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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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so groß wirkte wie die Zitadelle in Otolor. Im Erdgeschoß war ein Laden voller Perücken auf Ständern, die wie die Köpfe von Granden aussahen; ein Diener brachte uns in einem Korblift zum dritten Stock und führte uns in ein großes Zimmer, das an der einen Seite Aussicht auf den Ozean und an der anderen auf die Stadt hatte.
    Diese beiden Fenster aus vielen weißen und gefärbten Glasscheiben mit gesteiften Seilen dazwischen sind etwas, an das ich mich immer erinnere, wenn ich an jene ersten Tage in Rintoul zurückdenke. Wir saßen oft davor, um hinauszuschauen und auf Dinge zu zeigen; die Alte Gwin, die nur wenig ausging, saß stundenlang am Stadtfenster und schaute hinaus und lachte und schüttelte den Kopf auf ihre eigene Art des Staunens.
    „Rintoul …“ pflegte sie ungläubig zu sagen. „Wir haben diese Stadt erreicht!“
    In den Straßen herrschte nie so ein Gedränge wie auf dem Messegelände in Otolor, aber wir spürten die Anwesenheit von mehr, wesentlich mehr Leuten überall um uns herum. Ich konnte es kaum abwarten, auf Erkundungen auszuziehen, fühlte mich aber dabei gleichzeitig nervös.
    Der Harfner nahm mich zum ersten Rundgang mit, und wir verliefen uns; wir klapperten eine herrliche Straße voller Lederwarenläden ab und kauften ein paar Geschenke. Dann lasen wir Wegweiser zum Fisch-Garten und schlugen die Richtung dahin ein, verfehlten ihn jedoch und gerieten in eine wunderbare Straße voller Papiergirlanden und rosa Fenster. Dort kamen und gingen Sänften mit zugezogenen Vorhängen vorbei, und die Straßenbewohner lehnten sich aus den Fenstern im ersten Stock.
    „Also wirklich“, sagte er, „das ist nicht der passende Ort für jemanden, der so jung ist wie du.“ Ich verstand ihn nicht, und wir schlenderten weiter und betrachteten die köstlichen kleinen Läden zum Essen, Trinken und Spielen. Ein hübsches geschminktes Geschöpf lehnte sich aus einem Fenster und warf dem Harfner eine Münze zu.
    „Spielt für uns ein Volkslied, lieber Weber!“ sagte es.
    „Ihr müßt uns entschuldigen, Liebes“, erwiderte er und warf die Münze zurück. Das geschminkte Geschöpf fing sie geschickt und streckte uns die Zunge raus.
    „Was tun die eigentlich hier?“ fragte ich.
    „Laß es mich so ausdrücken“, sagte Harfner Roy. „Für diese Leute ist es das ganze Jahr über Frühling!“ Danach schubste er mich zum Ende der Straße, wo wir ein Mitglied der Stadtwache trafen, eine Omor in weißem Gewand mit den Insignien „Rintoul-Freundschaft“.
    Der Harfner grüßte sie und fragte nach dem Weg. Die Omor war freundlich und heiter; sie beschrieb uns den Weg zum Fisch-Garten.
    „Aus dem Norden?“ fragte sie.
    „Ganz richtig“, sagte ich, „aus Cullin.“
    „Ich habe noch Verwandtschaft in Nedlor“, sagte die Omor. „Geht, wenn Ihr den Fisch-Garten gesehen habt, die lange Treppe zum Rondell der Freundschaft hinunter. Es ist ein offener Platz, wo Ihr Neuigkeiten erfahren und andere Besucher treffen könnt. Ihr könnt einen Stadtplan kaufen.“
    „Und es ist anständiger als dieser Ort …“ sagte der Harfner. Er zeigte auf das Straßenschild, das über unseren Köpfen baumelte: „Honigtraumring“ stand darauf, was für mich eher wie der Name einer Schleckerei klang.
    „Stadtsitten“, sagte die Omor achselzuckend. „Nicht viele kommen zufällig hierher.“
    Dann begleitete die Omor uns bis zum Fisch-Garten und ließ uns auf einer Brücke stehen, von der aus man die Schwärme grüner Fingerfische und den großen gestreiften Seebär sehen konnte. Ein anderes Mitglied der „Rintoul-Freundschaft“ tauchte mit einer Schar Touristen im Fisch-Garten auf; es waren Städter, vielleicht aus Otolor oder Linlor, einige Weber aus dem höheren Norden und eine Gruppe, die ich überhaupt nicht unterbringen konnte.
    „Wer sind die denn?“ fragte ich Harfner Roy.
    „Welche? Die in den Flachsröcken? Oh, das sind echte Ausländer … aus dem fernen Westen, würde ich sagen, jenseits der Feuerstadt vom Ende der Welt.“
    Wir lungerten am Rande der Gruppe herum, als sie die Promenade ganz hinauf bis zur Grenze des Gartens ging, wo der Führer ihnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigte. Wir sahen den Alten Wellenbrecher – nun auf trockenem Land – und den schönen Corr-Pavilion, in dem die Hundert zusammenkamen, beides Bauten aus der Zeit des Torlogan. Wir sahen die dicht beieinander stehenden Hochhäuser der Granden, die auf der dritten und vierten Ebene emporragten; in diesem Stadtteil

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