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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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ein
paar Tage später die Kiste runtergebracht hab, war da nichts.
Deshalb glaube ich auch nicht, dass wir die Polizei informieren
müssen.«
    »Wenn
dein Vater nichts verbrochen hat, wird sich das
herausstellen«, sagte Dóra zweifelnd. Die ganze
verdammte Sache war schon so lange her, dass es sehr schwierig sein
würde, überhaupt irgendetwas zu
beweisen.
    »Ich
werde meinem Vater nicht die Schuld in die Schuhe schieben«,
sagte Markús entschieden. »Das ist nicht meine
Art.«
    Dóra
ließ den Kopf in den Nacken fallen und starrte in die Luft.
Verdammt. »Du schiebst ihm nicht die Schuld in die Schuhe,
wenn ich die Polizei darüber informiere, Markús.«
Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Aber wenn er was
verbrochen hat, dann ist es falsch, dass du unter Verdacht stehst.
Ich glaube nicht, dass er das möchte. Würdest du deinem
Sohn so etwas antun?«
    »Nein«,
sagte Markús resigniert. »Würdest du meinem Sohn
bitte sagen, dass ich ein Alibi für den Mord an Alda
habe?«
    So
leicht würde sie ihn nicht davonkommen lassen. »Das
mache ich, aber erst musst du akzeptieren, dass ich der Polizei
Informationen übergeben werde, die dir helfen, aber deinem
Vater möglicherweise schaden. Markús, mein Mandant, das
bist du, nicht dein Vater.« Schweigen am anderen Ende der
Leitung. »Wusstest du von diesem Blut auf dem
Kai?«
    »Ja«,
sagte Markús kleinlaut. »Ich erinnere mich dunkel
daran. Nach dem Besäufnis hatte ich allerdings andere
Probleme. In der Schule wurde über nichts anderes geredet als
über das Fest, daher haben wir Schüler uns
verständlicherweise nicht so sehr für diese Geschichte
interessiert.«
    Dóra
nahm an, dass Markús sich sehr gut an die Geschichte
erinnern konnte, ihr aber aus Angst um seinen Vater nichts davon
erzählt hatte. Sie konnte es sogar verstehen. »Es wird
sich alles klären«, sagte sie zum Abschied. »Im
besten Fall hat dein Vater nichts mit den Leichen zu tun. Im
schlimmsten Fall war er beteiligt. Leider können wir ihn nicht
mehr danach fragen.«
    »Jedenfalls
hat er Alda nicht umgebracht.«
    »Nein,
das stimmt«, sagte Dóra. »Vielleicht hat ihr Tod
auch gar nichts mit den Leichen zu tun.« War das
möglich? Wer hätte {246 }Alda etwas antun wollen, wenn es
nichts mit dem Kopf zu tun hatte?
     
     
    Dóra
ließ die Moralpredigt über sich ergehen. Hannes war
immer ganz in seinem Element, wenn er über sich selbst redete,
besonders, wenn es um seine hochtrabenden Moralvorstellungen ging.
»Du verstehst also, warum ich mich nicht zu vertraulichen
Vorfällen im Krankenhaus äußern kann«, sagte
er selbstgefällig. Wahrscheinlich bewunderte er sich dabei im
Spiegel.
    »Ja,
ja.« Dóra unterdrückte ein Gähnen.
»Wir machen einfach einen Deal.«
    »Wie
bitte?«
    »Du
kriegst das schicke Golfset und ich die Info. Ich erzähle
niemandem davon und verwende es nicht gegen dich.«
Dóra wartete. Besagte Golfausrüstung war bei der
Scheidung an sie gegangen, obwohl sie nichts damit anfangen konnte.
Ihr lag nichts daran; sie wäre sogar froh, sie aus der Garage
zu kriegen, wo sie seit Hannes’ Auszug einstaubte. Seinerzeit
wollte sie das Golfzeug unbedingt haben, nur weil Hannes es auch
haben wollte. Er war der Meinung, es handele sich um einen
Glücksschläger, und hatte Dóra nach der Scheidung
oft danach gefragt. »Das ist ein fairer Deal«,
fügte Dóra hinzu. »Ich könnte mir die Info
auch mit Leichtigkeit woanders besorgen.« Wie bei vielen
Moralaposteln reichte Hannes’ Anstand nur so weit, dass er
seine Integrität am Ende für ein paar Schläger und
Bälle verscherbelte. Volltreffer.
    Nach dem
Telefonat wusste Dóra alles, was sie über die
Hintergründe von Aldas vorübergehender
Arbeitsniederlegung in der Notaufnahme wissen musste. Hannes hatte
zwar fast nie abends oder am Wochenende gearbeitet und kannte die
Frau nur vom Sehen, wusste aber genau Bescheid über den
Vorfall, da im Krankenhaus viel darüber geredet wurde. Es ging
weder um Medikamentenmissbrauch noch um sexuelle Kontakte zu
Kollegen oder Patienten, sondern um eine fachliche
Meinungsverschiedenheit. Alda hatte sich in einem
Vergewaltigungsfall gegen das Opfer gestellt. {247 }Es handelte
sich um ein Mädchen, dem Alda am Anfang sehr zugetan war. Sie
hatte das Opfer nach Kräften unterstützt, und der Fall
war ihr ungewöhnlich nahegegangen. Dann war etwas geschehen,
das dazu geführt hatte, dass Alda plötzlich ihre Meinung
änderte und behauptete, das Mädchen habe die
Vergewaltigung erfunden.

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