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Das Gluecksarmband

Das Gluecksarmband

Titel: Das Gluecksarmband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Greene
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Schluss – es dauert also noch eine Weile, bis ich wieder zurück bin.»
    Karen hatte heute auf Long Island an einem Seminar zur Teamentwicklung für die Mitarbeiter ihrer Abteilung teilgenommen. Die Leute vom Eventmanagement hatten vor kurzem die Organisation der
Macy’s
Thanksgiving Day Parade
abgeschlossen, und jetzt steckten sie bis über beide Ohren in den Planungen für die Werbeaktionen im Januar.
    Karens Chef Bradley besaß eine Villa an der Further Lane in East Hampton, und Karen witzelte immer: «Man weiß ja nie, wenn wir uns noch ein bisschen mehr aus dem Fenster lehnen, landen wir vielleicht auch da draußen.»
    Wie so viele New Yorker liebäugelte sie mit einem Sommerhaus, was Greg allerdings nicht so richtig nachvollziehen konnte. Seine Eltern hatten nie ein Ferienhaus besessen. Wenn sie aus der Stadt hinauswollten, hatten sie normalerweise etwas gemietet.
    Und das war richtig gewesen, dachte Greg. Je einfacher desto besser. Mehrere Häuser zu besitzen, konnte leicht zum Ganztagsjob werden. Aber da er jetzt kein festes Gehalt mehr bekam, stand das in nächster Zeit ohnehin nicht zur Debatte. Er griff zum Handy und schickte Karen eine SMS .
Danke für deine Nachricht. Bis später. Melde dich, wenn du zurück bist.
    Greg kehrte in die Dunkelkammer zurück, um nach seinen Fotos zu sehen. Sie waren gut geworden. Er betrachtete die Aufnahme, die er in der vergangenen Woche in Queens gemacht hatte, von dem kleinen Mädchen, das einen Asthmaanfall gehabt hatte. Die Kleine saß mit ihrer Mutter auf der Vordertreppe ihres Backsteinhauses, während Sanitäter um sie herum ihre Sachen zusammenpackten. Mutter und Tochter beachteten das alles gar nicht, sondern schauten sich voller Freude in die Augen, als wollten sie sagen: «Wir haben es geschafft.»
    Die Strickmütze der Mutter hob sich aschgrau von der dunklen Hausmauer hinter ihr ab. Offenbar war sie mit ihrer schon fast bewusstlosen Tochter auf dem Arm aus dem Gebäude gerannt. Es gab kein Telefon im Haus, und sie besaß kein Handy – kaum zu glauben in der heutigen Zeit, dachte Greg. Also war sie um Hilfe schreiend auf die Straße hinausgestürzt. Ein Taxifahrer hatte seine Zentrale angefunkt, die dann 911 angerufen hatte. Nach dem Vorfall hatte Greg einen der Polizisten gefragt, ob es eine Möglichkeit gäbe, der Mutter ein Handy zu beschaffen. Der schon ältere, erfahrene Mann, der schon abfahrbereit im Wagen gesessen hatte, hatte warnend den Zeigefinger erhoben. «Mann, Sie sind hier bloß Beobachter. Schießen Sie Ihre Fotos und Schluss. Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, sich da irgendwie einzumischen.» Später hatte Greg erfahren, dass die meisten Polizisten Visitenkarten von Sozialarbeitern bei sich hatten und sie verteilten. Aber wer Hilfe in Anspruch nehmen wollte und anrief und wer nicht, war nie vorherzusehen.
    War es für Bedürftige denn ein so großer Schritt, um Hilfe zu bitten?, überlegte Greg.
    Auch mit den anderen Aufnahmen war er zufrieden, und nun streckte er sich und schaute sich um.
    Er war unruhig und brannte darauf, nach draußen zu kommen und wieder in der Stadt unterwegs zu sein – schließlich war er jetzt sein eigener Herr. All die Jahre war er in dem winzigen Kabuff eingesperrt gewesen … und jetzt hatte er es eilig, die verlorene Zeit aufzuholen. Greg betrachtete sein Fahrrad, das neben der Haustür stand. Vielleicht sollte er sich heute auf sein Rad schwingen und einfach sehen, wo es ihn hinführte.
    Er konnte zum Beispiel seinem Kumpel Rob einen Besuch abstatten. Rob arbeitete bei der
New York Times
, und Greg hatte ihm noch nicht erzählt, dass er gekündigt hatte. Er kramte sein Handy aus der Tasche und simste Robert, dass er später in der Gegend sein würde. Dann schlüpfte er in seine Sneakers und ein Sweatshirt und schnappte sich seine Kamera und einen neuen Film.
    Beim Radfahren begannen seine Waden zu brennen. Er musste sich erst wieder an die Strampelei gewöhnen – Taxis kamen vorläufig nicht mehr in Frage. Aber abgesehen davon ließ die Stadt sich mit dem Fahrrad sowieso am besten erkunden. Während die kalte Luft in seine Lungen strömte, wurde ihm wieder bewusst, wie frei er sich fühlte, wie sehr in Einklang mit sich und der Welt.
    Er radelte durch verkehrsreiche Straßen und wich Taxis und anderen Radfahrern aus. Als er am
Metropolitan Museum of Art
vorbeifuhr, verspürte er plötzlich Gewissensbisse. Normalerweise spendete er dem Museum jedes Jahr einen ansehnlichen Betrag, doch diesmal würde er

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