Das glückliche Ende der Welt.
Tages war noch kalt und stinkend im Raum.
»Oha, heut ist der Bär aus seiner Höhle gegangen, wird ein anderes Wetter!« begrüßte einer den Kaspar, und ein anderer spöttelte:
»Hat es dich noch net erfroren da droben?«
Aus der Küche nebenan kam ein unterdrücktes Gemurmel. Die Resl sah durch einen Türspalt in die Gaststube, um zu sehen, wer der Ankömmling war, greinte verschlafen, daß es gleich ein Bier gebe, und flüsterte in die Küche zurück: »Der Thums Kaspar ist es.« Dann verschwand sie wieder.
Den Kaspar mutete es sonderbar an, daß sich die Männer und Burschen in der Gaststube gebärdeten, als wären sie zu Hause, selbst den Ofen anschürten und sich auf den Bänken räkelten, als wären sie in einer Holzhauerhütte. Warum waren sie so früh am Tag hergekommen?
»Ist was los gewesen«, fragte er schließlich, »weil die Gendarmen schon dagewesen sind?« »Weiß nix«, sagte einer und die anderen grinsten.
Wieder erschien der zerzauste Kopf der Wirtsresl in der Küchentüre und fast barsch rief sie: »Kaspar, komm herein!« Noch energischer wandte sie sich an die anderen: »Und ihr setzt euch hin. Einen Augenblick werdet ihr es schon noch ohne Bier aushalten!«
Der Kaspar kannte sich nicht mehr aus. Das war ja, als würde man in die Forstkanzlei gerufen oder beim Militär zum Hauptmann! Zögernd drückte er die Küchentüre auf und sah sich um. Über dem Tisch brannte noch die Petroleumlampe, und darunter saßen der Holzhauer Weber und sein Bruder aus der Stadt. Beim Ofen schlief auf einem Fußschemel der alte Schreindl. Wortlos empfingen sie ihn und schweigend schob ihm die Resl einen Stuhl an den Tisch.
»Haben mit dir ein Wörtl zu reden, warten schon lange drauf, bis wir dich einmal gut antreffen — und heute paßt es gerade«, fing der Weber bedächtig an. Auf den andern deutend, sagte er: »Das ist mein Bruder, der Christian.«
»Laß niemanden herein, Resl«, befahl dieser herrisch und wandte sich dem betreten schweigenden Kaspar zu: »Bist auch arbeitslos, gell? Na ja, dir macht das ja net soviel aus. Dein Vater hat mir ja gesagt, daß ihr ganz gute Geschäfte miteinander macht.«
Der Kaspar staunte mit offenem Mund, schluckte und fragte bänglich: »Mein Vater? Kennst du meinen Vater? Und stimmen tut das net ganz. So was wird er net gesagt haben.«
Der Weber lachte hämisch: »Freilich kennen wir ihn. Er ist ja viel herüben, und wir machen das ganze Geschäft über ihn. Da brauchst du kein Geheimnis draus machen.« Ichglaube, ich gehe wieder«, wollte sich der Kaspar erheben, doch die Resl, die hinter ihm stand, drückte ihn wieder auf den Stuhl nieder. Begütigend meinte sie: »Laß halt den Christian erst einmal ausreden .«
»Was wollt ihr denn eigentlich von mir?« begehrte derKaspar nun auf.
» Tuein wenig leiser, die da draußen brauchen es netzu wissen, wenn wir ein Geschäft machen«, bedeutete ihm der Holzhauer Weber und sein Bruder fuhrfort :
»Von der Unterstützung kannst du net leben, und dawirst du net so dumm sein und ein gutes Geschäft ausschlagen.«
»Ich hab keine Ware und wüßt heut auch gar net, wo ich eine hernehmen sollte. Ist ja kaum mehr was zu haben.«
Das überlegene Grinsen des städtisch gekleideten Mannes und sein Gehaben ärgerten den Kaspar und nahmen ihm zugleich den Mut, sich dagegen aufzulehnen.
»Wir brauchen von dir keine Ware. Haben ein anderes Geschäft, und du riskierst gar nix dabei. Brauchst net über die Grenze zu gehen — brauchst nur ein wenig aufzupassen.«
»Ich mag davon nix wissen«, entgegnete der Kaspar, doch es klang schon etwas zaghaft. Sein Gegenüber anstarrend, versuchte er die Lage rasch zu überdenken und kam nicht zurecht.
»Aus kannst du uns net. Wir haben dich in der Hand. Daß du geschmuggelt hast, weisen wir dir nach und wenn — wir deinen Vater mit hineinsausen lassen müssen! Kannst den alten Mann ins Gefängnis bringen — oder kannst ein schönes Stückl Geld verdienen. Was dir lieber ist.«
»Ist ja nix dahinter«, flüsterte ihm die Resl über den Rücken zu.
Und der Holzhauer Weber erklärte: »Wenn nicht was dazwischengekommen wäre und der alte Schreindl nicht schon ein ganzer Hanswurst wär, dann hätten wir dich gar net gebraucht. Von denen da draußen in der Gaststube könnten wir jeden haben, aber die kennen sich droben net so gut aus wie du und stellen sich zu dumm an — wenn was schiefgeht.«
»Also, da gibt es nix zu überlegen«, drängte nun der Christian Weber, »dabei bist du
Weitere Kostenlose Bücher