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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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dem Sack“.
    Jedes Glück hat irgendein Unglück erlitten. Es gibt Zwerge und Krüppel, den Blinden, den Tauben, den Irren und den Halbirren. Ich habe nie einen Buckligen gesehen, der nicht das Glück irgendeiner Familie oder irgendeines Granden war. Gleichermaßen ist es üblich, als Glücksperson jemanden aufzunehmen, der ein Bein verloren hat oder vom Feuer gezeichnet oder sonst irgendwie verstümmelt worden ist, obwohl manche behaupten, daß ein „geborenes Glück“ das beste sei.
    Schiefauge sagte zu mir, als ich an der Reihe war: „Kopf hoch, Dorn. Ich habe für dich Träume gesehen, die so fein sind wie Schwarzlockes Umhang.“
    Ich konnte nicht umhin zu lächeln. Wir hatten im Sommer, am Webstuhl oder in den Wäldern, oft über Schwarzlocke gesprochen, den prahlenden Helden aus Rintoul. Ich hatte Schiefauge halb dazu überredet, mich flußabwärts über die Ebenen mitzunehmen, um die große Stadt Rintoul und Schwarzlocke seine Heldentaten vollbringen zu sehen. Jäger Geer, der Rintoul besucht hatte, behauptete, Schwarzlocke die Hand geschüttelt zu haben, aber Jäger Geer ist ein Lügner.
    „Jetzt, Dorn, mußt du mich mitnehmen“, sagte Schiefauge mit zittriger Stimme. „Nimm mich zum See mit, zu unserem Felsen unter dem gebrandmarkten Baum, und ich will einen letzten Versuch machen. Ich muß für meine liebe Familie einen Ersatz finden.“
    Sie schauten mich seitlings an, um sicher zu sein, daß ich keine Angst hatte, dann schnürte Harfner Roy Schiefauge, in die dicksten Decken, die wir hatten, gewickelt und mit unserem einzigen Wolfsfell bedeckt, auf unseren Schlitten. Ich war genauso fest eingemummelt, und als der Wind sich legte, machte ich mich auf den Weg.
    Ehe ich ging, brachte die Alte Gwin einen Korb mit heißen Steinen und drei gerösteten Graunüssen, die sie aufbewahrt hatte. Die Steine kamen zu Schiefauges Füßen, um ihn zu wärmen, und ich hatte eine Tasche voll warmer Graunüsse. Ich mußte lachen, immer wieder seit den Tagen, als ich die Gelehrten in Rintoul schwören hörte, daß der „primitive Moruianer“ kein Feuer benutze. Tatsächlich gingen wir mit Feuer behutsam um … unser Heim bestand aus Flachstuch, das sich über einen Baum spannte! Ich habe nie eine Glut oder eine Flamme auf unserer Scholle gesehen, aber natürlich benutzten wir im Winter Feuer, und wir wärmten unser Essen auf. Etwas spricht für die Gelehrten: Wir redeten nie vom Feuer, nannten nie eine Ramme Ramme. Wir waren abergläubisch. Die Alte Gwin ließ uns statt dessen sagen: „Das Freundliche.“
    Es war eine Webermeile bis zum See, aber nach dem ersten Aufstieg hinter dem Westtor ging es bergab. Der Schlitten war leicht, denn Schiefauge bestand nur noch aus Haut und Knochen. Ich stapfte durch den Schnee, gelähmt von Besorgnis und Kälte. Diese Fahrt glich einem Sprung vom Rande der Welt. Ich spürte, daß das Schlimmste geschehen würde, daß ich mich der Grausamkeit widersetzte und nichts tun konnte, um sie zu ändern.
    Es fiel mir schwer, den Schlitten zu unserem bequemen Platz unter dem verkohlten Baum zu hieven. Dann prüfte ich, ob Schiefauge noch lebte: Seine schrägen Augen blinzelten mich an.
    Ich ging hinunter und wärmte meine Hände und Füße im See, dann kehrte ich zurück, setzte mich auf den Felsen und aß meine Graunüsse. Es fiel kein Schnee, und es war windstill. Wir sahen Esto, die Große Sonne, untergehen, ein orangefarbener Streifen im fernen Westen. Es war Zeit für „Runar“, die kurze Zeit der Dunkelheit vor dem Aufgehen der Fernen Sonne. Phosphoreszierende Spuren sprangen von der Oberfläche des Sees auf, und darüber strahlten die Sterne. Ich döste, als Schiefauge einen schwachen Schrei ausstieß.
    „Gleiter!“
    „Was ist das?“ Ich hatte Angst, denn ich war sicher, daß er sterben würde, daß seine Gedanken wieder abirrten.
    „Ein Gleiter!“ Er bäumte sich gegen die Schnüre, die ihn an den Schlitten fesselten. Seine Stimme war so schwach, daß ich mein Ohr dicht an seine Lippen halten mußte.
    „Sieh doch, Dorn … er kommt über den See hinab …“
    Ich starrte hin und sah, was er meinte, aber es war kein Gleiter, es glich mehr einer Sternschnuppe, einem Feuerball oder einem Meteor. Ich hoffte, es würde zu kurz niederstürzen, weit von uns weg, hinter die Gipfel am anderen Ende des Sees. Aber Schiefauge flüsterte in mein Ohr, und der Feuerball kam näher: „Ein Gleiter! Ein Ballon! Er wird auf dem See landen, und da ist euer Glück. Ich weiß es! Ein großes

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