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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Fertigkeit, während der Ambros, weniger redselig, seine Pfeife rauchte und gerne schmunzelnd zuhörte. An den Samstagen machte sich der Kaspar auf den Weg, um drunten in Stinglreut für die beiden Familien die Einkäufe zu machen. Dabei versäumte er es nie, bei den Schwiegereltern in der Sägemühle vorzusprechen und ihnen Grüße von der Burgl zu bestellen. Dann ging er zur Kramerin, und wenn er seine Einkäufe im Rucksack hatte, hielt ihn nichts mehr im Ort. Wenn er den Dorfplatz aufwärts marschierte, zwischen Kirche und Reibenwirtshaus, trug er zwar jedesmal mit sich einen inneren Kampf aus, aber das Unbehagen, das er empfand, wenn er an die Wirtsresl dachte, erleichterte ihm den Entschluß, nicht einzukehren und seinen Durst bei einem Wiesenbrunnen hinter dem Dorf zu stillen.
    Bis einmal der Wirtssepp auf der Steinstiege zu seinem Wirtshaus stand und ihn anrief:
    »Brauchst net so stolz vorbeizugehen! Wir sind kein Schinderhaus, und getan haben wir dir auch nix! Hätte gern einmal mit dir geredet, und eine Maß Bier bist du mir alleweil noch wert. Also, komm nur herein, ist eine gute Gesellschaft da.«
    Da brachte es der Kaspar nicht fertig abzulehnen und kehrte ein. Dorfleute waren da und auch der Holzhauer Weber, der den Kaspar gleich zu sich an den Tisch einlud. Alle wollten sie wissen, wie ‹es sich nun auf der Gschwend lebte, und sie grinsten zweifelnd, als er versicherte, daß es da droben schöner sei als herunten in Stinglreut. Zur größten Verwunderung des Kaspar kam auch die Resl aus der Küche und setzte sich an den Tisch. Sie tat, als wäre nichts gewesen, und bemerkte nur einmal:
    »Hättest net davonrennen brauchen. Ein wenig Zeit zum Überlegen hättest mir schon lassen können. Vielleicht wär ich doch auf die Gschwend gegangen.«
    Er verfärbte sich in Verlegenheit und wußte keine Antwort.
    »Ich trag es dir ja nimmer nach«, beruhigte sie ihn.
    »Wenn ihr es versteht«, flüsterte der Wirtssepp dem Kaspar zu, »dann könnt ihr euch da droben ein Geld machen.«
    »Meinst die Grenze?«
    »Auch so«, listete ihn der Wirt an, »seid ja mitten im Wald — und wenn du da droben ein totes Reh findest, ich nehm es dir ab. Zahlen tu ich gut.« »Versteh dich schon, aber da ist kein Geschäft zu machen. Wüßt net, wo ich da ein totes Reh finden sollte.«
    Daß der Weber sich räusperte und dem Wirt einen warnenden Blick zuwarf, entging dem Kaspar. Der Wirtssepp wechselte auch gleich das Thema. Er bot dem Kaspar Thums ein Fahrrad an und erklärte ihm, wie nötig er das brauchen und wie schnell er da von der Gschwend herunter ins Tal kommen könnte. Er bot das Rad so billig an, daß der Kaspar es gleich mitnahm. Als er sich wieder auf den Weg machte, geleitete ihn die Resl bis vor die Türe und sagte:
    »Laß dich öfter sehen, ich kann dich gut leiden.«
    In seltsam gehobener Stimmung schob der Kaspar das erworbene Fahrrad gegen den Berg, ein wenig angeheitert vom Bier, zufrieden darüber, daß man ihm im Reibenwirtshaus nicht feindlich gesinnt war, und stolz über den Besitz des Rades. Schwitzend, den Rucksack auf dem Buckel und das Fahrrad schiebend, erreichte er in der hellen Nacht die Guglwies. Am Wegrand rastend, kamen ihm die ersten Bedenken. Sicher war so ein Fahrzeug gut, wenn es bergab ging, aber aufwärts? Da konnte er es nicht gebrauchen. Ob sie ihn daheim nicht doch auslachen würden? Wenn er an die Burgl dachte, wurde ihm bange. Je näher er der Gschwend kam, desto mehr schwand die Freude an seinem Erwerb. Sie waren noch wach und warteten in der Stube des Keppl Ambros auf ihn.
    Die Burgl und die Lina lachten ihn aus, und der Ambros schüttelte nur zwinkernd den Kopf und spöttelte: »Wird schon schiefgehen.«
    Wie recht der Ambros haben sollte, erwies sich schon am nächsten Tag, als der Kaspar nach Stinglreut zur Sonntagsmesse hinunterfahren wollte. Schon die Abfahrt war für die Gschwender ein Ereignis, und sie sahen ihm nach, wie er bergab im Walde verschwand. Es wurde eine höllische Fahrt, denn bald merkte der Kaspar, daß die Rücktrittbremse nicht angriff und die Handbremse völlig kaputt war. Wie ein verrückter Ziegenbock sprang das Vehikel über die Steine und sauste dann in einer Fahrrinne abwärts, daß ihm das Hören und Sehen verging. Der Kaspar konnte sich über die rasende Fahrt nicht freuen und fand auch keinen Ausweg, um von dem dahinstürmenden Rad freizuwerden. Kurz ehe er die Guglwies erreichte, machte ein großer Stein seinen Ängsten ein Ende. In weitem Bogen flog

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