flitterwochenbett lagen.
»Von mir aus gern«, sagte ich und schaute ihn an. Sydney war meine neue Lieblingsstadt.
Mein Mann zog mich an sich, wir schmiegten den Kopf an den Hals des anderen, unsere Beine umschlangen sich so fest, wie anatomisch überhaupt möglich war. Wir waren ein Leib und eine Seele. Da gab es nichts zu trennen.
Es dauerte nicht lange, bis wir merkten, dass wir seit vierundzwanzig Stunden nichts gegessen hatten. Es war die einzige fleischliche Begierde, die nicht gestillt worden war.
Mir fiel ein, dass ich eine McDonald’s-Filiale in der Nähe unseres Hotels gesehen hatte, und da ich ein bisschen Bewegung brauchte, schlug ich vor, nach draußen zu gehen und uns zuverlässiges amerikanisches Essen zu besorgen. Das sollte bis zum Abendessen vorhalten, für das wir nämlich einen Tisch reserviert hatten. Unser Blutzucker war zu niedrig, als dass wir die Stadt nach einem Restaurant für ein schnelles Mittagessen hätten durchkämmen können.
Wenn es um Hamburger geht, nimmt Marlboro Man nur Ketchup, und genau das bestellte ich für ihn, als ich an den Tresen trat: »Einen Hamburger bitte, nur mit Ketchup.«
»Okay … Sie wolln nur Kitchipunfleisch?«, erwiderte die Bedienung unschuldig.
»Wie bitte?«
»Kitchipunfleisch?«
»Ähm … Entschuldigung?«
»Sie wollen nur einen Hamburger mit Kitchipunfleisch?«
»Einen … was?« Ich hatte keine Ahnung, wovon das arme Mädchen sprach.
Ich brauchte ungefähr zehn Minuten, bis ich verstand, dass die Australierin hinter der Theke lediglich meine Bestellung wiederholt hatte: Kitchip (Ketchup) unfleisch (und Fleisch). Eine traumatische Bestell-Erfahrung …
Ich kehrte in unser Hotelzimmer zurück, und Marlboro Man und ich stürzten uns auf das Essen wie die Tiere.
»Schmeckt irgendwie komisch«, sagte mein Gatte.
Ich stimmte ihm zu. Das Fleisch war anders. Es schmeckte nicht wie in Amerika.
Am Abend machten wir uns schick – Marlboro Man in seiner lässigen Wrangler und einem unglaublich schönen schwarzen Button-down-Hemd, ich in einem fließenden taupefarbenen Kleid und schwarzen Pumps – und brachen auf zu dem Restaurant, das nach Aussage eines Reiseführers der kulinarische Höhepunkt jeder Sydneyreise war. Auf dem Weg zu dem Hochhaus, in dessen oberstem Stockwerk das Restaurant untergebracht war, kuschelten wir im Taxi.
»Du gehörst mir«, sagte Marlboro Man, und seine kräftige Hand streichelte mein Knie so aufreizend, dass ich überlegte, ob ich den Taxifahrer bitten sollte, zum Hotel zurückzufahren. Mein Hunger auf ein gehaltvolles Essen war der einzige Grund, der mich zum Restaurant trieb.
Die Fahrt im Aufzug in den sechsunddreißigsten Stock des Gebäudes dauerte nur wenige Sekunden, und als sich die Türen öffneten, wurden wir von Menschen mit niedlichem Aussie-Akzent in einem wunderschönen Fünf-Sterne-Restaurant begrüßt. Ich atmete tief ein, roch gegrilltes Fleisch,
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