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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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antwortete Hannes. Dann kam er schnell zu
einem wichtigeren Thema: »Bist du zu Hause? Kann ich das
Golfset abholen?«
     
     
     

28
    SAMSTAG
21. JULI 2007
    Dóra
und Bella standen auf dem Treppenvorsprung vor einem kleinen
Holzhaus, das schon bessere Zeiten gesehen hatte. Die
Wellblechverkleidung war angerostet, die Fenster hätten eine
Grundreinigung nötig gehabt, und die Vogelmiere im Garten
übertraf sogar Dóras Unkrautzucht. »Soll ich
reden?«, fragte Bella. Sie war begierig auf den Besuch, vor
dem sich Dóra richtiggehend fürchtete. In dem Haus
wohnte Aldas Mutter, und Dóra wusste, dass sie unwillkommen
war, wenn sie sich als Anwältin des potenziellen Mörders
ihrer Tochter vorstellte. Fragte sich nur, wie
unwillkommen.
    »Nein«,
antwortete Dóra prompt und begann daran zu zweifeln, ob es
richtig gewesen war, Bella mitzunehmen. Sie wollte sie eigentlich
als Unterstützung dabeihaben, falls die Frau ausrastete und
womöglich handgreiflich wurde. Auch wenn sie keine Angst vor
einer Achtzigjährigen hatte, wollte sie solche
Zwischenfälle lieber vermeiden, und Bellas Statur hatte
vielleicht eine gewisse abschreckende Wirkung. »Ich rede.
Versuch einfach, möglichst verständnisvoll zu sein. Die
Frau hat es nicht leicht.«
    Sie
hörten Schritte näher kommen, warfen sich einen Blick zu
und starrten dann wieder gebannt auf die Tür. Aldas Schwester
Jóhanna wirkte erstaunt über den Besuch.
»Hallo«, sagte sie zerstreut und warf einen hektischen
Blick über ihre Schulter.
    »Wer ist
da?«, rief eine alt klingende Stimme von
drinnen.
    »Nur
zwei Frauen, die ich kenne«, rief Jóhanna
zurück.
    »War das
deine Mutter?« Dóra hätte sich fast auf die
Zehenspitzen gestellt und über Jóhannas Schulter
gespäht. »Ich wollte nämlich gerne mit ihr
sprechen.«
    »Es war
keine gute Idee von euch, hierher zu kommen. Mutter will nicht mit
euch sprechen. Sie ist immer noch völlig verzweifelt, und
solange Markús unter Verdacht steht, bist du einfach auf der
falschen Seite. Ich habe versucht, ihr zu erklären, was du mir
gesagt hast, dass er unschuldig ist, aber davon wollte sie nichts
hören.« 
    »Was
für Frauen?«, rief die Stimme, die bereits näher
gekommen war.
    Jóhanna
wirkte besorgt. »Nur Frauen, Mama«, rief sie
zurück, »mach dir keine Gedanken, du kennst sie
nicht.«
    »Blödsinn.«
Die Frau kam zur Tür. »Als ob ich nicht alle Frauen
kennen würde, die hier ...« Als sie Bella und
Dóra auf der Treppe stehen sah, verstummte sie und quetschte
sich dann neben ihre Tochter in die schmale Türöffnung.
»Guten Tag.« Die Frau trocknete sich die Hände an
einem Küchentuch ab, bevor sie ihre Hand ausstreckte.
»Ich bin Magnea, Jóhannas
Mutter.«
    »Guten
Tag.« Dóra schüttelte ihr die Hand.
»Dóra Guðmundsdóttir. Ich bin hier, um mit
dir zu reden.«
    »Ach
ja?« Das Gesicht der Frau verhärtete sich. »Und
was kann ich für dich tun?«
    »Ich
wollte mit dir über deine Tochter Alda sprechen.«
Dóra bereitete sich auf das drohende Unwetter vor.
»Ich bin die Anwältin von Markús
Magnússon, der fälschlicherweise unter Verdacht steht,
ihr etwas angetan zu haben.«
    »Seit
wann nennt man Mord jemandem etwas antun?«, zischte die Frau.
Sie machte einen Schritt nach hinten, stieß Jóhanna
weg und knallte die Tür zu. Das Holzschild mit der Hausnummer,
das über der Tür hing, löste sich und baumelte nun
schräg an einem Nagel. Dóra war froh, dass sie noch
keinen Fuß in die Tür gesetzt hatte.
    »Wow«,
sagte die Sekretärin. »Was haben Anwälte doch
für einen Scheißjob!«
    Dóra
klopfte noch einmal vorsichtig an die Tür, in der Hoffnung,
die Frau hätte ihre Meinung geändert, aber von drinnen
hörten sie nur Gebrüll, sie sollten abhauen, sonst
würde sie die Polizei rufen. Es hatte keinen Zweck, und
Dóra und Bella gingen wieder zum Auto. Als Dóra
gerade den Motor anlassen wollte, klopfte jemand gegen die
Fensterscheibe. Es war Jóhanna. Dóra kurbelte die
Scheibe herunter.      
     
    »Ich hab
dir doch gesagt, das bringt nichts«, sagte sie vorwurfsvoll.
»Jetzt kann ich sie das ganze Wochenende
besänftigen.« Sie schlang die Arme um ihren
Oberkörper, als ob sie frieren würde, dabei war es
ungewöhnlich warm. »Es geht ihr nicht gut. Sie ist nicht
immer so.«
    Dóra
nickte. »Das kann ich verstehen, mach dir keine Gedanken. Tut
mir leid, dass ich euch Unannehmlichkeiten bereitet habe. Wenn ich
das gewusst hätte, wäre ich gar nicht erst
gekommen.« Das war eine glatte Lüge –

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