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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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gewohnt haben, ein Kind hatten.
Möglicherweise ist es gestorben, oder sie haben das Haus von
Leuten mit Kindern gekauft.«
    »Wie
soll ich das denn machen?«, fragte Bella
kurzatmig.
    »Dir
wird schon was einfallen. Vielleicht können sie dir im
Stadtarchiv helfen.«
    »Das hat
bestimmt zu«, sagte Bella mit nicht zu verhehlender
Erleichterung in der Stimme. »Heute ist doch
Samstag.«
    »Die
Bücherei hat bestimmt geöffnet, und die ist im selben
Gebäude.« Dóra wollte nicht, dass Bella sich so
leicht herausredete. »Ich bin mir sicher, dass dir jemand
aufschließen kann, vor allem, wenn du erwähnst, dass du
im Auftrag von Leifur recherchierst. Versuch einfach, forsch
aufzutreten, ohne unverschämt zu sein.« Dem
verständnislosen Gesichtsausdruck der Sekretärin nach zu
schließen, hatte sie zwar keine Schwierigkeiten damit, sowohl
forsch als auch unverschämt aufzutreten, konnte sich jedoch
nicht vorstellen, wie man beides voneinander trennte. »Du
schaffst das schon«, fügte Dóra optimistisch
hinzu, obwohl sie wusste, dass es hoffnungslos
war.
    Matthias rief
nicht wieder an, und Dóra war genervt vom Warten. Sie hatte
immer wieder aufs Display geschaut und überprüft, ob sie
auch wirklich Empfang hatte. Vielleicht hatte er es während
der Überfahrt vergeblich weiter probiert und beschlossen, mit
weiteren Versuchen zu warten. Der einzige Weg, um das
herauszufinden, war natürlich, ihn anzurufen, aber Dóra
wollte nicht zu neugierig wirken. Das könnte er missverstehen.
Es widerstrebte ihr zwar, dass sie so dachte, denn normalerweise
spielte sie keine Spielchen, aber das Problem war, dass sie einfach
nicht genau wusste, was sie wollte. Sie wollte, dass er nach Island
kam, aber sie wollte auch frei und unabhängig
sein.
    Dóra
nahm den Hörer in die Hand und wählte Matthias’
Nummer – dann würde er es eben missverstehen. Als eine
weibliche Stimme auf Deutsch verkündete, der Anschluss sei
zurzeit nicht erreichbar, legte sie verärgert auf. Vielleicht
befand sich Matthias auch auf dem Meer oder hatte sein Handy aus
beruflichen Gründen ausgeschaltet. Er war nicht der Typ, der
während der Arbeitszeit ständig mit Freunden und
Bekannten telefonierte, im Gegensatz {198 }zu Dóra, die
mindestens zehn Privatgespräche am Tag entgegennahm, meistens
von ihren Kindern. Als das Telefon klingelte, musste sie
grinsen.
    »Hi
Mama«, sagte Gylfi, »hast du eine Wohnung für das
Festival?«
    Dóra
verdrehte die Augen. Ihr Sohn war ganz schön hartnäckig.
»Nein, Gylfi, ich habe im Moment anderes zu
tun.«
    »Oh.«
Seine Enttäuschung war unüberhörbar. »Sigga
und ich haben uns schon so drauf gefreut.«
    »Es
besteht ja noch Hoffnung, Schatz. Ich habe bisher noch keine
definitiven Absagen bekommen.« Was natürlich damit
zusammenhing, dass sie seit dem letzten Mal niemanden mehr gefragt
hatte.
    »Bitte
versuch’s weiter«, bat Gylfi. »Das Festival wird
total geil. Die Jungs fahren alle hin.«
    »Wollen
die etwa zelten?« Dóra konnte sich Gylfis Freunde beim
besten Willen nicht beim Zelten vorstellen.
    »Nee.
Sie mieten eine Garage. Vielleicht kannst du ja auch so was
kriegen! Wär doch lustig!«
    Sehr lustig,
dachte Dóra. In ihrer Vorstellung passte der Begriff
»lustig« nicht wirklich zu einem Wochenende zwischen
Reservereifen und Trödelkram. »Nein, danke«, sagte
sie. »Du hast ein kleines Kind dabei und außerdem deine
Mutter im Schlepptau, die auf Dusche und Kaffeemaschine angewiesen
ist und weder einen Gartenschlauch noch eine Bohrmaschine
braucht.«
    Sie erkundigte
sich nach dem Befinden des kleinen Orri, der gerade zahnte, und
verabschiedete sich dann. Gylfi wurde seinem Vater immer
ähnlicher. Es war schon spät, sodass das Telefonat mit
ihrer Tochter Sóley aufgeschoben werden musste. Dóra
sollte pünktlich um vier Uhr bei Markús’ Mutter
sein, und obwohl es auf den Westmännerinseln nicht viele
Straßen gab, hatten Bella und sie zuvor ziemlich lange nach
der Ausgrabungsstätte gesucht.
    Nachdem
Dóra zehn Minuten lang durch den Ort gekurvt war, fand sie
endlich die richtige Straße. Die Sache entpuppte sich als
{199 }noch schwieriger, als das Pompeji des Nordens zu finden, denn
diesmal musste sie ohne Bella auskommen, die zur Bücherei
gegangen war. Daher kam Dóra etwas zu spät. Sie parkte
vor dem Haus der alten Dame und strich vorsichtig ihre Hosenbeine
glatt. Dann zupfte sie ihre Bluse zurecht und ging auf den Eingang
zu. Sie wollte einen guten Eindruck machen. Leute im Alter von
Markús’

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