Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Rückspiegel mein Make-up. »Und äh … wie komme ich da hin?« Ich war nervös.
»Also, ungefähr zweieinhalb Kilometer vor der Abfahrt zu mir siehst du an der Nordseite des Highways ein weißes Tor«, wies er mich an. »Da biegst du ab und folgst der Straße ungefähr eine halbe Meile, und schon kommst du zu seinem Haus.«
»Aha …«, sagte ich zögernd.
»Meinst du, du schaffst das?«
»Ja, klar«, erwiderte ich und fragte nach einer Pause: »Aber … ähm … in welcher Richtung ist Norden?«
Es war nur halb als Witz gemeint.
Wie durch ein Wunder fand ich dreißig Minuten später das Haus von Marlboro Mans Bruder. Als ich die Einfahrt hinauffuhr, sah ich den vertrauten weißen Pick-up neben einem sehr großen, imposanten Sattelschlepper stehen. Mein Cowboy und sein Bruder saßen in der Fahrerkabine.
Marlboro Man blickte auf, lächelte und winkte mir, zu ihnen zu kommen. Ich winkte zurück, stieg aus und war so blöd, meine Handtasche mitzunehmen. Aber damit nicht genug, anschließend betätigte ich die Zentralverriegelung mit der Fernbedienung und schaltete die Alarmanlage ein, ohne daran zu denken, wie fehl am Platz das grässliche Tschirp! Tschirp! inmitten der idyllischen ländlichen Stille klingen musste. Während ich auf den Monstertruck zuging, in dem meine neue Liebe mit seinem einzigen Bruder saß, überlegte ich: Ich war noch nie in meinem Leben in die Fahrerkabine eines Sattelschleppers gestiegen, ich war mir nicht mal sicher, ob ich schon mal näher als dreißig Meter an einen herangekommen war. Ich spürte feuchtkalten Schweiß unter den Achseln und zitterte nervös bei der Vorstellung, dass ich gleich nicht nur Tim kennenlernen würde, sondern auch in ein Fahrzeug klettern sollte, das neunmal so groß war wie mein Toyota Camry, und das war damals der größte Wagen, den ich je besessen hatte. Was sollte ich da?
Marlboro Man öffnete die Beifahrertür, ich fasste an den breiten Griff, der neben der Kabine angebracht war, und zog mich daran auf die Stufen aus gelochtem Metall. »Los, komm rein!«, sagte er und half mir in die Kabine. Tim saß auf dem Fahrersitz. »Ree, das ist mein Bruder, Tim.«
Tim sah gut aus. Verwegen. Er war mit Staub bedeckt, als hätte er vor kurzem noch gearbeitet. Ich konnte eine leichte Ähnlichkeit mit meinem Cowboy ausmachen, ein vertrautes Funkeln in seinem Blick. Tim streckte die Hand aus, die andere ließ er auf dem Lenkrad des nigelnagelneuen Viehtrucks ruhen, der, wie ich erfuhr, erst wenige Stunden alt war. »Tja, was sagst du zu diesem Ding?«, fragte Tim mit breitem Grinsen. Er erinnerte mich an einen kleinen Jungen im Süßwarenladen.
»Nicht übel«, sagte ich und sah mich in der Kabine um. Es gab viele verschiedene Anzeigen. Viele Hebel. Ich wäre gern nach hinten gekrabbelt und hätte mir angeschaut, wie die Schlafkoje aussah und ob es dort einen Fernseher und einen Whirlpool gab.
»Und, willst du auch mal ’ne Runde drehen?«, fragte Tim.
Ich wollte den Eindruck vermitteln, dass ich eine patente Frau war, zu allem bereit. »Klar!«, erwiderte ich schulterzuckend und wollte gerade das Lenkrad übernehmen.
Marlboro Man schmunzelte, Tim blieb sitzen und sagte: »Obwohl, vielleicht doch lieber nicht. Du könntest dir einen Fingernagel abbrechen.« Ich blickte auf meine frisch manikürten Hände. Sehr aufmerksam von ihm, sie zu bemerken. »Außerdem«, fuhr er fort, »weißt du bestimmt nicht, wie man schaltet.« Machte er sich über mich lustig? Meine Achseln waren klitschnass. Zum Glück trug ich an dem Abend ein schwarzes Oberteil.
Ich überstand noch weitere zehn Minuten leicht unangenehmer Plauderei, dann rettete Marlboro Man mich, indem er verkündete: »Na gut, Kumpel, ich glaube, wir machen uns mal auf den Weg.«
»Okay, Kumpel«, erwiderte Tim. »War schön, dich kennenzulernen, Ree.« Er grinste sein nettes, vertrautes Grinsen. Er war wirklich niedlich. Definitiv Marlboro Mans Bruder.
Aber natürlich kein Vergleich mit dem Original.
Mein Cowboy öffnete die Beifahrertür und ließ mir den Vortritt, während Tim an der Fahrerseite ausstieg, um uns zu verabschieden. Als ich die Stufen hinunterkletterte, dachte ich: War doch gar nicht so schlimm. Abgesehen von der Bemerkung über meine Fingernägel und meinem Schwitzen war das Kennenlernen mit Marlboro Mans Bruder erstaunlich gut über die Bühne gegangen. Ich sah an dem Abend nicht schlecht aus, hatte ein paar witzige Bemerkungen machen können und genau die richtige Farbe getragen,
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