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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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Glücks betastete. „Du hast recht. Es hat sein Haar bis zu den Ohren abgeschabt.“
    Die Alte Gwin wunderte sich über etwas anderes: über zwei runde Male über der behaarten Brust.
    „Großer Nordwind“, flüsterte Harfner Roy. „Was für ein Geschöpf ist das … Zitzen auf der Brust zu haben?“
    „Es sind keine echten Brustwarzen“, sagte Brin. „Könnten sie Narben sein? Irgendwelche rituellen? Denk an die Legende der Brandmarkung.“
    Die Alte Gwin gluckte und machte eine grobe Bemerkung zu Mamor, der nicht darauf einging. Sie machte ein Zeichen, um die Fäden des Bösen abzuwenden, und zog dem Glück das letzte Kleidungsstück aus. Zweifellos war das Glück männlich, und von der Hüfte abwärts war seine Erscheinung erstaunlich normal. Es befand sich eine runde tiefe Narbe in der Mitte des Körpers, die uns Rätsel aufgab, aber sonst sah er gesund und gutgebaut aus. Gwin deckte das Glück zu und zog ihm wieder den schönen blauen Anzug an; Narneen, die Schelmin, hatte eine weiße Socke abgestreift und die Zehen des Glücks gezählt. Natürlich fünf, ziemlich breitgequetscht und abgeflacht durch ihre enge Hülle.
    Gwin sagte: „Er soll’s sein!“
    „Benennt das Glück“, sagte ich. „Es muß einen Namen haben!“
    „Es wird ihn uns sagen“, sagte Mamor. „Laßt doch dem armen Kerl Zeit.“
    „Nein“, sagte Brin. „Dorn hat recht. Ein Kosename wäre unser Geschenk für das Glück. Roy?“
    Der Harfner ließ seine Hand über die Saiten gleiten und verkündete erst:
    „Nachtvogel.“
    „Sternschnuppe.“
    „Amsel.“
    „Sternlieb.“
    „Blauhaut.“
    So ging es die Reihe herum, bis jemand sagte: „Taucher …“, und wir erkannten, daß dies der richtige Name war.
    Ein Taucher ist ein Vogel mit blauem Gefieder, wie die Farbe von Glücks blauem Anzug. Taucher kommen im Frühling eine Weile zum Warmen See, zur Laichzeit der Krabben. Taucher! Was mußten wir lachen!
    „Ganz richtig“, sagte Brin. „Es verrät nichts.“ Narneen gab einen Pieps von sich. Wir sahen, daß das Glück – Taucher – seine Augen geöffnet hatte, und sie waren blau. Nicht grün oder lohfarben oder braun oder rehfarbig oder sonstwie – einfach blau, ein durchdringendes Hellblau, das den Moruianern als Augenfarbe unbekannt war.
    Wir starrten hin und Taucher starrte zurück, wobei er allmählich die Winkel des Zeltes, die Kerzenleuchter, die Runde der Gesichter in sich aufnahm. Ich hörte das Geräusch des Windes, der an den Rändern des Zeltes rüttelte. Draußen war die Scholle und hinter ihrer Mauer der Wald, der Berghang. Wir hausten hoch auf dem Hingstull, auf dem Planeten Torin, einer kleinen Perle eingeflochten ins Netz zweier Sonnen. Aber das Geheimnis des webenden Universums war einen Augenblick hier in unserem Zelt eingefangen und festgehalten worden. Ich musterte seinetwegen meine eigene Familie. Was konnte Taucher sehen?
    Die Webstühle, die soviel Platz einnahmen, die bunten Stoffe, die sich über uns zum Trocknen ausbreiteten; die Kolonie der Spinner, die wir zum Überwintern in der Gabel unseres Baumes zurückgelassen hatten. Die Wollsäcke, die Gestelle, auf denen die Alte Gwin unsere Essenskörbe aufbewahrte. Die Fellbeutel für Kleidung, die Bündel aus Pergament mit Geheimschriften und Musikrunen, die Brin und Harfner Roy gesammelt hatten, und Mamors Waffen.
    Dann die Familie … die Erwachsenen, die auf mich wie bewährte und angenehme vertraute Gegenstände wirkten, die wir uns zum alltäglichen Nutzen geschaffen hatten. Schmale braune Gesichter, meistens bartlos, obwohl sich auf dem Kinn des Harfners eine Locke ringelte. Köpfe mit glattem, weichem Haar, geflochten oder gebunden, bärenbraun; weit auseinanderstehende langschlitzige Augen, alle dunkelbraun außer denen Mamors, die wie meine eigenen hellbraun sind. Gerade Züge, lange Oberlippen, gerade Zähne … die Alte Gwin hatte kaum noch welche.
    Wir waren in Wintertunikas und Gamaschen und Schals gemummelt, aber Mamors Gestalt war eindeutig die schwerste; er hatte eine Narbe auf der linken Backe. Brins Gesicht war das edelste; sie trug ein am Rücken geschlitztes Kleid und ein sehr altes kupfernes Amulett – das einzige Metall in unserem Haus, außer vier Messern. Dann die Kinder, Narneen und ich selbst, schlank, gerade und braun wie die anderen, das Haar heller.
    Taucher blickte scharf auf und hob den Kopf. Die Alte Gwin gluckte und gab ihm noch ein Kissen. Dann fingen wir an, ermutigend auf ihn einzureden. Er sprach mit dieser

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