Das Glück über den Wolken: Roman (German Edition)
lösten sie immer sofort, ohne ihr auch nur den Hauch einer Chance zu lassen. Onkel Eric war zwar ziemlich schnell, doch er genoss es, mit jemandem zusammen zu überlegen. Jetzt, da Sophie die Regeln begriffen hatte, fielen ihr recht oft die Lösungen ein. Der Aufenthalt bei Onkel Eric hatte ihr in vielerlei Hinsicht gutgetan, und das nicht nur, weil es in der Gegend ganz exzellente Secondhandläden gab; ihre Garderobe war gewachsen.
Sophie nahm die Vase von dem runden Tisch in der Mitte des Zimmers und strich die Chenille-Tischdecke glatt. Sie brauchte Platz, wenn sie den Schreibtisch aufräumen wollte. Anders als ihre Geschwister, die auf alles versessen zu sein schienen, hätte Sophie nur gern einmal diesen Schreibtisch geerbt. Da es unwahrscheinlich war, dass sie ihn bekam, wollte sie ihn jetzt zumindest aufräumen, abstauben und polieren. Dann konnte sie die Vielzahl der kleinen Schubladen und Fächer, die eventuellen Geheimfächer und die Handwerkskunst bewundern, durch die er entstanden war. Vielleicht würde er nie ihr gehören, aber sie konnte ihn für ein paar Tage genießen.
Als Sophie nach unten ging, um Onkel Eric seine Tabletten zu geben, war der Anfang gemacht. Doch sie musste immer noch einen riesigen Haufen Papiere durchsehen. Sie hatte ein bisschen geschummelt und die Unterlagen einfach auf den Esstisch gelegt, damit sie sofort zum Abstauben und Polieren übergehen konnte. Jetzt musste sie sich durch alte Rechnungen, Kontoauszüge, ausgelaufene Versicherungsverträge, Kostenvoranschläge für Autos, die es längst nicht mehr gab, und all die anderen Papiere kämpfen, die Leute aufhoben. Aber der Schreibtisch selbst sah bereits wunderschön aus.
Als sie am folgenden Tag Onkel Eric versorgt hatte – sie hatte ihn außerdem zu einem belebenden Spaziergang gezwungen –, machte Sophie sich wieder an die Arbeit. Sie sortierte gern Dinge und verwandelte das, was vorher chaotisch gewesen war, in Ordnung. Dabei träumte sie davon, nach New York zu reisen, mit Milly shoppen zu gehen, Kunstgalerien und Museen zu besuchen und ihrer Familie zu entfliehen.
Als sie den Namen New York auf einem Stoß zusammengehefteter Papiere sah, dachte sie zuerst, sie habe sich das eingebildet, aber nach einer genaueren Betrachtung stellte sie fest, dass sie richtig gelesen hatte. Anders als alles andere auf dem Tisch sahen diese Papiere interessant aus. Sie wollte gerade anfangen zu lesen, als sie sich daran erinnerte, dass es Onkel Erics Privatpapiere waren, deshalb ging sie stattdessen damit nach unten zu ihm.
»Was ist das, Onkel Eric?«, fragte sie ihn und gab ihm die Papiere.
»Woher zum Teufel soll ich das wissen?«, meinte er, nachdem er sich die Brille, die an einer Kette um seinen Hals hing, aufgesetzt und Sophie betrachtet hatte. »Gibt es bald Abendessen? Ich habe Hunger.«
Das war ein gutes Zeichen. Onkel Eric hatte nicht viel Appetit, aber Sophie war aufgefallen, dass er besser aß, seit sie ihm mehrere kleine, schmackhafte warme Mahlzeiten kochte. Sie hatte vor, Mrs. Brown einige Rezepte dazulassen.
»Ich fange an zu kochen, wenn du deine Tabletten genommen hast. Du kannst dir währenddessen diese Papiere ansehen. Mit dem Kreuzworträtsel bist du doch schon fertig, nehme ich an?«
»O ja. Heute benötige ich deine Hilfe nicht.«
»Dann brauchst du etwas, womit du dich beschäftigen kannst. Warum kaufst du dir keinen Fernseher? Der würde dir gefallen.«
»Liebes Kind, du weißt ganz genau, was ich von Fernsehern halte. Gib mir die Papiere, ich sehe sie mir an.«
Sophie tätschelte seine Schulter und erklärte auf dem Weg nach draußen: »Ich gehe morgen mit dir in die Bücherei und besorge dir etwas Neues zum Lesen. Oder vielleicht könnten wir dafür sorgen, dass der Büchereibus auch mal in der Nähe hält?«
Als sie abends Rührei mit Marmite auf Toast aßen, meinte Onkel Eric: »Übrigens, wegen der Papiere, die ich mir ansehen sollte …«
»Ja?« Sophie nahm die Teekanne und goss ihnen ein. Onkel Eric wollte von Teebeuteln in Bechern nichts wissen; er liebte Tee, der in der Kanne aufgebrüht wurde.
»Das interessiert dich vielleicht.«
»Worum geht es denn da?«
»Es hat mit einem Teil meines Erbes zu tun – und dem deiner Familie. Es sind Bohrrechte.«
»Was? Möchtest du noch einen Toast? Das dauert nur eine Minute.«
»Na ja, ehrlich gesagt, schon. Ich mag dieses braune Zeug darauf.«
»Marmite, liebster Onkel Eric. Das gibt es schon ewig. Selbst du musst das schon mal probiert
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