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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Reinwarth
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alles aus- und aufgeräumt, sortiert und ausgemistet. Ich stehe vor der Garage, sehr pittoresk mit einer Bierdose in der Hand, und fühle mich hervorragend. Und obwohl ich den ganzen Tag geräumt habe und geschafft bin, strotze ich vor Energie. Das ist doch unlogisch: Auf dem Sofa war ich schlapp, wenn ich nur an die Garage gedacht habe, und jetzt, nach einem Tag Räumen, fühle ich mich topfit. Ich überlege: Habe ich nicht einmal einen Film gesehen, in dem die reizende Hauptdarstellerin ihre Oma besuchen fährt?
    Ich weiß, sich vorzustellen, man sei ein Filmstar, ist wahrscheinlich wieder kein buddhistischer Weg, aber bei mir funktioniert er. Ich nehme das als Aufhelfer: Ich sauge Staub als Aschenbrödel, streiche die Küche als Julia Roberts und meine Unterlagen ordne ich als Joan Collins mit auftoupiertem Haar. Finden Sie komisch? L. auch.
    Hindernis 4: Unruhe
    Man kommt doch zu nix. Es gibt so Tage, da weiß ich am Morgen schon nicht, wo mir der Kopf steht. Ich will vor dem Morgenspaziergang mit Schmitz noch schnell die Kaffeemaschine entkalken, während des Gassigehens bereite ich in Gedanken die Präsentation für ein neues Konzept vor, haste in die Arbeit und ärgere mich im Auto, dass ich vergessen habe, den Entkalker wieder auszuleeren. Außerdem wollte ich schon längst ein Biomittel besorgt haben oder ausprobieren, ob das mit dem Haushaltsessig auch klappt. An meinem Schreibtisch plane ich die Einkäufe für das Essen mit Jana, die heute Abend kommt, und wie ich den Besuch auf der Bank noch unterbringe. Auf dem Weg zur Bank ruft noch meine Mutter an und erinnert mich an den Geburtstag meines Opas, für den muss ich noch ein Geschenk besorgen, und Schmitz will ja auch noch eine Runde spazieren … manchmal liege ich abends in meinem Bett und komme mir vor wie ein Hamster im Rad. Ein Schritt zu langsam und schon fliegt man kopfüber auf die Schnauze. Und morgen sollte ich mich unbedingt mit dem Versicherungsfuzzi treffen, vielleicht zwischen der Arbeit und dem Italienischkurs? Dann will ich mich abends ablenken und sehe fern, zappe aber nur herum, weil ich innerlich so hibbelig bin. Und wieso kann ich nicht schlafen? Und habe ich den Entkalker jetzt eigentlich ausgeleert?
    Kennen Sie solche Tage? Wenn es dann heißt, ich soll mir Zeit nehmen, um innezuhalten, bin ich geneigt zu fragen: Wann genau, ihr Schlaumeier? Und vor allem: Wenn ich mich jetzt eine halbe Stunde hinsetze und innehalte, weiß ich genau, was passiert – ich werde hibbelig, weil ich nichts tue, obwohl es jede Menge zu tun gäbe. Ich habe das ausprobiert, mich eine halbe Stunde hinzusetzen und durchzuschnaufen. Da wurde ich fast wahnsinnig, ich habe sogar angefangen, an der Nagelhaut von meinen Fingern rumzuknibbeln.
    Da das so unangenehm ist (nicht das Knibbeln, sondern das Aushalten), heißt es, lenken wir uns permanent mit anderen Dingen ab. Und werden innerlich immer unruhiger. Denn wenn wir eine Sache anpacken und loslegen, bremst uns der Gedanke an die nächste schon wieder aus. Kein Wunder, dass man da wahnsinnig wird. Das ist wie im Stau zu stecken, während man sich selbst zur Eile antreibt. Ich habe mich schon bei dem Gedanken erwischt: Ach, jetzt eine Woche krank sein, im Bett liegen, nichts tun und abschalten, das wäre himmlisch. Ich habe mir gewünscht, krank zu sein! Das ist doch tatsächlich krank.
    Am deutlichsten bemerke ich meine innere Rastlosigkeit, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme. Da bin ich noch auf 180, meine Betriebstemperatur ist einfach viel höher als die, die normalerweise zu Hause vorherrscht. Dann stehe ich im Flur, und noch bevor ich meinen Mantel ausziehe und in die Küche gehe, sehe ich nach, ob ich nicht noch das stehen gelassene Glas aus dem Wohnzimmer mit in die Küche mitnehmen kann. Im Wohnzimmer fällt mir dann der Kabelsalat an der Steckdose auf, den L. längst auflösen wollte, und wenn ich schon auf dem Weg in die Küche bin, kann ich auch gleich diese halb tote Topfpflanze mitnehmen, um sie in der Spüle zu wässern. Wenn ich dann, immer noch im Mantel, mit einem Glas in der einen Hand und einer Topfpflanze in der anderen Hand in die Küche komme und L. zeitunglesend am Tisch sitzt, kommt mir die eine oder andere Galle hoch. So à la »Immer ich … nie du …« Sie kennen das vermutlich.
    Buddha rät, sich in Meditation zu üben, um etwas gegen die Unruhe zu tun. Aber das ist nichts für mich. Ich war einmal in einem Kurs und neben mir saß ein sehr, sehr dicker Typ in hautengen

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