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Das Glücksprojekt

Das Glücksprojekt

Titel: Das Glücksprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Reinwarth
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Bauch
Fußboden: Finanzen
Kleiderschrank: Körper
Badezimmer: innere Mitte

    Da schauen Sie, was? Ich habe auch geschaut. Was sagt es über meine Vergangenheit, wenn ich einen Gemeinschaftskeller habe? Und wenn ich obendrein den Schlüssel dazu verloren habe? Und wie stelle ich mir meine Dachboden-Zukunft vor, wenn ich unter einem Flachdach wohne? Meine persönliche Freiheit ist ein Abstellraum? Was hat meine persönliche Freiheit mit dem Staubsauger und dem Bügelbrett zu tun, die darin aufbewahrt werden? Und wohin soll ich die beiden räumen, wenn ich meine persönliche Freiheit befreien möchte? In meine Zukunft? Ins Unterbewusste? Und finde ich sie dann noch? Ich bin skeptisch. Es will mir nicht so recht aufgehen, warum der Eingangsbereich meiner Wohnung eine andere Bedeutung haben soll als jene, dass man durch ihn die Wohnung betreten kann. Angeblich will ich auf andere Menschen genau so wirken, wie der Eingangsbereich aussieht. Falls Sie jemals bei mir zu Besuch sein sollten: Ich hoffe, ich wirke auf Sie nicht klein, verwinkelt und mit Jacken zugehängt. Ich stelle mir auch diese Konversation komisch vor: Schatz, da sind Silberfischchen in deiner inneren Mitte, kannst du die wegmachen? Dass der Fußboden meinen Finanzen entspricht, halte ich hingegen für recht plausibel, es erklärt zumindest einiges. Als ich dann lese, dass mein Körper mein Kleiderschrank ist oder umgekehrt, packt mich der Forscherdrang. Ich meine, das Buch hat sich über zwei Millionen Mal verkauft! Da muss doch was dran sein!
    Meinen Kleiderschrank-Körper zu simplifien, halte ich für relativ ungefährlich: Stellen Sie sich bloß mal vor, ich fange mit dem Wohnzimmer (Herz) an und L. verlässt mich stellvertretend, bloß weil ich die Hängepflanze entsorgt habe. Außerdem hoffe ich, so dem Paradoxon näherzukommen, dass der Schrank zwar überquillt, ich aber regelmäßig davor stehe und nichts zum Anziehen darin finde. Wenn nur erst Platz im Schrank ist, kaufe ich Hängefächer und staple meine Schals und Tücher dekorativ eingerollt hinein. Vielleicht nach Farben sortiert. Der Schrank wird so spartanisch aufgeräumt sein, dass man darin meditieren möchte. Spaß beiseite und an die Bügel: die Aktion Befreit ST ø PF kann beginnen. Ich fange an mit Schritt eins: Die Dinge aussortieren, in die man nicht mehr hineinpasst. Das allerdings würde bedeuten, dass ich nicht mehr damit rechne, diese verdammten fünf Kilo wegzubekommen. Ich soll also kapitulieren und mir sagen: Es sind zwar nur fünf Kilo, aber du wirst es eh nie schaffen, die loszuwerden. Du Pfeife.
    Was ist denn das für eine Logik? Gut, die engen Jeans und das schwarze Kleid liegen schon seit Langem da oben im Fach, aber ich vertraue eben fest darauf, dass ich die irgendwann wieder tragen werde. So sieht nämlich die Zukunft aus, positiv, nicht resigniert. Tschakka, ich kann das! Sehr gut, sehr gut, jaa! Ohne mich da jetzt unter Zeitdruck setzen zu wollen. Auch Kleidungsstücke, die ich über ein Jahr nicht getragen habe, sollen verschwinden. Das würde aber bedeuten, dass mein Paillettenkleid, das Hochzeitskleid meiner Tante und die Lederkorsage rausfliegen, ebenso wie ein Kimono, ein Samtanzug und ein wahnsinnig verruchter, durchsichtiger Morgenmantel mit Pelzbesatz. Jetzt mal im Ernst: Wie könnte ich diese Perlen wegschmeißen? Ich gebe zu, ich trage das Hochzeitskleid nicht oft und auch die Lederkorsage wird nie mein tägliches Büro-Outfit werden, aber alle diese Dinge leisten hin und wieder hervorragende Dienste. Unvergessen ist L. in meinem Paillettenkleid, als er eine Wette verloren hatte und in diesem Aufzug mit mir ein Bier trinken gehen musste. Und für die Kinder meiner Schwester ist es der schönste Moment eines Tantenbesuchs, wenn sie sich endlich über Tüll und Tafte hermachen können. Sie sollten den kleinen Leonhard (4 Jahre) in der duften Lederkorsage sehen – das tausche ich doch nicht gegen Leonhard in Mango Basics ein. Der Rat einer Frauenzeitschrift zu dem Thema ist, seinen eigenen Stil zu finden. Anschließend könne man alle Kleidungsstücke, die nicht dazu passten, einfach wegwerfen. Aber was ist denn mein Stil? Ich habe mindestens vier Stile:
Der Kurz-vor-der-Periode- und der Perioden-Stil: Da herrschen wallende Gewänder vor, lange Shirts und weite Hosen, weiche Stoffe und Lieblingsunterhosen.
Der Schmitz-Stil: Alle Kleidungsstücke, die zu einem Hundespaziergang taugen, gedeckte Farben, Kapuzen und viele Taschen sind da die modischen

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