Das glückliche Ende der Welt.
die Ware in ein Erdloch legen — ich zeig dir das lieber gleich — und deinen Anteil findest du auch dort. Komm mit.«
Noch einmal regte sich beim Kaspar das Gewissen. Unentschlossen stand er und sah auf die tschechischen Kronen in seiner Hand.
»Ein Glück hab ich gehabt, Vater, ein großes Glück, und ein Weib hab ich, wie es kein besseres gar nicht geben kann. Wenn es schiefgeht, dann muß ich vielleicht von der Gschwend abziehen, und alles ist wieder hin.«
»Du kommst in die Sache net hinein. Andere verschieben die Ware waggonweise, da brauchst du dir kein Gewissen draus machen, wenn ich einmal einen Rucksack voll über die Grenze bringe. Dich geht es ja nix an — und verdienen kannst jetzt mit deinem Arm auch nix«, redete ihm sein Vater eindringlich zu.
Immer noch überlegte der Kaspar. Einen Kasten brauchten sie noch in die Kammer und zwei Stühle in die Stube, an den Wänden war auch noch kein Bild, das Kuchlgeschirr war wenig, es fehlte hint und vorn — und was würde die Burgl sagen, wenn sie sich ein neues Gewand und ein Paar Schuhe kaufen könnte?«
»Vater, einmal will ich dir Ware besorgen, dann will ich aber nix mehr davon wissen.«
Zufrieden zahnte der Alte. »Ist gut. Ich sehe schon, daß du zuviel Angst hast, und wer Angst hat, taugt eh net zum Geschäft.« DerKaspar band den Strick, an dem erdie Ziegen führte , an einem Baum fest. »Gehen wir.«
Auf einem schmalen Pfad kamen sie hinüber zum altenGrenzweg, der von der Guglwies heraufführte, undgingen ihn bergwärts. Nach einer Viertelstunde, einige Minuten vor der Grenze, stiegen aus dem kargen Wald zwei Felsen auf. Auf den größeren, der wie einesteinerne Kanzel aufragte, ging der alte Thums zu, bog eine breitwuchernde Latschenföhre auseinander undmachte ein Loch frei, das ein Stück unter den Felsenging und so groß war, daß sich darin auch ein Menschverstecken konnte.
»Da hinein legst du die Ware, und das Geld findest du auch da drinnen.« Er faßte den Kaspar an denJoppenaufschlägen und sah ihm drohend in die Augen. » Abermerk dir, verraten wenn du mich tust, kenn ich meinen eigenen Buben nimmer, und der Teufel holt dich!«
Draußen auf dem Weg klopften Schritte, und geduckt verschwand der Alte im Holz. Die Schritte verklangen, doch der Kaspar wartete vergeblich darauf, daß sich sein Vater noch einmal zeigen würde.
Wird wohl der Förster gewesen sein, der auf dem Grenzweg abwärts gegangen ist, dachte der Kaspar, undder darf mich sehen, denn dann bin ich einfach ein wenig spazierengegangen. Dennoch war ihm nicht wohl, und er atmete auf, als er wieder bei seinen Ziegen war.
Öfter kam nun der Förster Greiner an der Waldweide am Hochruck vorbei, ließ sich aber nicht vom Hirten Schreindl sehen, sondern blieb im Wald und beobachtete sein Tun. An diesem Abend bemerkte er, daß der Schreindl von einem älteren Mann aufgesucht wurde, den er schnell in seine Hütte schob. Sichtlich hatten die beiden etwas auszureden. An die Hütte heranzupirschen, war nicht möglich, denn die Stiere ruhten und würden sich, wenn sie seiner ansichtig wurden, erheben, und das Anschlagen der bronzenen Schöllen, die sie am Halse trugen, würde den Schreindl warnen. Einfach in die Hütte gehen und sich den fremden Mann ansehen?
Er überlegte lange und ließ die Hütte nicht aus den Augen. Die Sonne ging unter, und die Sterne zogen schon auf, als der Hirte wieder aus der Hütte kam, die Weidefläche überquerte und den Weg ins Tal einschlug. Es war ungewöhnlich, daß der Waldhirte seine Herde verließ, und die Bauern, die ihm ihre Jungstiere anvertrauten, wären damit kaum einverstanden. Der Alte trug einen Rucksack — holte er sich vielleicht nur Lebensmittel? Damit wurde er aber doch regelmäßig von Stinglreut aus versorgt!
Greiner hatte das Gefühl, daß er dem Alten nachgehen müsse und es ihn in seinen Nachforschungen weiterbringen würde, wenn er erfahren konnte, wohin dieser ging.
Eine schwüle Nacht brach an, und der Wald dampfte die Hitze des vergangenen Tages aus. Es knisterte im Holz, und am Himmel zog ein Schleier auf und verhängte die Sterne. Es wurde dunkel. Er nahm den Höhenweg über der Teufelsschlucht und schritt rasch voran, um möglichst bald im Dorf drunten zu sein. Der andere hatte die kürzere Strecke, er würde wohl eine gute Viertelstunde vor ihm in Stinglreut sein.
Das Pfarrdorf Stinglreut schlief. Es war Heuzeit, und der Duft des dürren Grases zog von den Wiesen herein in den nächtlichen Ort. Die Schwüle
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