Das Gluecksarmband
Menschen jedenfalls eine überraschend hohe Überlebensrate aufweist. Deswegen sorge ich dafür, dass ich diese Bereiche nicht vernachlässige.»
Karen schwieg, und Jeff beeilte sich, das Thema zu wechseln. «Greg, deine Mutter und ich haben eben gesagt, dass diese Galerie uns stark an einen Juwelierladen erinnert, den wir damals in Florenz besucht haben. Wie hieß er noch?»
«Il corno Fiorentino», rief ich, denn plötzlich fiel mir der Name wieder ein.
Greg lächelte. «Also, der Galeriebesitzer stammt aus Florenz. Vielleicht kennt er das Geschäft sogar. Wartet mal, ich stelle euch vor.»
Unser Sohn machte einem Mann ein Zeichen, der sich auf der anderen Seite des Raumes gerade mit Besuchern unterhielt. Er sah gut aus und wusste das auch. Als er zu uns herübergeschlendert kam, konnte ich ihn mir gut in Florenz vorstellen, in engen schwarzen Jeans oder vielleicht sogar in Lederhosen.
«Gennaro, das sind meine Eltern, Jeff und Cristina Matthews. Karen kennst du ja schon. Mom und Dad, das ist Gennaro del Vecchio, der Besitzer der Galerie.»
Gennaro nahm meine Hand und hauchte einen Kuss darauf. «Ach, Sie können unmöglich Gregs Mutter sein, Sie sehen viel zu jung aus … bestimmt sind Sie seine Schwester? Ich kann nicht glauben, dass Sie meinen Freund zur Welt gebracht haben.»
Das kriegte auch nur ein italienischer Romeo fertig, schon Sekunden, nachdem er eine Frau kennengelernt hatte, von «zur Welt bringen» zu sprechen. Ich winkte ab und errötete. «Hören Sie auf, ich bin alt genug, um auch Ihre Mutter zu sein.»
«Wir haben übrigens gerade von einem Geschäft gesprochen, das meine Eltern früher einmal in Florenz besucht haben. Wie hieß es noch mal, Mom?»
«Il corno Fiorentino», sagte ich. Gennaros Gesicht begann plötzlich zu strahlen.
«Ach, die Welt ist ja wirklich klein! Und das Geschäft kenne ich natürlich gut. Es gehört meiner Familie!»
Ich legte mir eine Hand aufs Herz. «Das kann ich gar nicht glauben! Wir haben Ihren Vater damals kennengelernt. Neunzehnhundertzweiundsiebzig, um es genau zu sagen. Giovanni.»
Gennaro bekreuzigte sich. «Mein Vater ist inzwischen leider bei den Engeln. Mein älterer Bruder führt jetzt den Laden.»
«Lupo!», rief ich. «Er war damals auch da. Aber noch so klein.» Ich hielt eine Hand auf Hüfthöhe.
Gennaro lachte. «Das ist wirklich ein wunderbarer Zufall. Es zeigt einfach, wie seltsam die Wege des Schicksals sein können. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass ich eine Arbeit von einem Mann erwerbe, dessen Eltern vor vierzig Jahren meinen Vater kennengelernt haben? Ich sage es immer wieder, wir sind alle irgendwie miteinander verbunden. Jeder kennt jeden um sechs Kanten? Oder wie war das noch?»
«Um sieben Ecken», sagte ich, und dann zog ich meinen Ärmel zurück, um Gennaro mein Armband und den corno zu zeigen, den sein Vater angefertigt hatte. In diesem Moment jedoch kam eine junge Frau und zog Gennaro am Ellbogen.
«Entschuldige, Gennaro, du wirst gebraucht.»
Er hob den Zeigefinger. «Augenblick, Sofia.» Mit einem Lächeln wandte er sich wieder an uns. «Es tut mir leid, Sie müssen mich wohl entschuldigen. Es hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen. A presto!» Eilig entfernte er sich.
Ich ließ den Arm sinken. «Dann zeige ich ihm den Anhänger ein andermal.» Lächelnd schaute ich Jeff an. «Erstaunlich, welche Wege das Leben geht.»
«Wo wir gerade von Anhängern sprechen, Mom», sagte Greg leise, «ich habe hier etwas für dich.» Er zog ein Beutelchen aus der Tasche und reichte es mir. «Eine Erinnerung an diesen Abend.»
Ich nahm das kleine Stofftäschchen entgegen und öffnete es. «Du meine Güte, seht mal!» Vorsichtig schüttelte ich den Inhalt in meine Handfläche und bestaunte das Geschenk. Es war ein winziges Hufeisen.
Greg lächelte. «Ich habe das Datum von heute eingravieren lassen, den achtzehnten Juni, und die Adresse der Galerie. Und was das Hufeisen angeht … also, ich glaube, wenn ich nicht Glück gehabt hätte, wäre ich heute Abend wohl nicht hier.»
Ich lächelte. Mein Herz füllte sich mit Liebe und mit Stolz auf meinen Sohn. «Ja, vielleicht hast du Glück gehabt, aber du bist auch wirklich begabt.» Voller Freude betrachtete ich den neuen Anhänger für mein Armband. «Aber Greg, das ist heute doch dein Abend, nicht meiner.»
«Mag sein, aber ich weiß, dass es diesen Abend nie gegeben hätte, wenn du nicht an mich geglaubt hättest. Wenn du mich nicht ermutigt hättest, dass ich meine Träume
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