Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Knochenarbeit. Ich arbeitete eigentlich nur, damit ich tagsüber etwas zu tun hatte, damit ich einen Grund hatte, um meine schwarzen Pumps zu tragen, und damit ich mir ein Nachtleben mit Gourmetrestaurants und bunten Cocktails leisten konnte. Nachtleben bedeutete für Marlboro Man ausruhen – die verdiente Pause nach einem langen Tag harter Arbeit. Für mich bedeutete Nachtleben die Gelegenheit, neue Klamotten auszuführen und meine Lippen zu schminken.
Hin und wieder machte ich mir Sorgen wegen dieser Unterschiede. Konnte ich überhaupt mit einem Mann zusammen sein, der in seinem Leben noch nie Sushi gegessen hatte? War es vorstellbar, dass ich als ehemalige Vegetarierin den Rest meines Lebens mit einem Mann verbrachte, für den eine Mahlzeit ohne dunkles Fleisch nicht vollständig war? Es war das erste Mal, dass ich vor solchen Fragen stand. Und die schwierigste lautete: Konnte ich mir tatsächlich vorstellen, jemals so weit abgelegen auf dem Land zu wohnen, dass ich, um zu meinem Haus zu gelangen, mehr als acht Kilometer über eine Schotterpiste fahren musste?
Die magische Achterkugel in meinem Kopf verriet die Antwort: KEINE GUTEN AUSSICHTEN.
Und überhaupt, wie kam ich eigentlich dazu, übers Heiraten nachzudenken? Marlboro Man war ein Rancher, und er lebte auf einem Stück Land, das seit Generationen seiner Familie gehörte. Wenn bei ihm also eines sicher war, dann das: Er war, wo er war , und falls ich irgendwelche Pläne schmiedete, die ihn einbezogen, dann konnten sie sich nur auf seinem Stück Erde, seiner Scholle, abspielen, nicht auf meiner. Wenn ich nach Chicago aufbrach, brauchte ich mir nicht die geringsten Hoffnungen zu machen, dass er eines Tages nachkommen würde – Chicagos Stadtzentrum ist nicht unbedingt für seine ausgedehnten Weideflächen bekannt. Sein Leben war an die Ranch gebunden, und das würde auch immer so bleiben. Sein Vater wurde nicht jünger, somit lag die Zukunft der Ranch in den fähigen, schwieligen Händen von Marlboro Man und seinem Bruder.
Also stand ich – wieder einmal – vor der Entscheidung, ob ich bereit war, mein Leben den Plänen des Mannes anzupassen, mit dem ich zusammen war. Die gleiche Frage hatte sich mir damals gestellt, als J wollte, dass ich ihn nach Nordkalifornien begleite. Es war mir nicht leichtgefallen, aber ich hatte mir meinen Stolz bewahrt und beschlossen, Kalifornien stattdessen zu verlassen. Ich hatte es als einen persönlichen Erfolg gewertet, dass es mir gelungen war, mich aus den bequemen Fesseln einer vierjährigen Beziehung zu lösen, und es war die richtige Entscheidung gewesen. Es würde sich auch diesmal als die richtige Entscheidung herausstellen, mich nicht von meinen Umzugsplänen abbringen zu lassen – egal, wie schwer es mir fiel, meine zwei Wochen alte Liebesaffäre mit Marlboro Man zu beenden, bevor sie richtig angefangen hatte. Ich war eine starke Frau. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich dagegen entschied, einem Mann zu folgen, und ich würde es auch diesmal schaffen. Natürlich würde es noch eine Zeitlang wehtun, aber auf lange Sicht wäre es bestimmt besser so.
Mein Selbstgespräch in Form dieser feministischen Moralpredigt wurde vom Klingeln des Telefons unterbrochen. Es war schon spät. Vor einer halben Stunde hatte Marlboro Man mich abgesetzt und war vermutlich schon wieder auf halbem Weg nach Hause. Ich liebte seine spätabendlichen Anrufe, bei denen er mir zum Beispiel sagte: »Ich musste gerade an dich denken« oder »Ich wollte dir nur gute Nacht sagen«. Ich hob ab.
»Hallo?«
»Hi«, sagte er.
»Hi«, erwiderte ich. Du unglaublich heißer Typ.
»Was machst du gerade?«, fragte er beiläufig.
Ich warf einen Blick auf den Stapel Trägerhemden, die ich säuberlich zusammengefaltet hatte. »Ach, ich lese«, antwortete ich. Lügnerin.
Er fuhr fort: »Können wir reden?«
»Klar, ich hab Zeit«, sagte ich und kuschelte mich auf den gemütlichen Sessel in meinem Zimmer.
»Okay … dann komm raus«, sagte er. »Ich stehe in deiner Einfahrt.«
Mir wurde ganz anders. Er meinte es wirklich ernst.
»Wie jetzt … Wo bist du ?« Ich sprang auf und blickte in den Spiegel. Ich sah total bescheuert aus, denn ich war schon in meine Schlafanzughose aus Satin geschlüpft, dazu trug ich einen zerschlissenen USC-Pullover und gepunktete Zehensocken. Die Krönung aber war mein Haar, ein verfilztes Knäuel, das ich mit einem Bleistift auf meinem Kopf fixiert hatte. Wer konnte mir da widerstehen?
»Ich bin hier
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