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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Dóra
hatte mit nichts anderem gerechnet.
    Jóhanna
zögerte. Offenbar hatte sie noch etwas auf dem Herzen.
»Was stand denn in den Tagebüchern?«, fragte sie
unvermittelt. »Ich habe meine Meinung geändert. Ich will
wissen, was drinsteht.« Sie stockte. »Also, falls es
etwas über meinen Vater ist.«
    Dóra
lächelte Jóhanna an. »Es stand nichts Schlimmes
über deinen Vater in den
Tagebüchern.«
    Jóhanna
nickte. Ihre Augen wurden feucht. »Gut.« Sie
lächelte. »Gut.«
    »Es gibt
ein paar andere Dinge, über die ich gerne mit deiner Mutter
gesprochen hätte. Es gibt widersprüchliche Informationen
darüber, wo sich Alda nach der Evakuierung aufgehalten
hat.« Sie schirmte ihre Augen vor der Sonne ab und schaute
Jóhanna direkt in die Augen. »Im Internat in
Ísafjörður war sie nicht. Sie war dort nie
registriert.«
    »Doch«,
entgegnete Jóhanna, »das könnte ich
beschwören.«
    »Hast du
sie dort mal getroffen?«, fragte Dóra. »Habt ihr
sie besucht, oder ist sie in den Ferien nach Hause
gekommen?«
    Jóhanna
überlegte. »Ich kann mich nicht an irgendwelche Besuche
erinnern.« Ihr Gesicht hellte sich auf. »Doch, Mutter
ist einmal hingefahren oder sogar
mehrmals.«
    »Und
Alda ist nie nach Hause gekommen? Es gibt doch mehrere Ferien,
längere und kürzere«, sagte Dóra so behutsam
wie möglich. »Und ihr habt in den Westfjorden gewohnt,
gar nicht so weit entfernt. Man sollte meinen, dass sie ihre Eltern
ab und zu besucht hätte. War das so?« Jóhannas
Gesichtsausdruck gab zu erkennen, dass Alda nicht nach Hause
gekommen war, weder in den längeren noch in den kürzeren
Ferien. »Könnte Alda im Krankenhaus gewesen
sein?«, fragte Dóra vorsichtig. »Wegen einer
psychischen Erkrankung?«
    »Nicht,
dass ich wüsste.« Jóhannas Erleichterung
über den Inhalt der Tagebücher war wie weggeblasen.
»Aber das hätte man mir vielleicht nicht erzählt,
ich war ja noch so klein«, fügte sie betrübt
hinzu.
    »Beweise
habe ich keine«, erklärte Dóra. »Ich wollte
deine Mutter danach fragen. Aber ich weiß sicher, dass Alda
nicht in Ísafjörður war, zumindest nicht in der
Schule.«
    »Was
wolltest du meine Mutter noch fragen?« Jóhanna war
erregt, aber ihr Ärger richtete sich nicht gegen Dóra.
»Vielleicht kann ich es herausfinden. Ich frage sie auf jeden
Fall nach der Sache mit der Schule.«
    »Was ich
euch beide fragen wollte, ist, ob Alda euch gegenüber mal
erwähnt hat, dass sie gegen diese Ausgrabung war. Das
würde Markús helfen.« Dóra erklärte
Jóhanna nicht, warum Alda etwas gegen die Ausgrabung von
Markús’ Elternhaus gehabt haben
könnte.
    »Nein.«
Jóhanna schüttelte den Kopf. »Mir gegenüber
jedenfalls nicht. Vielleicht hat sie mit Mutter darüber
gesprochen. Es gibt einiges, über das ich mit ihr reden muss.
Sollte ich sonst noch was wissen?«
    Dóra
erwähnte die merkwürdigen Einträge in Aldas
Tagebuch, sagte aber nichts über den Vergewaltigungsfall.
»Hat Alda dir gegenüber mal den Namen Adolf
erwähnt? Oder die Namen von Adolfs Eltern, Valgerður und
Daði?«
    »Nie
gehört.«
    »Kennst
du die Familie nicht von früher? Ich dachte, sie wären
eine Zeitlang mit deinen Eltern befreundet gewesen. Sie stammten
von hier und sind auch in die Westfjorde gezogen, auf einen Hof in
der Nähe von Hólmavík. Die Frau war
Krankenschwester.«
    »Wir
haben in Bíldudalur gewohnt«, sagte Jóhanna.
»Ziemlich weit weg von Hólmavík. Ich hab noch
nie was von diesen Leuten gehört.«
    Dóra
holte das Foto des jungen Mannes heraus, das sie Aldas Mutter hatte
zeigen wollen. »Kennst du diesen
Mann?«
    Jóhanna
nahm das Blatt in die Hand. »Ist das eine Kopie von einem
Foto?« Dóra nickte entschuldigend. »Nein.«
Sie gab Dóra das Blatt zurück. »Sein Gesicht
kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich weiß nicht, wer das
ist.«
    »Woher
könnte dir das Gesicht bekannt vorkommen?«, hakte
Dóra nach.
    Jóhanna
kratzte sich hinterm Ohr. »Er sieht ein bisschen aus wie ein
Vetter von mir, aber das ist Blödsinn.« Sie senkte den
Arm wieder. »Nein, ich habe den Mann noch nie
gesehen.«
    »Ich
kann dir versichern, dass ich mich daran erinnern würde, wenn
mein Schwiegervater jemals erwähnt hätte, dass er
jemandem den Kopf abgetrennt hat«, sagte Leifurs Frau und
straffte ihren Rücken, um auf Dóra hinabschauen zu
können. Dóra war größer als sie und
saß auf einem dick gepolsterten Stuhl, der den
Größenunterschied noch betonte. Sie saßen zu zweit
in Leifurs und Marías Wohnzimmer.

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