Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
beruhigenden Namen Candy rief innerhalb weniger Minuten zurück und gab Elena einen Termin für zehn Uhr. In der Zwischenzeit würde sie einen Spaziergang machen, der ihre Glieder hoffentlich ein wenig lockerte, und sich im Restaurant an die Arbeit machen. Sie nahm Alvins Leine und zog ihre Laufschuhe an. Nach wenigen Metern wurde ihr bewusst, dass eine neue Jahreszeit vor der Tür stand – was bislang noch strahlend blau und leuchtend gelb gewesen war, nahm bereits die düstereren Schattierungen des bevorstehenden Winters an. Über den blauen Bergen hingen tiefe graue Wolken, flauschig wie Angorawolle. Sie musste zurückgehen, um eine Jacke zu holen, und nahm sich vor, sich in den nächsten Tagen einen Schal und Handschuhe zu besorgen.
Alvin und sie gingen zum Weg am Fluss hinunter, wobei sie dem einen oder anderen Jogger in Lycra-Outfit begegneten, mit Handschuhen bewaffnet und mittels Ohrstöpsel vom Rest der Welt abgekoppelt. Die herzförmigen Blätterhaufen raschelten unter ihren Sohlen, als sie am Fluss entlangging, aus dem die Kälte aufstieg wie ein böses Omen.
Das Foto in dem Klatschblatt störte sie eigentlich nicht. Ein berühmter Regisseur sollte von Fotografen verfolgt werden, und was kümmerte es sie, was man über sie beide schrieb?
Dmitris Mail hingegen ärgerte sie. Dieser elende Mistkerl. Konnte nicht ertragen, dass sie erfolgreich war, auch
wenn er selbst keinen Grund zur Klage hatte. Seine Eifersucht nervte sie, weil es nicht die Eifersucht eines Mannes war, der eine Frau besitzen wollte, sondern die eines Kochs, der versuchte, einen anderen niederzumachen – genauer gesagt, eines männlichen, der versuchte, einen weiblichen niederzumachen.
Doch als sie weiterging und ihre Wangen allmählich kalt wurden, überfiel sie wieder dieses brennende Gefühl des Verlusts, auch wenn es pervers erscheinen mochte: der Verlust ihres Geliebten, ihres Freundes, ihres Verbündeten in allen Lebenslagen. Es hatte ihnen so viel Freude bereitet, das Blue Turtle aufzubauen. Und Dmitri war so echt, so voller Leben, so sexy und lustvoll. Kochen, Essen, Frauen, Sex, Musik, Tanzen, Reisen – Dmitri griff mit beiden Händen danach, verschlang es förmlich. Er rauchte zu viel, trank zu viel, konnte keiner Frau länger als ein paar Monate treu sein, und dennoch fühlte sich die Welt in seiner Gegenwart hundertmal leuchtender an.
Tränen brannten in ihren Augen. Wieso dachte sie überhaupt an ihn? Wieso schmerzte der Gedanke an ihn? Wieso konnte sie nicht wie jede andere Frau einer nicht funktionierenden Beziehung einfach den Rücken kehren? Sie hatten gute Zeiten gehabt. Sie hatten ein Restaurant aufgebaut, sich geliebt, ein paar anständige Jahre miteinander verlebt. Das war mehr, als viele andere Leute von sich behaupten konnten.
Aber hier ging es in Wahrheit gar nicht um Dmitri, richtig? Sie war nur so schrecklich erschöpft, so müde. Müde, ständig von vorn anzufangen, wieder und wieder. Vor Dmitri war es Andrew gewesen. Und vor Andrew hatte es eine lange Phase gegeben, in der sie bis auf ein paar unverbindliche Begegnungen die Finger von den Männern gelassen hatte. Damals hatte sie sich Hals über Kopf in ihre Arbeit verliebt,
hatte gelernt, gekocht und sich die Hierarchie hinaufgearbeitet. Davor hatte es Timothy gegeben, ein Engländer, den sie in Paris kennengelernt hatte. Vor Timothy …
Ach, unwichtig. Sie war deprimiert wegen des Traums, das war alles. Wegen ihrer Liebe, die längst vorüber war. Natürlich erschien Edwin ihr perfekt – schließlich war es lange her. Sie schniefte.
Und sie wollte, dass Mia endlich kam, verdammt! Sie brauchte eine zweite Frau in dieser Küche. Unbedingt. Patrick war ein erstklassiger Verbündeter, aber eben keine Frau. Außerdem war er heute nach Denver gefahren, um einige Dinge im Hinblick auf die Innenausstattung zu klären.
Der Spaziergang lockerte ihre Glieder ein wenig, so dass sie, als sie ins Restaurant kam, zumindest arbeitsfähig war. Alvin rollte sich brav auf seiner Decke auf der Veranda zusammen, doch wenn die Stürme erst einmal eingesetzt hätten, würde er nicht mehr den ganzen Tag draußen bleiben können, auch wenn er ein dickes Fell hatte. Sie würde sich die Hundetagesstätte ansehen müssen, die Julians Tochter erwähnt hatte.
Die erste Stunde hatte sie die Küche für sich allein, erstellte Listen und nahm Bestellungen an. Die Chef-Barkeeperin war bereits da und bestückte die Regale mit Gläsern und Flaschen. Elena unterhielt sich eine Weile
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