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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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hinterhältig harmlos und mit einem hämischen Lachen fragen, daß es dem Kaspar unbehaglich wurde. Da jedoch der Reibenwirt sofort wieder auf etwas anderes zu reden kam, vergaß auch der Kaspar wieder die Anspielungen. Doch da war auch der Weber, der bei der zweiten Holzhauerpartie arbeitete, und auch dessen Bemerkungen verwirrten den Kaspar. Schon angeheitert, versuchte dieser Holzhauer ihn sichtlich aufzuziehen, frotzelte über das gute Verhältnis zwischen der Gschwend und der Försterei auf der Guglwies und stichelte:
    »Mit dem Förster versteht ihr euch ja ganz gut? Wird schon einen Grund haben. Da wißt ihr wenigstens Bescheid, wo er sich herumtreibt. In die Pfanne laßt ihr ihn ja wohl net gucken.«
    Erst als sich die Resl einmischte, gab es der Weber auf. Doch dem Kaspar wollte auch das nicht gefallen, was die Resl sagte:
    »Was geht es denn euch an, wenn die sich da droben einmal einen Sonntagsbraten holen! Laßt den Kaspar in Ruhe, der fragt ja euch auch net, woher —« Ein drohender Blick ihres Bruders schnitt ihr die Rede ab.
    Er ging zum Grammophon und legte eine Platte auf.
    Der Kaspar Thums war unsicher geworden, und die Rederei der anderen hatte ihn schweigsam und nachdenklich gemacht. Am liebsten wäre er auf und davon gegangen, aber ein Gefühl hielt ihn fest, als hätte man ihn verdächtigt, ihm etwas vorgehalten, was er entkräften müßte. Da aber die anderen nun wieder ein harmloses Gerede über die Holzarbeit, die heißen Tage und einige Dorfereignisse aufzogen, fand er keinen Anfang mehr. Wenn sie ihm Fußtritte versetzt hätten, wäre seine Niedergeschlagenheit kaum größer gewesen. Er wußte nicht mehr, wie oft er sein Glas leer trank, goß noch einige Gläschen Schnaps in sich hinein, und a ls er schon nicht mehr richtig wahrnahm, was um ihn her gesprochen wurde, und die Petroleumlampe an der Decke in Bewegung geriet und die Gesichter um ihn herum verschwammen, nahm er seinen Rucksack und taumelte in die Nacht hinaus.
    Von einem Wegrand zum anderen torkelte er bergauf, fiel hin und rappelte sich wieder auf, und während seine Beine den gewohnten Bergsteig suchten, kochten seine Gedanken in wüstem Getümmel das Gerede des Abends auf und brachten ihn in Ängste. Er schalt und maulte vor sich hin und focht mit dem schwankenden Körper einen schweren Kampf aus, bis er die Lichtung auf der Gschwend erreichte und an seine Haustüre pumperte.
    »Heut hat es mich erwischt, und ich weiß gar net wie«, salferte er, als ihn die Burgl in die Stube zog. »Einen neuen Kasten kriegen wir und zwei Stühle und einen Herrgott in das Tischeck und zwei Bilder, die Muttergottes und den Heiland«, brevelte er entschuldigend, »und was sagst du zu einem neuen Gewand und ein paar festen Schuhen?«
    »Kaspar, red keinen Mist! Wo nähmen wir denn das Geld her? Leg dich jetzt nieder und schlafe deinen Saurausch aus. Was ist denn passiert?« Die Burgl kam ins Weinen. »Daß du mir das antust! Wenn ich gewußt hätte, daß du ein so versoffenes Mannsbild bist, mich hätten keine zehn Rösser da heraufgebracht!«
    Wie ein gescholtenes Kind starrte er sie hilflos an und lallte: »Mußt es mir halt verzeihen, Burgl, wird nicht mehr vorkommen. Ist so ein heißer Tag gewesen. Hat mich etwas gepackt, ein Groll und eine Angst, und da hab ich zuviel Bier erwischt.«
    Kurz entschlossen zerrte sie ihn von der Bank und brachte ihn ins Bett in der Kammer. Sofort schnarchte er. Ihr war der Schlaf vergangen, und sich die Tränen aus den Augen wischend, saß sie in ihrem Bett und dachte über das wirre Gerede ihres Mannes nach. In den letzten Wochen war er anders geworden, und oft war es ihr, als verberge er etwas. Sie zündete eine Kerze an und leuchtete dem Schlafenden ins Gesicht. Diesen guten Kerl, der da lag und mit offenem Mund schnarchte, hatte sie liebgewonnen, jetzt aber hätte sie am liebsten einen Stecken genommen und ihn durchgehauen wie ein ungezogenes Kind. Wo sollte er auf einmal das Geld herhaben, um all die Dinge zu kaufen, von denen er in seinem Rausch gesprochen hatte? Ein schwarzer Gedanke keimte in ihr auf: War er nicht schon einige Male nach Einbruch der Dunkelheit noch in den Wald gegangen, weil er angeblich nicht schlafen konnte und ein wenig an die Luft wollte?
    Leise schlich sie aus dem Bett und griff in die Taschen seiner Hose. Ein neues Messer und einen neuen Geldbeutel? Davon hatte er gar nichts gesagt. Dann suchten ihre Hände in den Taschen der Joppe, zogen zitternd ein Päckchen heraus, und sie

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