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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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etwa nach einem Verletzten zu forschen. Hier war niemand bereit, der Gendarmerie auch nur den geringsten Hinweis zu geben. Die Wirtsresl zeigte sich den Beamten gegenüber besonders freundlich, und als sie sich ein Bier bestellten, leistete sie ihnen Gesellschaft.
    So nebenbei fragte der Gendarm Schneider nach dem Wirt, und die Resl war rasch mit der Antwort: »Der ist schon am Mittag in die Stadt und wird erst morgen wiederkommen.« Dem Beamten lag noch eine weitere Frage auf der Zunge, doch die Redseligkeit der Resl lenkte ihn ab. Er hatte auch keine Lust, so spät am Abend noch in diesem verlassenen Nest herumzustöbern, denn einen Angeschossenen zu finden, mußte auch noch am nächsten Tag möglich sein.
    »Ist heute was los, weil ihr so viel Leute da habt?« wollte er wissen, nur um das Gerede vom nassen Herbst und von einem, hoffentlich guten und trockenen Winter abzuschneiden. Es war ihm aufgefallen, daß an einem Wochentagabend so viele Burschen und Männer anwesend waren.
    »Ach nein!« lachte die Resl. »Aber was sollen die Leute denn sonst tun? Arbeit haben sie keine. Ist sowieso mehr eine Sitzweil als ein Geschäft. Bloß damit das Licht verbrennt, getrunken wird net viel.«
    Diesen Eindruck hatte der Gendarm zwar nicht, und er nahm auch zur Kenntnis, daß sich in kürzester Zeit die Gaststube fast völlig leerte. Ihre Anwesenheit hatte ohnehin die laute Unterhaltung, die er bei ihrem Kommen bis auf die Straße gehört hatte, beendet, und er hatte bei seinem Eintritt auch bemerkt, daß die Kartenspieler das auf dem Tisch liegende Spielgeld schnell verschwinden ließen. Hier wurde also hoch gespielt, und mit der angeblichen Sitzweile und der Arbeitslosigkeit stimmte das nicht überein.
    Dreist wandte sich nun auch noch der Weber an die Gendarmen: »Ist was, Herr Wachtmeister? Soll ich was angestellt haben? Da hat mich wohl einer bei Ihnen angeschwärzt?«
    »Kann schon sein«, meinte der Gendarm Schneider mit einem leichten Lächeln, trank sein Glas leer und verließ mit seinem Kollegen das Reibenwirtshaus.
    »Solange in diesem Teufelsnest net ein eigener Posten aufgemacht wird, kommt man den Burschen net auf die Spur. Durch Fragen ist aus diesen Leuten nichts herauszubringen«, stellte er auf dem Rückweg in die Stadt fest.
    »Eine scheußliche Nacht«, meinte der andere, »man sieht die Hand vor den Augen nicht, und trotzdem möchte ich wetten, daß sie wieder zu Dutzenden in dieser Nacht über die Grenze gehen. Die haben Augen wie die Katzen und finden den Weg auch in dieser Stockfinsternis.«
    Die Neumondnächte vor dem Schnee hatten keinen Schein. Die Finsternis kam aus dem schwarzen Waldmantel der Grenzberge und reichte bis in die Wolken. Das Dunkel zeichnete auch keine Baumgipfel gegen das unsichtbare Gewölk, es war vollständig und nahm auch aus den erleuchteten Fenstern der Häuser auf der Gschwend keinen Schein an. Im Hause des Ambros Keppl zischte an diesem Abend der Krauthobel, und hinter der hölzernen Stubenwand war dumpf das Reden und Lachen der Einöder und das Saften und Tuschen des Krautstampfers in den Holzkübeln, während draußen die Novembernacht stundenweit alles gelöscht hatte und auch den Wald in Schweigen schlug.
    Eifrig hobelte der Ambros die Krautköpfe zu feinen Schnitzeln, und schwitzend stampfte der Kaspar, während die Frauen Kraut und Salz in die Kübel einlegten. Das gute Gefühl, einen Wintervorrat zu haben, machte sie fröhlich.
    »Erdäpfel und Kraut haben wir, jetzt brauchen wir nur noch das Fleisch«, scherzte der Kaspar.
    Ernsthaft bemerkte der Ambros dazu: »Vielleicht kriegen wir das auch noch.« »Das sag ich auch«, malte der Kaspar aus, »vielleicht rennt einmal ein Rehbock über die Gschwend und bricht sich die Haxen. Im Sommer haben sie von unserem Gras gefressen, und das sind sie uns noch schuldig.« Er wunderte sich, daß darauf der Ambros keine Widerrede hatte. Dafür wies ihn die Lina zurecht:
    »Das ginge gerade noch ab! Ich weiß, was die Mutter oft Angst ausgestanden hat, wenn der Vater einmal — Ich weiß was anderes, was uns noch fehlt: zwei Wiegen. Du bist so ein Bastler, Kaspar, ist Zeit, daß du dich drüber machst.«
    »Die baue ich, und morgen hol ich mir das Holz!«
    Weit in die Nacht hinein brannte das Licht auf der Gschwend, und die Stube des Ambros duftete von Salz und Kraut.
    Als wieder einer dieser endlos grauen Tage heraufkam, an denen es nie ganz hell wurde und der Wald horchte, als warte er auf den Winter, verließ der Kaspar das

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