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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Arbeitszimmer meines Vaters. Ich hab es
abgehängt, weil es so eng mit seiner Geschichte verknüpft
war. Ich wollte, dass allen klar ist, dass ein neuer Mann das Ruder
übernommen hat. Trotzdem wollte ich es irgendwo hinhängen
– nur nicht ins Büro.« Leifur schmunzelte.
»Heutzutage wäre das kein großartiges Schiff mehr,
aber damals hat es ganz schön was hergemacht.« Leifur
schien das Bild wichtig zu sein, auch wenn es nicht gerade ein
Meisterwerk war. »Sie hatten das Boot erst ein Jahr, als der
Vulkan ausbrach, und mein Vater und þorgeir waren sich
uneinig, wie es {105 }weitergehen sollte. Vater wollte
weitermachen, aber þorgeir hat einfach aufgegeben und sich
von ihm auszahlen lassen.«  
    »Ich bin
auf eine alte Meldung über einen Trawler gestoßen, der
wegen Versicherungsbetrugs versenkt wurde. Das zeigt doch, dass das
Geschäft ziemlich schwierig war.«
    »Stimmt«,
sagte Leifur. »Eine Zeitlang war es eine ungeheure Plackerei.
Zum Glück ist es nie so weit gekommen, dass mein Vater auf
eine solche Art und Weise die Notbremse ziehen musste, aber er war
bestimmt nicht weit davon entfernt.«
    »Hatte
dein Vater Geld, bevor er die Reederei aufgebaut hat?«
Dóras Blick wanderte von dem Gemälde zu Leifur.
»Ich weiß nicht sehr viel über Schiffe, aber sie
kosten bestimmt einen Haufen Geld.«
    Leifur
lächelte. »Nein, er war ganz bestimmt nicht reich. Er
hat alles zusammengekratzt, um seinen Anteil zu bezahlen, und das
war nur ein Bruchteil des Gesamtwerts. þorgeir und er haben
einen Kredit aufgenommen und alles verpfändet, was sie hatten.
Deshalb musste mein Vater þorgeir nur dessen Anteil
auszahlen. In den ersten Jahren war kein Gewinn in Sicht, es war
völlig ungewiss, ob er das Schiff nach dem Ausbruch noch
würde halten können. Ein Teil der Sicherheiten ist mit
unserem Haus den Bach runtergegangen. Das hat die Finanzierung noch
schwieriger gemacht.« Leifur trank einen Schluck Wein.
»Aber Vater hat nicht aufgegeben, trotz aller Widrigkeiten.
Er ist sogar immer enthusiastischer geworden. Er hat es geschafft,
das Schiff zu halten, und noch während des Vulkanausbruchs
für wenig Geld eine der Fischfabriken hier im Hafen gekauft.
Die vorherigen Eigentümer hatten sie so gut wie abgeschrieben,
aber er hat sie wieder auf Vordermann gebracht, sogar noch vor Ende
des Ausbruchs. Niemand hat an ihn geglaubt. Damals haben alle
gedacht, sämtliche Besitztümer auf den
Westmännerinseln wären wertlos.«
    »Wie
konnte dein Vater eigentlich weiterarbeiten?«, fragte
Dóra. »Konnte man trotz des Vulkanausbruchs zum
Fischen rausfahren?«
    »Ja, die
Flotte der Westmännerinseln hat damals einen Rekordgewinn
eingeholt. Vater hat mehr gefischt als je zuvor, ist aber erst
wieder auf der Insel angelandet, nachdem er die Fabrik gekauft
hatte. Er war tüchtig und hatte Glück. Durch die guten
Erträge und die Inflation konnte er mit der Zeit den Kredit
abzahlen und eine Menge Geld verdienen. Als die Fabrik in Betrieb
war, hat er die Zahl der Schiffe langsam erhöht, dann kam ein
Trawler dazu, dann noch einer und so weiter. Seine
Hartnäckigkeit hat ihm geholfen, während sein Freund
aufgegeben und am Ende den Kürzeren gezogen
hat.«
    »Ich hab
in Kjartans Büro ein Foto von deinem Vater mit diesem
þorgeir und ein paar anderen Männern gesehen. Einer von
ihnen war der Polizeichef Guðni. Offenbar gehörte er auch
zum Freundeskreis deines Vaters. Aber soweit ich es verstanden
habe, war die Freundschaft irgendwann
vorbei.«
    Leifur
schüttelte den Kopf. »Nein, Vater und Guðni waren
immer befreundet. Kjartan war irgendwann beleidigt, weil eine
Alkoholschmuggelgeschichte aufgeflogen ist. Er hat damit gerechnet,
dass Guðni aus alter Freundschaft seinen Part bei der
Schmuggelei unter den Tisch fallen lassen würde. Vater hatte
mit der Sache Gott sei Dank nichts zu tun. Keine Ahnung, warum
Kjartan auf dieser alten Geschichte rumreitet, die Untersuchung
wurde damals eingestellt.« Leifur räusperte sich und
nestelte an seinem Hemd herum. Dóra hatte das Gefühl,
dass er nicht ganz die Wahrheit sagte. Leifur schaute sie fragend
an. »Hast du irgendwelche Schwierigkeiten mit
Guðni?«
    »Nein.«
Dóra zögerte. »Nicht im Geringsten. Hoffentlich
wird der Fall gelöst, bevor es dazu
kommt.«
    Leifur hatte
auf einmal einen bitteren Zug um den Mund und schien etwas sagen zu
wollen, als María und Bella in Rauchwolken gehüllt
wieder im Wohnzimmer erschienen. Zu Dóras Erleichterung gab
es Lammkeule als Hauptgericht. Sie

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