Das glückliche Ende der Welt.
mehr, als das Brautpaar mit den Anverwandten anstieß, um mit einem fröhlichen Prosten und lautem Glückwünschen die lastende Stille zu überwinden und dann die Gläser zu zerschellen. Der Wirtssepp hatte sich wie ein völlig Unbeteiligter in eine Ecke der Gaststube gesetzt und, schon während das Brautpaar in der Kirche war, so viel Schnaps getrunken, daß er mit glasigen Augen saß und kaum mehr reden konnte. Als er unverständlich zu räsonieren begann, schaffte ihn das Brautpaar ins Bett.
Mit vielen, unglaubwürdigen Ausreden hatten sich schon am frühen Nachmittag die meisten der Gäste davongestohlen, und der Christian Weber schickte daraufhin vor Verdruß auch die Musik nach Hause. Die letzten Gäste verließen das Reibenwirtshaus ebenfalls noch vor dem Abend, weil Braut und Bräutigam sich selbst in die Haare kamen und sich beschimpften.
War so eine Hochzeit schon einmal dagewesen, wo sich die Brautleute schon am Hochzeitstag und noch dazu vor den Leuten stritten? Überhaupt: warum heiratete nun die Resl noch vor dem Sepp? Und der Weber Christian hatte sich im Wirtshaus eingenistet, wo doch der Sepp die Resl aus dem Haus haben wollte? Davon redete man und tuschelte. Man brauchte es ja die Wirtsleute nicht wissen zu lassen, daß man von ihnen redete.
Es sollte noch mehr zu munkeln geben, denn in den folgenden Wochen ging der Unfrieden im Reibenwirtshaus nicht aus. Oft hörte man den Streit bis auf den Dorfplatz. Der Sepp kümmerte sich um nichts mehr und trank in der Gaststube mit den Gästen, der Christian trug das Bier zu den Gästen, und die Resl kommandierte und schimpfte.
Im Reibenwirtshaus war der Teufel los!
Die Gäste blieben aus, nur der Holzbauer kam noch gelegentlich, der Sägmüller und eine Handvoll andere, doch nur nach der Sonntagsmesse und nicht mehr an einem Wochentag. Als es den Holzbauer doch einmal nach einem schweren Tag der Kornmahd nach einer Maß Bier gelüstete, kam er dazu, wie die Resl mit den beiden Mannsbildern in der Küche raufte, daß die Stühle krachten und das Geschirr an die Wand flog. Da ging er wieder, was er jedoch an bösen Worten gehört hatte, gab ihm zu denken. Der Wirtssepp war ein notorischer Säufer geworden.
Als der Sommer vorbei war, kamen die Maler aus der Stadt, stellten Leitern an der Hausfront auf, deckten die alte Aufschrift zu und malten eine neue auf: Nun hieß es nicht mehr, daß es das Gasthaus des Josef Obermeier sei, sondern die neue Schrift kündete das Gasthaus des Christian Weber.
Doch die Dörfler kamen nicht mehr, nicht einmal der Bruder des Christian. Der Daglwirt im Unterdorf machte das Geschäft.
Die rauhe Zeit war vorbei. Niemand dachte mehr an Schmuggel oder Wilddieberei. Es gab keine Grenzgänger mehr, und es fiel kein Schuß mehr in den Wäldern.
Auf dem Hochruck ging die Waldweide wieder zu Ende, und an einem kalten Morgen, da auf der Höhe die vergangene Nacht den weißen Reif über das Berggras gelegt hatte, trieb der alte Schreindl ab. Gebückt und hinkend schleppte er sich hinter der Herde her. Sein verfilzter, langwallender Bart und sein Haar waren in diesem Sommer schneeweiß geworden.
Auf dem Dorfplatz nahmen wie alle Jahre die Bauern ihre Jungstiere in Empfang, und das Geläute der Viehschöllen verklang in den Ställen. Der Waldhirte ging dem Reibenwirtshaus zu und betrat die Wirtsküche durch den Garten. Knurrend hinkte er, ohne die Resl und den Wirtssepp, der am Tisch saß. anzusehen, zum Ofen und kauerte sich auf den Schemel.
»Bist wieder da, du Gauner?« spottete der Sepp mit heiserer Stimme. »Aufschreiben gibt es jetzt nimmer, der neue Wirt hat keine Kreide!«
»Der neue Wirt?« Mit blutunterlaufenen Augen starrte ihn der Hirte an.
»Da ist die Wirtin«, höhnte der Sepp weiter, »vielleicht schreibt sie auf. Ich bin selber nur bierfrei und hab die Kost.«
»Du — du hast mir versprochen — daß ich — bei dir bleiben kann, wenn das Hüten aus ist. Ich kann nimmer — einen offenen Fuß hab ich, und zu alt bin ich — jetzt brauch ich das — was du mir versprochen hast.«
Der Sepp lachte häßlich. »Was willst? Bin ja selber im Austrag!«
»Ein Stübl hast mir versprochen und das Bleiben, die Verköstigung hast du mir versprochen!« krächzte der Schreindl.
Nun mischte sich die Resl ein: »Mach, daß du weiterkommst, ich will dich bei uns nimmer sehen! Wir sind kein Armenhaus, und anschaffen tu jetzt ich!«
»Gib mir ein Bier, und das andere mache ich mit dem da aus und net mit dir!« greinte der
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