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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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er in ein Buchendickicht, und das Fahrrad krachte an einen Baum. Als er sich aufrappeln wollte, ließ ihn ein gräßlicher Schmerz wissen, daß er den rechten Arm gebrochen hatte und dieser auch aus dem Schultergelenk gerissen war. Er hinkte bis zur Försterei, wo ihm der Förster den Arm schiente und ihn ins Krankenhaus in die Stadt weiterschickte.
    Wie die Radtour ausgegangen war, erfuhren die Gschwender, die vergeblich auf die Rückkehr des Kaspar gewartet hatten, am späten Nachmittag vom Förster Greiner. Am anderen Tag kehrte der Kaspar wieder zurück und fluchte über den Reibenwirt, der ihn so hereingelegt hatte. Der Ambros holte die Trümmer des zerstörten Fahrrades und meinte trocken: »Du hast ein närrisches Glück. Hättest hin sein können.«
    In diesen Tagen, da der Kaspar nicht zum Holzschlag gehen konnte, zog er schon am frühen Morgen die Ziegen aus den Ställen und weidete sie am Waldrand. Die Strafpredigt, die die Burgl ihm noch nachträglich gehalten hatte, und das Geld, das er für das Fahrrad dem Reibenwirt gegeben hatte, gingen ihm im Kopf um. Nun war auch für einige Wochen der Verdienst weg, und das Krankengeld war nicht viel. Alles das machte ihm Kummer, und vergeblich sann er darüber nach, wie er das wiedergutmachen könnte. Mit dem geschienten Arm konnte er nicht einmal seiner Burgl eine Arbeit abnehmen. So verdöste er die Tage und hatte nur die Aufgabe, die Ziegen zu hüten. Seinen trüben Gedanken nachhängend, hörte er einmal nicht, daß sich hinter ihm im Walde etwas rührte, und sah erst auf, als ein älterer Mann vor ihm stand. Haar und Bart des Alten waren schon ergraut, doch seine schwarzen Augen waren lebendig und sahen sich rasch auf der Waldblöße der Gschwend um.
    »Komm in den Wald herein, damit uns niemand sieht«, brummte er.
    Betroffen folgte ihm der Kaspar und fragte heiser: »Vater, was willst du denn da herüben? Bist schwarz herübergegangen ?«
    »Hast nix mehr von dir hören lassen, hab ich mir denkt: mußt einmal nachschauen. Was ist? Hast du eine Ware besorgt? Brauchen kann ich alles, Taschenuhren, Messer, Zigarettenmaschinen —«
    »Ich hab nix!« wehrte der Kaspar unwillig ab.
    »Hast dir den Arm gebrochen? Hast keinen Verdienst? Sei net dumm, kannst dir ein schönes Geld machen und hast kein Risiko. Ich hole mir die Sachen selber. Du kannst das Zeug in der Stadt holen, das fällt net auf — und ich gebe dir einen schönen Profit.«
    Unruhig sah sich der Kaspar um: »Daß du solche Geschäfte machen mußt, Vater! Warum gehst du net in die Arbeit?«
    Grob fuhr ihn der Alte an: »Du redest dich leicht! Bei uns gibt es keine Arbeit. Wer nimmt schon einen alten Mann? Kann höchstens einen Viehhüter machen. Wer net schmuggelt, der muß betteln oder stehlen. Willst du deinen Vater im Stich lassen? Denkst du gar net an deine Kindespflicht?«
    Bittend meinte der Kaspar: »Tät es doch versuchen mit der Arbeit. Mein Schwiegervater ist der Sägmüller, und vielleicht hat der eine Arbeit für dich. Arbeiten ja mehr von drüben im Bayerischen.«
    Zornig erwiderte ihm der alte Thums: »Ich habe keine Hände mehr zum Arbeiten, und mit dem bissel Lohn komm ich net aus. Mein Weib verlangt schier alle Woche ein Stückel Gewand, und den Schnaps sauft sie wie das Wasser.« Nun fing er zu jammern an: »Wo soll ich das Geld noch hernehmen? Wenn ich nicht tue, wie sie es will, dann droht sie mir mit den Gendarmen!«
    »Hau ihr den Buckel voll und komm herüber!« ärgerte sich der Kaspar.
    »Das verstehst du net. Sie ist noch jung und sauber, und da muß ich ihr den Willen tun, sonst rennt sie mir davon.«
    Überlegend stand der Kaspar.
    »Ich brauche also nur — hm — ich könnt es tun — wenn du mir versprichst, daß du niemals mein Haus betrittst und dich meiner Burgl gegenüber auch nie als mein Vater zu erkennen gibst. Laß dich net sehen da in der Gschwend, mein Kamerad, der Ambros, ist kein Dummer.«
    In den Augen des Alten blitzte es auf. »Also, wann kann ich eine Ware haben?«
    Muß wieder in die Stadt, ins Krankenhaus, zum verbinden. Kann aber nicht gleich viel einkaufen, weil ich das Geld dazu net habe.«
    Er staunte, als sein Vater eine Brieftasche zog und aus einem Päckchen tschechischer Kronenscheine mit den angefeuchteten Fingern einige Banknoten abzählte und ihm mit großspuriger Geste hinreichte:
    »Das wechselst du in der Bank um, und die Ware hol ich mir übermorgen droben beim großen Stein, wenn die Sonne untergeht. Wenn ich nicht da bin, kannst du

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