Das Gluehende Grab
gut funktionierten wie vor einer
Viertelstunde. Bella schaltete ihre Lampe zum dritten Mal ein und
aus. »Bist du dir sicher, dass es ungefährlich
ist?« Sie musterte die Tür. In dem Eichenholz waren
tiefe Risse, die entweder durch schweren Druck oder durch Hitze
entstanden sein mussten. Die großen, schmalen Fenster rechts
und links vom Eingang waren mit verbeultem Wellblech verrammelt
– Magnús’ Versuch, sein Haus zu retten.
»Mir gefällt das nicht, und ich weiß wirklich
nicht, warum ich da reingehen soll. Ich stehe lieber Schmiere wie
beim letzten Mal. Das Haus stürzt bestimmt ein.« Bella
hatte ein Flehen in der Stimme. Zur Untermauerung ihrer
Befürchtungen stieß sie leicht gegen eine
Wellblechplatte. Natürlich fiel die Platte mit einem dumpfen
Knall herunter, sodass Bella zur Seite springen musste. »Da,
siehst du, Dóra?«
»Komm
schon, stell dich nicht so an.« Dóra hatte
überhaupt keine Lust, alleine hineinzugehen, und wollte
jemanden zum Reden dabeihaben. »Beeilen wir uns – es
macht dir bestimmt Spaß, {265 }wenn wir erst mal drin
sind.« Dóra trat mit dem Fuß gegen die
Eingangstür, die sich mit einem leisen Knarren öffnete.
Dabei wirbelte Staub und Ruß auf und tanzte im Schein von
Dóras Taschenlampe.
»Ist
bestimmt total gefährlich, das Zeug einzuatmen«, sagte
Bella.
»Wenn du
draußen warten würdest, würdest du mindestens zwei
Zigaretten rauchen. Das ist eine richtige Erholung für deine
Lungen hier drinnen.« Dóra ging ein paar Schritte ins
Haus. Sie drehte sich um. »Jetzt komm
schon!«
Die korpulente
Sekretärin verzog das Gesicht und setzte sich endlich in
Bewegung. Sie hielt sich die Nase zu und nuschelte etwas
Unverständliches in ihren Ärmel. Der Blick, den sie
Dóra zuwarf, sprach Bände. Dóra versuchte zu
lächeln, was ihr misslang, da sie den Mund nicht öffnen
wollte. Vorsichtig ging sie in Richtung Kellertür. Zum
Glück folgte ihr Bella. Das einzige Licht kam von ihren
Taschenlampen. Mit unsicheren Schritten tasteten sie sich über
den schmutzigen Fußboden, obwohl dort kaum etwas war,
über das man hätte stolpern können. Offenbar hatte
die Polizei alle losen Gegenstände zur Seite geschoben.
Dóra verdrängte die Vorstellung, wofür sie Platz
geschaffen hatten. Aber es war klar. Irgendwie mussten sie die drei
Leichen nach draußen transportieren.
»Ist das
die Kellertür?«, fragte Bella, als Dóra stehen
blieb. »Soll ich nicht lieber hier warten?« Bella
schaute sich um und hustete. »Dann kann ich Hilfe holen, wenn
zum Beispiel der Fußboden in den Keller
einbricht.«
Dóra
wusste, dass die Luft weiter unten noch schlechter war, traute sich
aber nicht, es Bella zu sagen. »Du kommst mit.« Sie
öffnete die Tür und beleuchtete die Treppe. »Wir
sind ganz schnell wieder oben.« Sie betrat den Treppenabsatz
und stieg vorsichtig die Holztreppe hinunter. Dann leuchtete sie
den Keller aus, um sich zu vergewissern, dass die Polizei die
Leichen auch wirklich weggeräumt hatte. Alles, was beim
letzten Mal an den {266 }Wänden gelehnt und auf dem
Fußboden gestanden hatte, war verschwunden. Dóra
stöhnte.
»Was ist
los?«, fragte Bella, »stimmt was nicht?« Bella
ließ den Schein ihrer Taschenlampe ebenfalls durch den
dunklen Keller wandern.
»Sie
haben alles rausgeräumt. So ein
Mist!«
»Aber
damit war doch zu rechnen. Vielleicht hat der Rumpf hier in
Einzelteilen rumgelegen, und die Polizei wollte sichergehen, dass
nichts vergessen wird.«
»Das
bezweifle ich«, sagte Dóra entnervt und ging tiefer in
den Keller hinein. »Die Gegenstände sind entfernt
worden, weil das ein ungewöhnlicher Tatort ist. Hier ist seit
vierunddreißig Jahren niemand mehr gewesen. Man kann
unmöglich wissen, was den Bewohnern und was dem Mörder
gehören könnte.« Sie schaute sich noch einmal um.
»Sie mussten alles rausholen, damit sie es sich unter
normalen Bedingungen anschauen
können.«
»Sind
wir dann fertig? Du hast gesagt, es geht ganz
schnell.«
»Nein,
sind wir nicht. Die Abstellkammer ...« Dóra leuchtete
der Reihe nach die Wände ab und ging auf zwei
nebeneinanderliegende Türen am Ende des Raumes zu. »Oben
haben sie ja auch nicht alles
leergeräumt.«
»Ich
mache diese Türen jedenfalls nicht auf.« Bella hustete
wieder, jeder Atemzug war von einem unangenehmen Geschmack
begleitet, der an ein vermodertes Buch erinnerte. »Vielleicht
ist da der Rumpf drin.«
»Natürlich
hat die Polizei das überprüft«, sagte Dóra.
»Ausgeschlossen, dass der Rumpf
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