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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Eltern erwarteten seriöse Anwälte
– vorzugsweise männliche. Deshalb hatte Dóra ihre
besten Schick-aber-keine-Party-Klamotten mitgenommen.
    Sie
drückte auf die Klingel und stand kerzengerade vor der
Eingangstür. Leifurs Frau öffnete. Sie roch leicht nach
Alkohol und trug eine adrette Burberry-Bluse und einen passenden
Rock dazu. Dóra wusste, dass die Frau sofort ihr billiges
Outfit registrierte.
    »Na
endlich.«
    »Oh, ich
wusste nicht, dass ich so spät bin.« Dóra schaute
auf die Uhr. Sie war sechs Minuten zu spät. »Ich hab
mich verfahren.«
    »Verfahren?
Auf den Westmännerinseln?« María erwartete gar
keine Antwort und winkte Dóra herein. »Klara wartet
schon«, sagte sie und ging ins Haus. Dóra folgte ihr
kleinlaut und hoffte, dass ihr Hintern mit fünfzig auch noch
so knackig aussehen würde. Ihre einzige sportliche
Betätigung bestand zurzeit aus Babysitten, wovon sie
allenfalls muskulöse Oberarme bekam. Sie tröstete sich
mit dem Gedanken, dass sie die elegante Dame zumindest im
Armdrücken schlagen würde.
    Leifurs Frau
blieb vor einer Flügeltür stehen, die in ein
altmodisches, aber stilvolles Wohnzimmer führte. »Tritt
bitte ein. Sie kann dir bestimmt einiges erzählen.«
Ironisch fügte sie hinzu: »Wenn du die richtigen Fragen
stellst.«
     
     
     

23
    SAMSTAG
21. JULI 2007
    Der kühle
Blick der alten Dame erinnerte unweigerlich an ihren jüngeren
Sohn Markús. Klara hatte graues Haar, aber kaum Falten im
Gesicht, was jedoch das einzig Jugendliche an ihr war. Sie trug ein
grobgemustertes, buntes Kleid, dessen Farbenpracht den
unförmigen Schnitt überspielte. Ihre Augen hatten den
wässerigen Ausdruck eines alten Menschen, verbargen aber
keineswegs, dass sie nicht viel davon hielt, mit Dóra zu
sprechen. Klara war um die achtzig und trug ihr Alter mit
Würde, wie sie dort mit geradem Rücken in ihrem eleganten
Wohnzimmer saß. Die Lehnen und Füße der
Sofagarnitur waren mit geschnitzten Löwenklauen versehen, die
gut zu Klara passten, ebenso wie die unzähligen Kristallvasen.
Markús’ Vater tat Dóra leid. Er passte nicht in
das elegante, altmodische Bild. Er saß in einem modernen
Ledersessel mit Fußablage, trug einen dicken Jogginganzug und
einen Rollkragenpullover und hatte eine Fleecedecke um die
Schultern gelegt. Seine Füße steckten in Pantoffeln aus
Schaffell. Leifur saß neben seinem Vater. Dóra war
nicht ganz klar, welche Rolle der Sohn bei diesem Schauspiel hatte.
Vielleicht sollte er als eine Art Moralapostel darüber wachen,
dass Dóra mit ihren Fragen nicht zu weit ging. Er hatte
jedenfalls nicht erwähnt, dass er auch kommen
würde.
    »Du
kannst dich also an keine Ausländer erinnern?«, fragte
Dóra die alte Dame und fügte dann erklärend hinzu:
»Es waren {201 }wahrscheinlich Engländer, insgesamt vier
Männer.« Dóra wurde fast schwindelig von dem
starken Parfümgeruch, der von Klara ausging.
   

    »Nein,
kann ich nicht. Ich hatte im Haus viel zu tun und war nur selten
unten am Hafen, wo sich die Ausländer am ehesten rumgetrieben
haben.«
    »Ich
verstehe. Hat dein Mann damals beruflich mit Ausländern zu tun
gehabt?«
    »Ich
habe mich nie in seine Arbeit eingemischt.« Die Frau schien
die Frage als Affront anzusehen. »Magnús hat sich
alleine ums Geschäft gekümmert, so wie es damals
üblich war.« Sie warf ihrem Mann, der schweigend aus dem
Fenster schaute, einen Blick zu.   
 
    Dóra
wechselte das Thema. Vielleicht entspannte sich die Frau, wenn es
nicht direkt um sie ging. »Der Name deiner ehemaligen
Nachbarin, Valgerður Bjólfsdóttir, ist in
Verbindung mit Alda þorgeirsdóttir aufgetaucht. Ich
bin mir nicht sicher, wo da der Zusammenhang ist, und dachte, du
könntest mir vielleicht helfen.«
    »Darüber
weiß ich nichts«, sagte die Frau schon, als Dóra
den Satz noch nicht ganz beendet hatte.
    »Worüber?«
Dóra war sich sicher, dass Klara etwas zu verbergen hatte
– sie hatte noch nicht einmal versucht, sich zu erinnern.
Ȇber eine Verbindung zwischen den beiden? Alles, was
ich bisher über Valgerður und Daði gehört habe,
läuft auf dasselbe hinaus: dass sie ziemlich unausstehlich
waren. Es wäre schön, deine Meinung darüber zu
hören.«
    »Wie
soll das denn Markús helfen?«, warf Leifur ungeduldig
ein. »Ich dachte, du wolltest von meinen Eltern etwas
hören, das ihm nützt.«
    Die alte Frau
warf ihrem Sohn einen vernichtenden Blick zu. »Ich kann
selbst antworten«, zischte sie und wandte sich dann wieder an
Dóra. »Es ist kein

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