Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
»Geh und mach etwas zu essen«, sagte Isobel. »Ich bin hier.«
Julian stand im weichen morgendlichen Sonnenlicht in der Küche und kochte Kaffee, als Alvin hereingetrottet kam. Der Hund blieb stehen, um sicher zu sein, dass Julian ihn auch bemerkte, ehe er vor den Glastüren Posten bezog. Julian ließ ihn hinaus und wartete, während Alvin das Gestrüpp neben einem Baum bewässerte. Dampf stieg aus dem Schnee auf.
Es war ein herrlich klarer Tag mit einem Himmel, der einen geradezu irreal blauen Kontrast zum glitzernden Schnee bildete. Bis zum Ende des Tages wäre der Schnee bestimmt längst geschmolzen, aber es würde nicht lange dauern, bis er sämtliche Hänge bedeckte.
Der Hund kam zurück. Julian ließ ihn wieder ins Haus und tätschelte seinen seidigen Kopf. Alvin war der sanftmütigste Hund, den Julian je gesehen hatte. »Ich wette, du hast Hunger.«
Alvin wedelte mit dem Schwanz und ließ sich eine Schüssel Futter und etwas Wasser geben, doch es war offensichtlich, dass er auf jemanden wartete. Höflich saß er neben dem Küchentresen, kerzengerade und mit gereckter Brust, und musterte ihn artig. »Was ist?«, fragte Julian.
Der Schwanz fegte über den Boden. Sein Maul stand leicht offen, so dass die lila Zunge zu erkennen war.
»Oh, jetzt verstehe ich«, sagte Julian. »Du möchtest, dass dein Frauchen kommt, stimmt’s?«
Er hechelte.
»Lass mich nur eine Tasse Kaffee machen, dann bringe ich dich zu ihr.«
»Dad«, sagte Portia hinter ihm. »Er ist ein Hund. Er spricht kein Englisch.«
Verdammt , dachte Julian. Er musste zugeben, dass er eine vage Vorstellung davon gehabt hatte, wie er Elena aufwecken würde. »Hey, Schatz.«
Portia, in rosa Flanellschlafanzughosen und einem weiten
T-Shirt, pflanzte sich auf einen der Barhocker. Ihr Haar schimmerte im hellen Sonnenlicht wie flüssiges Silber. »Hi. Ich hab Hunger.«
»Du? Hunger?«
Sie gähnte. »Es ist Sonntag. Ich bin’s leid, ständig nichts zu essen. Vielleicht gehe ich ja später laufen oder so. Und dafür braucht man Energie.«
Er nickte und fragte sich, was er ihr zum Frühstück vorsetzen könnte. Er wollte nicht in die Stadt fahren, aber gab es hier irgendetwas, woraus sich etwas Essbares zaubern ließ? »Tiefkühlwaffeln?«
»Nichts als Transfette und Weißmehl, Mann.«
»Oh. Tut mir leid. Hmmm.« Die Kaffeemaschine hörte auf zu gurgeln, und er schenkte zwei Tassen ein.
»Was machst du da?«, fragte sie. »Ich trinke keinen Kaffee.«
»Einer ist für Elena«, antwortete er automatisch.
Pause. »Sie hat die Nacht hier verbracht?«
»Nicht wie du denkst.« Er drehte sich um und sah sie an. »Sie schläft im Gästezimmer.«
Sie hob die Hände. »Geht mich nichts an.«
»Doch, das tut es.« Er nahm seine Brille ab, griff nach einem weichen Tuch auf der Arbeitsplatte und polierte die Gläser. »Du wohnst schließlich auch hier. Ich würde nichts tun, was dir widerstrebt, Portia.«
Sie starrte ihn einen Moment lang an – tausend kleine Situationen, in denen er genau das Gegenteil getan hatte, spiegelten sich auf der schimmernden Oberfläche ihrer Iris wider. Beschämt wandte er den Blick ab. »Wirklich?«
Er nickte. »Wirklich.«
»Okay, aber wenn ich ganz ehrlich sein soll: Es ist echt schräg, wenn der Freund oder die Freundin deiner Eltern über Nacht bleibt.«
»Sie ist nicht meine Freundin. Sondern unsere Küchenchefin.«
»Schon klar«, konterte Portia.
»Hallo. Ich warne dich – ich bin hier«, drang Elenas Stimme von der Tür her.
Schwanzwedelnd lief Alvin auf sie zu, mit gesenktem Kopf, buckelnd wie eine Katze, und rieb sich an ihren Beinen, bis Elena lachte, ein leises, erdiges Glucksen, und etwas mühsam in die Hocke ging, um ihn zu küssen, sein Fell zu rubbeln und ihn zu umarmen.
»Es war entsetzlich«, meinte sie mit rauer Stimme, »du hast mir so gefehlt.« Sie legte die Hände um Alvins Gesicht und drückte einen Kuss auf seine samtige Schnauze, dann zwischen seine Augen, woraufhin Alvin ein leises behagliches Schnauben von sich gab. Und höflich ihre Nase leckte.
Julian beobachtete die beiden. Elenas langes glattes Haar hing ihr lose über die Schultern, und zum ersten Mal fiel ihm eine dünne, verblichene Narbe über ihrem Schlüsselbein auf. Aus einem unerklärlichen Grund musste er an seine Mutter denken.
Augenblicke später stand sie auf, und Julian registrierte ihre verquollenen Augen, die auffallende Blässe ihres Gesichts. »Alles klar?«, fragte er.
»Mehr oder weniger«, antwortete
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