Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
Schubladen, Schränke, um ihren Inhalt zu inspizieren. »Hmm. Ich sehe nirgendwo einen Messlöffel.«
Irgendetwas war heute Morgen anders an ihr, und endlich wusste Julian, was es war. »Sie humpeln ja gar nicht.«
Sie runzelte die Stirn. »Humple ich oft? Ivan hat es gestern Abend auch erwähnt. Das war mir nicht bewusst.«
»Nicht sehr. Nur ein bisschen, wenn Sie müde sind. Trotzdem, Sie bewegen sich heute wesentlich müheloser als sonst.«
»Das liegt am Tequila. Wenn ich Lust auf ein Leben als Säuferin hätte, gäbe es keine Schmerzen.«
»Wo wir gerade von Säufern sprechen – wie lief es gestern eigentlich mit Ivan?«
»Gut.« Sie öffnete eine Schublade und nahm einen Messlöffel und -becher heraus. »Er hat nicht so viel getrunken, wie ich erwartet hätte. Vielleicht hat er ja beschlossen, ein neues Kapitel in seinem Leben zu beginnen.«
»War das ein Test?«
Sie sah ihm in die Augen. »In gewisser Weise. Aber in erster Linie ging es darum, die Küche zu präsentieren, für die ich verantwortlich bin.«
Er nickte. »Und wie lief es für Sie?«
»Ich habe gewonnen. Außerdem haben wir eine stattliche Anzahl an Leuten aus den hiesigen Restaurants bekocht, was uns noch zusätzlichen Respekt einbringt.«
»Hervorragend.«
»Geben Sie mir bitte das Mehl«, bat sie und zeigte auf die Tüte. »Und jetzt steht uns unsere große Woche bevor, was?«
»Ja. Wie fühlen Sie sich?«
»Offen gestanden, gut. Morgen Abend findet die große Tamale-Sause statt, bei der wir Tonnen davon vorbereiten werden. Und als ich das letzte Mal mit Mia gesprochen habe, wollte sie gerade in den Flieger steigen. Patrick sollte jeden Augenblick mit ihr hier sein.«
»Gut.«
»Das Probeessen für die Angestellten machen wir morgen, und Ihre Party findet am Freitag statt, stimmt’s? Wir müssen übrigens dringend die Speisekarte in Druck geben. Und am Sonntag steigt die inoffizielle Eröffnung.«
»Wirklich aufregend.«
Sie lächelte ihn an. »Allerdings.«
In diesem Augenblick läutete ihr Handy auf dem Küchentresen. Stirnrunzelnd musterte sie es. »Stört es Sie, wenn ich rangehe? Das ist Patrick. Er wollte Mia abholen.«
»Bitte.«
Sie wandte sich ab, und Julian schlenderte ans Fenster, um ihr Gelegenheit zu geben, in Ruhe zu reden. Der frisch gefallene Schnee ließ die Luft so klar und sauber wie ein Glas frisches, kaltes Wasser wirken. Er kreuzte die Arme vor der Brust, dachte an Portias Weigerung, Skifahren zu gehen, und überlegte, wie er sie zu einem Sinneswandel bewegen könnte. Vielleicht könnten sie ja eine Schneeschuhwanderung machen, die ihre Lust aufs Neue entfachte.
Wann hatte dieser Schlankheitswahn eigentlich angefangen? Er hatte das Gefühl, als hätte es gestern noch massenweise
normal schlanke Mädchen, üppigere mit vollen Brüsten und herrlich geformten Hinterteilen und wieder andere mit der durchtrainierten Muskulatur von Athletinnen gegeben.
Und dann erschienen zu den Castings schlagartig nur noch Hungerhaken.
»Du schaffst das schon, Patrick. Ich vertraue deinem Urteilsvermögen voll und ganz«, hörte er Elena hinter ihm sagen.
Er drehte sich um. Sein Blick blieb an der weißen Haut über ihrem Schlüsselbein hängen, an der Linie ihres Halses. Wanderte über ihre zarten Handgelenke, ihre abgearbeiteten Hände, zu ihren Brüsten, die viel deutlicher sichtbar waren als im Restaurant, wo sie sie unter weiten T-Shirts oder der weißen Kochjacke versteckte. Sehr schöne Brüste, voll und natürlich.
Ihre Lippen waren schmal, als sie auflegte.
»Ein Problem?«, fragte er.
»Mia kommt nicht. Sie ist verliebt, und der Mann, mit dem sie zusammen ist, will sie nicht gehen lassen. Das heißt, ich habe keinen Patissier. Patrick versucht, jemanden in Denver aufzutreiben. Er hat ein paar Verbindungen dort.«
Julian zuckte mit den Schultern. »Das sollte nicht allzu schlimm sein. Die Karte ist exzellent.«
Eine Hand in die Hüfte gestemmt, starrte sie ins Leere und nickte. »Ich bin völlig hingerissen von Ivans Baklava«, sagte sie und fuhr sich bei der Erinnerung daran mit der Zunge über die Unterlippe. »Er ist unglaublich talentiert.«
Es war unverkennbar Eifersucht, die sich in Julians Eingeweide schnitt, doch er unterdrückte sie. »Genau aus diesem Grund wollte ich ihn ja behalten.«
Portia kehrte in die Küche zurück. »Also, was kann ich tun?«
Julian sah sie verblüfft an – Portia bot ihre Hilfe im Haushalt an? -, war jedoch klug genug, nicht weiter darauf einzugehen. »Ich muss
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