Das Glück über den Wolken: Roman (German Edition)
Frau zu gelangen. Zum Glück erreichte sie die alte Dame noch rechtzeitig, bevor diese zusammenbrach.
»Ich hab Sie«, sagte sie beruhigend und fing die Frau in ihren Armen auf. Dann ließ sie sie sanft auf den Boden herunter und kniete sich hin, um sie zu stützen.
»Oh, du meine Güte! Woher wussten Sie, dass ich ohnmächtig werden würde?«, fragte die alte Dame nach einigem Keuchen und Stöhnen und blickte Sophie dankbar an.
»Etwas stimmte nicht mit Ihnen. Sie wirkten ein bisschen wackelig auf den Beinen.«
Die alte Frau schüttelte den Kopf, als wäre sie immer noch benommen. »Sie haben ein sehr gutes Reaktionsvermögen, und Sie sind Engländerin.«
Sophie lachte. »Ja, aber ich glaube nicht, dass diese beiden Dinge notwendigerweise zusammengehören.«
»Nun, vielleicht.« Die Frau zupfte an ihrem Rock und zog den Saum zurück an seinen Platz. Sie trug ein elegantes cremefarbenes Jersey-Kostüm und wunderschöne Schuhe, und Sophie fiel auf, dass zahlreiche funkelnde Juwelen die perfekt manikürte Hand schmückten. Neben dieser Dame kam sich Sophie regelrecht verwahrlost vor.
Andere Leute kamen und drückten ihre Sorge aus. Die alte Dame wedelte abwehrend mit der Hand. »Diese junge Frau kümmert sich schon um mich, danke.«
Sophie setzte sich, weil es so bequemer war. Jetzt lehnten sie beide mit dem Rücken an der Wand und hatten die Beine von sich gestreckt. »Geht es Ihnen besser?«
»Ein bisschen. Mir wurde plötzlich schwarz vor Augen, und ich spürte, wie ich ohnmächtig werde.«
»Das muss ich bemerkt haben«, meinte Sophie. »Ich habe mich eine Zeit lang um meinen Großonkel gekümmert. Das hat meinen Blick für plötzliche Schwindelattacken geschärft.«
»Ich bin Ihnen sehr dankbar. Wenn ich gefallen wäre, hätte ich mir vielleicht was gebrochen und für eine halbe Ewigkeit nicht mehr laufen können.«
»Der Trick ist, nicht zu früh wieder aufzustehen. Wir werden einfach hier sitzen bleiben, bis es Ihnen wieder gut geht.« Sophies Familie beschwerte sich manchmal darüber, dass Sophie kein »Verlegenheitsgen« besaß. In diesem Punkt irrten sie zwar, doch es machte Sophie tatsächlich nichts aus, auf dem Boden zu verharren, bis es der alten Dame wieder besserging.
»Na, dann ist es ja gut, dass ich schon so alt bin und es mir gleichgültig ist, wenn ich albern aussehe«, meinte die Frau.
Sophie lachte. »Und ich bin eine englische Touristin, die hier kaum jemanden kennt, also können wir einfach sitzen bleiben und uns unterhalten. Aber sind Sie eigentlich allein gekommen? Soll ich irgendjemanden für Sie suchen gehen?«
»Mein Enkel ist hier irgendwo. Seine Freundin wollte ihn bei der Vernissage treffen. Er hielt nach ihr Ausschau, deshalb wollte ich allein zu den ›Ladies‹ gehen.« Sie lächelte Sophie an und zwinkerte ihr zu. »Wissen Sie, ich bin nämlich auch Engländerin. Ihre Stimme zu hören, tut mir gut.« Dann runzelte sie die Stirn. »Ich war allerdings noch sehr jung, als ich herkam, und habe immer versucht, meinen Akzent zu behalten.« In Sophies Ohren klang sie jedoch wie eine Amerikanerin, wenn auch nur ein bisschen. »Ich war eine sogenannte ›Kriegsbraut‹«, fuhr die Dame fort.
»Wirklich? Das ist faszinierend! Erzählen Sie mir davon!«
Die beiden unterhielten sich fröhlich und ignorierten die Frauen, die gelegentlich über ihre Beine steigen mussten, um zu den Toiletten zu gelangen, bis ein sehr großer und elegant gekleideter junger Mann mit Sophies High Heels in der Hand erschien, offenbar der Enkel der alten Dame.
Er hatte einen sehr gepflegten Haarschnitt und trug einen gut sitzenden Anzug, ein perfekt weißes Hemd und glänzende Schuhe. Sein Haar war dunkelblond und seine Augen vermutlich goldbraun – Sophie konnte das von ihrem Platz aus nicht richtig erkennen. Er schien nicht besonders erfreut darüber zu sein, seine Großmutter auf dem Boden neben einer jungen Fremden sitzen zu sehen. Hinter ihm stand eine blonde Frau auf Schuhen, die Sophie nicht einmal hätte anprobieren können, ohne sich den Hals zu brechen. Auch sie schien nicht eben in Hochstimmung zu sein.
»Sind das Ihre Schuhe?« Der junge Mann sprach Sophie an, und ihre Blicke begegneten sich eine Sekunde lang, bevor er sich der alten Dame zuwandte. »Großmutter, geht es dir gut?« Er ging in die Hocke. »Ich hörte, du hattest einen Schwächeanfall. Warum hast du mich denn nicht gerufen?«
Sophie musste ihm zugestehen, dass er tatsächlich besorgt zu sein schien. Oder war da ein
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