Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
denken.«
»Das geht mir genauso«, erwiderte sie leise. »Offenbar muss all das hier einfach passieren. Ich muss aber wissen, ob ich auch noch einen Job haben werde, wenn es einmal nicht mehr passiert.«
Er stieß ein Schnauben aus, nahm ihre Hand und drückte einen Kuss auf die Innenfläche. »Etwas abzuwürgen, ohne dass es überhaupt angefangen hat, ist übel.«
Sie sah ihn lächelnd an. »Keiner von uns ist so naiv, Julian. Solche Dinge sind nicht für die Ewigkeit gemacht.«
»Nie?«
»So selten, dass man ebenso gut von nie reden kann«, erwiderte sie, obwohl sie spürte, wie ihre Gefühle sie zu übermannen drohten. »Das hier soll kein Versuch sein, dir eine ernsthafte Unterhaltung in einem unangemessenen Moment aufzuzwingen, ich will einfach nur diesen Job haben. Und ich will nicht, dass er mir durch irgendetwas vermasselt wird.«
»Dann vereinbaren wir eben, dass es nicht passieren wird. Was auch kommen mag und aus uns wird, Elena, du wirst deinen Job behalten.«
»Sagen wir lieber, was auch zwischen uns passieren wird, Job bleibt Job. Wie klingt das?«
»In Ordnung.« Er hielt ihr die Hand hin. Elena ergriff sie, und er zog sie an sich. »Aber könnten wir ungefähr noch sieben Milliarden Mal Sex haben, bis es so weit ist?« Sein heißer Atem streifte ihren Hals. »Denn ich schätze, so viele Male brauche ich, um dich aus dem Kopf zu kriegen.«
»In Ordnung«, sagte sie, und diesmal übernahm sie die Führung. Doch die ganze Zeit über hörte sie Dmitris Stimme im Hinterkopf ätzen: Er will dich doch nur flachlegen .
Aber funktionierte es nicht auch umgekehrt? Auch sie wollte ihn flachlegen. Julian Liswood mit seinen dichten Locken, dem kehligen Lachen und der dicken Zucchini. Es war alles nur eine Frage der Perspektive.
Nachdem er gegangen war, schaltete sie den Fernseher an, um sich abzulenken. Sie ging auf einen Pay-TV-Kanal und entdeckte einen von Julians frühen Horrorstreifen, möglicherweise sogar seinen ersten, mit seiner Exfrau in der Hauptrolle. Entschlossen drückte sie die Taste, um den Film anzuwählen.
Es war seltsam, Portias Mutter als blutjunges Mädchen zu sehen. Die Ähnlichkeit der beiden war frappierend, dennoch
lag eine Entschlossenheit in Portias Zügen, die sie eindeutig von ihrem Vater geerbt hatte. Es handelte sich um einen klassischen Teenie-Serienkillerstreifen – junges Mädchen, das versucht, den irren Killer auszutricksen, der sie töten will und alle umbringt, die sich ihm dabei in den Weg stellen. Der Film besaß einen erstaunlichen ironischen Humor und war mit großem Respekt gedreht, ohne auch nur den Hauch von Herablassung gegenüber dem Publikum zu zeigen.
Und er war wirklich gruselig. Elena kämpfte gegen das Bedürfnis an, nachzusehen, ob die Türen auch abgeschlossen waren. Alvin würde völlig ausflippen, wenn jemand versuchte, hier einzubrechen.
Am Ende gelang es der jungen Frau – blutverschmiert, aber triumphierend -, den Killer schachmatt zu setzen, und als sie dastand, schwer atmend und mit unübersehbaren Kampfspuren, ertappte Elena sich dabei, dass ihr die Tränen über die Wangen liefen. Es war, als habe sie mit einem Mal mehr über Julian und seine Verluste erfahren, als ihr lieb war.
In einem Anfall von Neugier klappte sie ihren Laptop auf und tippte seinen Namen ein. Augenblicklich lieferte Google sämtliche Filme, die er je gedreht hatte. Sechzehn Stück in zwanzig Jahren, angefangen mit Ernst sein ist alles , einer Geistergeschichte, die mit minimalen Produktionskosten gedreht worden war und sich nicht nur als Überraschungserfolg, sondern als Startschuss für Julians Karriere entpuppt hatte.
Zu seinen größten Erfolgen gehörten drei Geistergeschichten, ein historischer Vampirstreifen, der Kultstatus besaß, eine düstere Romancegeschichte und jede Menge Slasherfilme.
Wie auch immer – Julian brachte in seinen Filmen entweder Killer um oder ließ Tote wiederauferstehen.
Fest entschlossen, sich nicht weiter mit ihren eigenen Toten
zu beschäftigten, schaltete sie das Licht aus und nahm sich vor, sich eine anständige Mütze voll Schlaf zu gönnen. Als sie die Augen schloss, sah sie sein erschüttertes Gesicht beim Anblick ihres Altars am Nachmittag. Ehe sie der Schlaf übermannte, überlegte sie, was sie als Nächstes für ihn kochen könnte, was dieses hungrige, hungrige Herz zufriedenzustellen vermochte.
Schwarzweiß-Postkarte von Paris mit einer Frau, die rauchend in Montmartre sitzt
Liebe Elena,
wie lange soll das noch
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