Das Gluecksarmband
wusste, dass die ganze Geschichte schwer für ihn war. Es war schwer für uns beide. Schließlich ist es für niemanden angenehm, mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu werden. Wir laufen zwar alle mit dem Wissen herum, dass wir auf dieser Erde nur zu Gast sind, gleichzeitig aber ist es nicht einfach, wenn man auf einmal vor einem möglichen schlimmen Ende steht.
Doch ich musste stark bleiben. Niemand hätte etwas davon gehabt, wenn ich zusammengebrochen wäre. Selbst wenn ich ganz allein mit mir war und mir eingestehen musste, dass die Zukunft mir Furcht einflößte, ja, mich in Angst und Schrecken versetzte, versuchte ich, mich auch auf das Gute zu besinnen. In mancherlei Hinsicht hatten wir großes Glück, wir waren deutlich besser dran als viele andere, die mit diesem Schicksal konfrontiert waren. Ich hatte Kontakt zu großartigen Ärzten und den fähigsten Chirurgen in ganz New York, und wir besaßen die finanziellen Mittel, eine sehr kostspielige Behandlung zu bezahlen. Oft dachte ich, dass diese Krankheit auch ein Segen war, denn sie hatte mir die Augen geöffnet und mir klargemacht, dass meine eigenen Erfahrungen mir helfen konnten, das Bewusstsein für dieses Krebsleiden und seine Herausforderungen zu schärfen. Es machte mir Freude, mich bei vielen verschiedenen karitativen Organisationen in der Stadt zu engagieren, und die Teilnahme an den Veranstaltungen gestattete mir, die Geschichten anderer Frauen zu hören – Geschichten von Erfolg und manchmal auch von großem Kummer. Das half mir, niemals zu vergessen, dass ich in meinem Kampf nicht allein war und niemals allein sein würde. Ich schaute auf mein Armband hinunter und griff instinktiv nach der rosa Schleife.
Aber heute Abend wollte ich das zumindest teilweise aus meinen Gedanken verbannen und mich an dem Erfolg meines Sohnes freuen.
«Ich glaube, hier ist es.» Jeff blieb stehen.
«Toll.»
«Ob sie schon da sind?»
Ich seufzte leise. «Wäre das nicht schön, wenn wir heute Abend allein wären – nur unsere Familie, meine ich?»
Er schaute mich von der Seite an. «Komm, reiß dich zusammen.»
«Ach, du kennst mich doch.»
Er folgte mir ins Haus. «Ja, das stimmt. Gerade deswegen mache ich mir ja Sorgen.»
Wir betraten die Galerie. Es war ein schöner Raum, mit dunklem Holz und Wänden in intensivem Rot. An den hohen Decken war das ursprüngliche Mauerwerk des Gebäudes zu sehen, und auch wenn ich keinen italienischen corno entdeckte, hatten diese Räumlichkeiten doch etwas, das mich um fast vierzig Jahre zurückversetzte und eine Erinnerung wachrief, die ich im Laufe meiner gesamten Ehe immer liebevoll im Herzen getragen hatte.
«Erinnert diese Galerie dich nicht auch an das Geschäft in Florenz, wo wir damals meinen corno gekauft haben? Wie hieß der Besitzer noch?» Ich durchstöberte die Winkel meines Gedächtnisses, doch mein Mann hatte den Namen schon parat.
«Giovanni.»
«Und sein kleiner Sohn …» Mit einem Lächeln erinnerte ich mich an den Jungen. «Oh, der muss jetzt schon Mitte vierzig sein. Mindestens.»
«Wahrscheinlich schon bald fünfzig.» Er legte mir den Arm um die Taille und führte mich weiter in den Raum hinein. «Wie die Zeit vergeht.»
«Ja, das stimmt», sagte ich wehmütig.
Da entdeckten wir Greg und seine Freundin. «Schau mal, da sind sie ja.»
Wir schoben uns durch die beachtliche Menschenmenge, die sich in der Galerie versammelte, und ich sah, dass mein gutaussehender Sohn sich vor dem Foto aufgebaut hatte, das der Galeriebesitzer ihm abgekauft hatte. Es war eine schöne Aufnahme vom Flatiron Building.
Ich begrüßte Greg und drückte ihn an mich. «Herzlichen Glückwunsch, es sieht großartig aus. Das hier ist alles ganz großartig! Ich bin so stolz auf dich.»
Er gab mir einen Kuss auf die Wange und erwiderte meine Umarmung. «Danke, Mom. Hallo, Dad. Danke, dass ihr gekommen seid. Ich bin unglaublich aufgeregt.»
«Das gehört sich auch so. Für einen Amateur ist das ein schöner Erfolg.»
Gregs Freundin, die bisher ein wenig still gewesen war, begrüßte uns jetzt auch. «Jeff, Cristina … wie geht’s euch?»
Ich umarmte sie kurz und gab ihr ein Küsschen auf die Wange, aber ehrlicherweise musste ich zugeben, dass Karen und ich uns nicht besonders nah waren. Ich wünschte mir wahrhaftig, es wäre anders, aber wir waren nie richtig warm miteinander geworden.
Anfangs hatte ich mir große Mühe gegeben, aber inzwischen nannte ich Karen bei mir – und Jeff gegenüber – nur noch
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