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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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unterdrückte selbst das Rauschen des Baches im Grunde und verschlang alle Geräusche. Ein Hofhund winselte durstig. Das einzige Licht brannte düster und stumpf hinter den Fenstern der Gaststube des Reibenwirtes, wo in der Ecke der Wirtssepp und der Waldhirte Schreindl hockten und leise miteinander redeten. Hinter dem kleinen Fenster der Küchentüre huschte ein flackernder Kerzenschein und verriet, daß auch die Resl noch wach war.
    Draußen zeigte das Wetterleuchten ein fernes Gewitter an. Der zuckende Schein blendete auch in die Wirtsstube.
    »Ich trau dem Greiner net«, berichtete der Hirte, und seine hellen Augen blitzten aus dem wirren Bartgesicht, aus dem die Nase wie ein Geierschnabel hervorstach. »Er hat was Bestimmtes in meiner Hütte gesucht. Wir haben Glück gehabt, daß gerade nix bei mir gelegen ist. Er kann mittendrein wieder einmal nachschauen.«
    »Hm«, überlegte der Wirt, »dann müssen wir etwas anderes finden. Den Weber hat er auch ausgefragt. Setzen wir einmal ein paar Wochen aus. Hab eh ein paar andere Geschäfte.«
    »Hab es dem Thums schon gesagt, daß er für eine Weile net mit Wildbret rechnen kann. Hast du Ware für ihn?«
    »Hab ich, aber das ist net so wichtig. Da schöpft er den Rahm ab. Wichtiger ist jetzt das Fleisch. Wieviel Stückl bringen sie heut nacht?«
    »Zwei«, brummte der Hirte, »ist aber schon Zeit, «aß wir gehen — und die Glocken brauch ich. Ohne Geläut kann ich kein Stückl unterbringen, sonst fallen wir gleich auf.«
    »Alsdann, gehen wir«, entschied der Wirtssepp, »und dem Förster werden wir die Neugierde schon noch austreiben. Wird mir schon was einfallen.«
    Sie sahen einander gespannt an, als die Haustüre ging. Der Wirt verfärbte sich vor Ärger und biß sich auf die Lippen, als der Förster Greiner in die Gaststube trat. Schnell hatte er sich wieder gefaßt und fragte süßsauer:
    »Der Herr Förster ist heut noch so spät unterwegs?«
    »Ist ein bissel spät geworden«, tat Greiner freundlich und unbefangen, »und weil ich bei Ihnen noch ein Licht gesehen hab, möcht ich für den Durst noch was tun.«
    Unruhig wetzte der alte Waldhirte und legte sich die Antwort zurecht, wenn der Förster etwa wissen wollte, was den Hirten ins Dorf führte. Doch diese Frage blieb aus.
    »Grad wollten wir ins Bett gehen«, gähnte der Wirt, als er dem Förster das Bier hinstellte. Daß das Gähnen nicht echt war, merkte der Greiner gleich. Hier war er sehr ungelegen gekommen, und das freute ihn heimlich. Er spürte die Unruhe der beiden Männer, und während er vom Bier trank, entging ihm nichts, nicht der unverhohlene Ärger des Wirtes und nicht die Augensprache zwischen den beiden. Langsam fingerte der Schreindl einige Zehnerl aus der Tasche und legte sie auf den Tisch.
    »Will dich net länger aufhalten, Wirt«, murrte er, nahm den leeren Rucksack von der Bank und ging. Der Wirt knurrte ein mürrisches »Gute Nacht« hinter ihm her und ging zur Küchentüre. Resl! Schenk dem Herrn Förster ein, wenn er noch ein Bier will!«
    Verschlafen kam seine Schwester aus der Küche, während der Wirtssepp verschwand. Sie setzte sich zum Förster an den Tisch und war plötzlich ganz munter, fragte, wie es der Frau Försterin ginge, redete vom heißen Tag, und daß wohl ein Gewitter kommen würde. Greiner hörte nur mit halbem Ohr hin und horchte in das Haus. Draußen ging eine Türe, sie quietschte in den Angeln, und dann schlug kurz ein Ton an. Er kannte diesen Klang: eine Stierglocke war da unbedacht gerüttelt worden.
    »Trinken Sie noch eine Halbe, Herr Förster!« munterte ihn die Resl auf, »der Tag hat durstig gemacht.«
    Wollte sie ihn festhalten?
    »Ist der Wirt vielleicht schon zu Bett gegangen?« fragte er leichthin.
    »Kann schon sein«, wich sie aus. »Er ist heut schon früh zum Mähen aufgestanden.«
    Betont langsam zahlte Greiner. »Bin auch froh, wenn ich ins Bett komme, gute Nacht.«
    Nun war es die Resl, die zurück ins Haus horchte und mit einem schläfrigen Blick dem Förster nachsah. Sie löschte das Licht und versperrte hinter dem Gast die Haustüre.
    Greiner verließ den Dorfplatz mit langen Schritten. Ein lautloses Aufleuchten des fernen Gewitters tauchte für einen Augenblick das letzte Haus, die Wiesen und den Wald in ein gespenstisches Licht. Es genügte, um dem Förster die zwei Männer erkennen zu lassen, die eben vor ihm auf der Straße in das Walddunkel eintauchten: der Reibenwirt und der Waldhirte.
    Und plötzlich kam ihm die Erleuchtung:

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