Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
Skifahren? Hier gibt es ja weiß Gott genug Möglichkeiten, Ski zu fahren.«
»Vergiss es, Dad. Ich werde nicht Ski fahren. Davon bekommt man nur fette Oberschenkel.«
»Muskulöse Oberschenkel«, korrigierte er und hob die Hand, um jede weitere Auseinandersetzung im Keim zu ersticken. Er hatte Aspen ausgewählt, weil er der Überzeugung war, dass sie nicht hier leben konnte, ohne der Versuchung der Hänge auf lange Sicht zu widerstehen. »Okay. Dann eben Tiere.«
»Ich überlege es mir. Kann ich jetzt ins Internet?«
Grinsend stellte er ihr den Laptop in den Schoß. Sie durfte nur über sein Notebook ins Internet und nur in seiner Gegenwart. Wahrscheinlich pilgerte sie zwar trotzdem regelmäßig in Internet-Cafés, aber auch dort waren gefährliche
Seiten gesperrt, deshalb drückte er ein Auge zu. »Du musstest mich nur fragen.«
»Das ist auch total blöd«, sagte sie und klappte den Laptop auf.
»Kann sein.« Er kritzelte weiter Kreise auf seinen Block. Kummer, schrieb er in einen.
»Du hast doch überhaupt keine Zeit, jeden Schritt von mir zu überwachen. Du musst Leute treffen, Filme machen.«
Er grinste, ohne aufzusehen, und zog eine Linie zwischen zwei Kreisen. Abgrund , schrieb er in den zweiten.
»Arbeitest du gerade an einem neuen Film?«
»In gewisser Weise. Aber es läuft nicht so richtig.«
Sie tippte etwas und wartete. Ihr Gesicht mit der zarten, feinporigen Haut war in bläulich weißes Licht getaucht. »Wenn du mich fragst, sind diese Slasherdinger sowieso total out.«
»Das ist auch meine Meinung, Schatz, aber die Leute wollen sie trotzdem sehen.«
»Das Leben ist kurz, Dad. Vielleicht solltest du ja einen Film drehen, hinter dem du wirklich stehst.«
Er stieß ein Knurren aus und dachte an all seine Verpflichtungen. Tonnenweise. Verpflichtungen, von denen die seiner Tochter gegenüber noch die geringste war. Im Moment schienen brutale Slasherstreifen irgendein Bedürfnis in den Menschen zu befriedigen. Vielleicht war es eine Reaktion auf den Krieg, und er konnte diesen Trend nicht einfach ignorieren.
Doch als er seine Tochter ansah, wurde ihm der Grund für sein Widerstreben bewusst. Er wollte keinen Film über eine junge, unverbrauchte Frau drehen, die das Opfer durchgeknallter mieser Typen wurde.
Puh.
»Was ist?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht hast du ja recht. Ich denke darüber nach.«
»Werwölfe«, sagte sie, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. »Werwölfe finde ich gut.«
Er lachte leise. »Das kann ich mir vorstellen.«
Am Freitag bereitete Elena ihre Mise en place für das Essen vor, das sie für ihren neuen Boss geplant hatte. Sie musste einen Stapel Kochbücher von der Arbeitsplatte auf den Boden legen; dicke Wälzer, die sie für ein Brainstorming in der Leihbibliothek geholt hatte, und legte das Schweinefleisch, die Zwiebeln, das Schneidebrett mit ihren extrem scharfen und teuren Messern, Karotten, Sellerie und die Kräuter bereit.
Licht fiel durchs Fenster herein, eine runde, fahle Pfütze, die wie ein dicker Mond über der Arbeitsplatte hing. Elena band ihr Haar im Nacken zusammen. Dann legte sie eine CD von Norah Jones ein, weich, rauchig und leicht mitzusingen, und rollte die Ärmel hoch. Irgendetwas an dieser Küche erinnerte sie an den Hauswirtschaftsunterricht auf der Junior Highschool.
Sie begann, die Karotten in gleichmäßige Scheiben zu schneiden, und gestattete ihren Gedanken, auf Wanderschaft zu gehen. Sie dachte an die Schulzeit zurück, die sie größtenteils tödlich gelangweilt hatte. Diese uninspirierte Gleichförmigkeit, die ewig wiederkehrenden Fragen der Schüler. Wann immer sich Priester über die Erbsünde ausließen und davon sprachen, dass alles Böse auf der Welt seinen Ursprung einzig und allein in Eva habe, musste Elena an ihre Schulzeit denken.
Erst auf der Junior Highschool wurde es besser – sie betrat das Klassenzimmer für den Hauswirtschaftsunterricht und war förmlich überwältigt von der winzigen Lehrküche
mit den Einzelherden, Kühlschränken und Spülbecken. Isobel, die für die traditionell weibliche Betätigung des Kochens nur Hohn und Spott übrig hatte, belegte lieber Werken und befasste sich mit Metall und Holz, aber Elena schwebte im siebten Himmel. Sie liebte die mit Backblechen und Brätern bestückten Küchenschränke, die Schubladen voller Besteck und die zueinanderpassenden Schüsseln und Schalen aus bruchfester Keramik. Es gab alles, was man sich nur vorstellen konnte –
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