Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Cowboy tat ich alles.
»Könntest du es gegen fünf schaffen?«, fragte er.
»Fünf Uhr abends, meinst du?«, erwiderte ich hoffnungsvoll.
Er lachte in sich hinein. Oje. Es sah nicht gut aus für mich. »Ähm … nee«, sagte er. »Ich meinte fünf Uhr morgens.«
Ich seufzte. Wenn ich um fünf Uhr morgens auf der Ranch sein sollte, bedeutete das, dass ich um vier Uhr aufstehen musste – sogar vor vier Uhr, wenn ich auch noch duschen und mich ein bisschen hübsch machen wollte. Um die Zeit war es draußen noch dunkel! Das war total unverschämt, völlig inakzeptabel! Auf gar keinen Fall würde ich das tun. Ich musste absagen.
»Okay – kein Problem!«, antwortete ich, und mein Magen zog sich zusammen.
Er schmunzelte wieder und neckte mich: »Ich kann dich auch abholen, wenn es sein muss. Dann kannst du auf dem Weg zur Ranch noch ein bisschen schlafen.«
»Machst du Witze?«, entgegnete ich. »Ich stehe immer um vier Uhr morgens auf. Du weißt doch, dass ich um die Zeit laufen gehe.«
»Ah ja …«, sagte er. »Schon klar.« Da war es wieder, dieses leise Lachen. Mein Lebenselixier.
Wir legten auf, und ich stürzte sofort zu meinem Kleiderschrank. Was zieht man bloß an, wenn man frühmorgens zur Ranch beordert wird? , überlegte ich. Ich hatte keinen blassen Schimmer. Zum Glück hatte ich genug gesunden Menschenverstand, um zu ahnen, dass meine spitzen schwarzen Stiefel – die ich bis dahin bei praktisch jeder unserer Verabredungen getragen hatte – nicht in Frage kamen. Sie sollten nicht dreckig werden, außerdem würden die Leute mich vielleicht komisch angucken. Ich besaß Unmengen von Jeans, aber welche sollte ich nehmen? Die dunkle, gerade geschnittene von Anne Klein? Oder lieber die verblichene Boot-Cut-Jeans von Gap mit den Nähten im farblichen Kontrast? Und was für ein Oberteil sollte ich anziehen? Es war wirklich eine heikle Sache. Ich besaß ein paar hübsche, anständige Twinsets, aber es wurde draußen schon wärmer, und sie sahen nicht unbedingt nach Landleben aus. Ich hatte noch eine lange beige Leinentunika von Banana Republic, die ich gerne mit einer auffälligen türkisen Kette und Sandalen kombinierte. Aber das sah mehr nach »Grillabend in Texas« als nach »frühmorgendliches Viehtreiben in Oklahoma« aus. Dazu besaß ich unzählige wild bedruckte Oberteile mit Glitzer und Steinchen und weiteren auffälligen Verzierungen. Auf gar keinen Fall aber wollte ich das Vieh erschrecken und für eine Massenpanik unter den Rindern verantwortlich sein. Das hatte ich in dem Film City Slickers gesehen, als Billy Crystal seine kabellose Kaffeemühle in Gang setzte, und das Ergebnis war nicht gerade erstrebenswert gewesen.
Ich überlegte abzusagen; ich hatte überhaupt nichts anzuziehen. Jedes Paar Schuhe, das ich besaß, war schwarz, bis auf ein Paar Pumps in Grellgelb, die ich mir aus einer Laune heraus in Westwood gekauft hatte, als ich noch in Kalifornien lebte. Die passten auch nicht so richtig. Ich besaß kein einziges Oberteil, das nicht förmlich »Modepüppchen!« schrie. Am liebsten hätte ich mich unter meiner Decke verkrochen.
Stattdessen ging ich in Betsys Zimmer. Sie war fünf Jahre jünger als ich, besuchte das College und stand total auf den Grunge- und Hippie-Look, aber vielleicht hatte ich ja Glück und fand ein T-Shirt, auf dem nicht Kurt Cobain oder Bob Marley abgebildet war. Mal sehen. Ich öffnete den Schrank und schaute hinein, und da lag es, wie durch ein Wunder, in einem Strahlenkranz aus Licht: ein ausgeblichenes Jeanshemd – so groß, dass meine Schwester, dürr, wie sie war, es offen zu ihren schmuddeligen Birkenstocks tragen konnte, aber immer noch eng genug, dass ich es in meine Jeans stecken konnte und darin einigermaßen passabel gekleidet war. Ich probierte es an und dankte dem Himmel dafür. Es war die perfekte Lösung. Blieben nur noch die Schuhe.
Das Schicksal wollte es, dass ich in diesem Augenblick nach oben schaute und Betsys braune Wanderstiefel mit Kreppsohle von Ralph Lauren erblickte, die sie drei Jahre zuvor zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte. Als später ihre Hippie-Grunge-Phase begann, hatte sie sie nicht mehr angezogen. Seitdem standen die Stiefel im obersten Fach ihres Kleiderschranks. Es waren ziemlich klobige Schnürschuhe, die mir eine Nummer zu klein waren; aber wenn ich mir so meine Alternativen ansah – spitze kniehohe Stiefel oder leuchtend gelbe Pumps –, schienen sie mir die beste Lösung zu sein. Ich legte mir meine
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