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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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hier im Haus ist.«
Trotzdem spürte Dóra, wie ihr Magen sich zusammenzog.
Sie legte ihre Hand auf die Klinke und öffnete mit
geschlossenen Augen die erste Tür. Sie wusste, dass Bella ein
Stückchen hinter ihr stand und ihr Gesicht nicht sehen konnte.
Dóra wartete zwei Sekunden, und als Bella keinen Schrei
ausstieß, öffnete sie wieder die Augen. »Ich hasse
Abstellkammern«, rutschte es Dóra heraus, als sie
Reservereifen, Batterien, Werkzeuge und undefinierbare Ersatzteile
erblickte. {267 }»Die Polizei hat die Sachen immerhin
bewegt.« Sie zeigte auf weiße Schubkarrenspuren auf dem
Fußboden.
    »Glaubst
du, dass dieser Krempel wirklich hier ist?« Bella steckte den
Kopf durch die Türöffnung. »Die Bücher und
so?«
    Dóra
schüttelte den Kopf. »Wohl eher nicht. Diese Kammer
wurde anscheinend als Garage benutzt. Seine Bücher hätte
der Alte wohl nicht hier aufbewahrt. Versuchen wir es mit der
anderen.« Dóra öffnete die zweite Tür auf
dieselbe Weise. Als sie die Augen wieder aufmachte, war ihr klar,
dass sie so schnell nicht wieder nach oben kommen würden. Alle
Wände in der großzügigen Kammer waren mit Regalen
voller Kisten und anderen Sachen bedeckt.
    »Ach du
Scheiße!«, rief Bella. »Willst du das alles
durchgucken?« Sie trat hinter Dóra in die
Abstellkammer und zeigte auf Fingerspuren in einem der Regale.
»Die Polizei hat das offenbar schon gemacht. Hier
gibt’s bestimmt nichts
Interessantes.«
    Dóra
öffnete die erste Kiste. »Es dauert nicht lange«,
sagte sie gedankenverloren und leuchtete in die Kiste. »Wir
suchen Bücher, einen Kompass und Geld. Münzen, soweit ich
weiß.«
    Bella
stöhnte und ging zu dem Regal auf der gegenüberliegenden
Seite. »Das sagst du so.« Sie hob eine alte
Kindermütze auf. »Hier herrscht komplettes Chaos«,
sagte sie und reckte sich nach einem verbogenen Fischmesser.
»Warum schmeißen die Leute solchen Mist nicht einfach
weg?«
    »Das
waren noch andere Zeiten damals.« Dóra kramte in der
Kiste herum und musste daran denken, wie es in ihrer eigenen
Abstellkammer aussah. Hoffentlich wurde ihr Haus nie von Asche
verschüttet, sodass fremde Leute später fassungslos ihre
Sachen durchwühlten. »Man hat die Dinge einfach viel
länger benutzt, und das meiste war teurer als
heute.«
    »Aber
Haare wohl kaum«, sagte Bella.
»Igitt.«
    Dóra
kümmerte sich nicht um Bellas Gejammer, denn unten in der
Kiste glitzerte etwas, das wie eine Münze aussah.
»Manche Leute heben Haarsträhnen ihrer Kinder auf. Das
ist ziemlich weit {268 }verbreitet, auch wenn mir nicht ganz klar
ist, warum man das macht.« Sie langte mit der Hand auf den
Boden der Kiste und zog zwei Teelöffel heraus, die sie sofort
wieder fallen ließ. Sie schloss die Kiste und nahm die
nächste.
    »Das ist
bestimmt nicht von einem kleinen Kind. Völlig
ausgeschlossen.«
    »Meine
Mutter hat noch Haar von meiner Oma«, sagte Dóra und
fuchtelte mit der Taschenlampe herum. »Würde sie nie im
Leben wegschmeißen.« Dóra leuchtete in die
zweite Kiste. Zuoberst lag ein Kleidungsstück mit vielen
Rüschen in einer vergilbten Plastiktüte, die einmal
durchsichtig gewesen war. Dóra zog es heraus und sah, dass
es ein Taufkleid war. Sie legte es beiseite und wühlte weiter
in den Kinderklamotten herum, die fast alle selbstgemacht,
gestrickt oder gehäkelt waren. Ganz unten in der Kiste lagen
zwei Bücher mit goldener Schrift: Die ersten Lebensjahre des
Kindes. Dóra hatte ein ähnliches Buch zur Geburt ihres
Sohnes Gylfi geschenkt bekommen und Ereignisse aus den ersten drei
Monaten ihres Erstgeborenen darin eingetragen. Dann war das Buch in
Vergessenheit geraten und nicht mehr benutzt worden. In der Kiste
waren noch weitere Dinge für Kleinkinder: Teller, ein
silbernes Besteck und ein Fläschchen. »Hier sind nur
Kindersachen«, sagte sie zu Bella. »Gibt’s bei
dir außer Haarsträhnen noch was?«
    »Alte
Schwimmsachen«, antwortete Bella. »Ich glaube, die sind
verschimmelt. Stinkt fürchterlich.«
    Im
selben Moment bemerkte Dóra, dass das Fläschchen
ungewöhnlich schwer war. Sie beleuchtete es mit der
Taschenlampe und sah, dass etwas darin lag. »Was ist das
denn?« Sie drehte den Sauger ab.
    »Was?«
Bella blickte von den Schwimmsachen auf.
    Mit einem
dumpfen Knall fiel ein Fischtöter aus dem Fläschchen.
»Wer bewahrt denn einen Fischtöter in einem
Babyfläschchen auf?« Dóra schüttelte
sich.
    »Was
sind denn da für Flecken drauf?« Bella war zu ihr
getreten. {269 }Durch den Schein der zweiten

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