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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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könnte.
    Aber egal, wie hübsch die Suite auch war oder wie nett das Personal oder wie gut das Essen – Fakt blieb: Im Grunde war ich eine Gefangene. Ich dachte an James und wie lange er wohl am Torgewartet hatte und ob er danach zu meiner Mutter gefahren war oder nicht. Vor mir schienen sich sechs Monate wie eine Ewigkeit auszudehnen, und es war kein Ende in Sicht. Ob Henry sein Versprechen halten würde? Würde er da sein, wenn das hier vorüber war, oder hätte er dann alles hinter sich gelassen? Tief in meinem Inneren wusste ich, er würde da sein. Einen Freund wie ihn hatte ich nicht verdient.
    Doch würde meine Mutter am Ende auch noch da sein? Konnte Henry sie so lange am Leben halten? Ich wollte ihm glauben, wollte glauben, dass so etwas möglich war – denn wenn es ihm tatsächlich gelingen würde, würde ich ihr vielleicht niemals Lebewohl sagen müssen. Nicht bis es auch für mich Zeit wäre zu sterben.
    Ava konnte ich nicht mehr retten, aber für meine Mutter gab es noch immer Hoffnung, und was auch immer es mich kosten würde, ich würde alles für sie tun.
    Ich erinnerte mich nicht, eingeschlafen zu sein, doch als ich meine Augen öffnete, war ich nicht mehr in Eden Manor. Stattdessen lag ich auf einer Decke mitten im Central Park und blickte in einen wolkenlosen Sommerhimmel, die Wärme der Sonnenstrahlen auf dem Gesicht.
    Verwirrt setzte ich mich auf und blickte mich um. Neben mir stand ein Picknickkorb, und weit verstreut im Gras saßen auch andere Leute und genossen den sonnigen Tag. Sheep Meadow. Das war mein Lieblingsort im Park, in Sichtweite des Sees, aber nicht so von Touristen überlaufen. Schon seit Jahren hatten meine Mutter und ich es nicht mehr geschafft hierherzukommen. Gerade wollte ich aufstehen, fest entschlossen, herauszufinden, was hier los war, da fiel mir die Kinnlade herunter.
    Langsam den sanften Hügel zu mir heraufgeschlendert kam meine Mutter. Sie sah so gesund aus wie das letzte Mal vor zehn Jahren, lange bevor sie an Krebs erkrankt war. Zu einem langen, fließenden Rock trug sie eine Tunika, die ich nicht mehr an ihr gesehen hatte, seit sie so stark abgenommen hatte.
    „Mom?“
    Sie lächelte – ein richtiges Lächeln, nicht kränklich oder auf jene leicht gequälte Art, wenn sie zu verbergen versuchte, wie groß ihre Schmerzen waren.
    „Hallo, Liebes.“ Sie setzte sich neben mich und gab mir einen Kuss auf die Wange.
    Eine Sekunde lang war ich wie erstarrt, zu verblüfft, um zu reagieren. Doch als ich schließlich begriff, dass sie hier war, gesund und strahlend und wieder ganz meine Mutter, schlang ich ihr die Arme um den Hals und sog ihren vertrauten Duft ein. Äpfel und Freesien. Sie wirkte überhaupt nicht mehr zerbrechlich und erwiderte die Umarmung voller Begeisterung.
    „Was geht hier vor?“, fragte ich und bemühte mich, die Tränen zurückzudrängen.
    „Wir machen ein Picknick.“ Sie löste sich von mir und begann den Korb auszupacken. Er war bis oben hin voll mit allen Lieblingsspeisen meiner Kindheit: Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwiches, Mandarinenschnitze und Käse-Makkaroni in Plastikdosen und genug Schokoladenpudding, um eine kleine Armee damit zu verpflegen. Zur Krönung zauberte sie eine Schachtel Baklava hervor, genau wie sie sie immer gemacht hatte. Verzückt sah ich ihr zu und fragte mich, womit ich einen so wundervollen Traum verdient hatte, auch wenn es sich für einen Traum zu real anfühlte. Unter meinen Fingern spürte ich jeden Grashalm, und in der warmen Brise streiften die Haarspitzen meine nackten Arme. Es war, als wären wir wahrhaftig hier.
    Plötzlich kam mir ein Gedanke, und misstrauisch sah ich sie an. „Hat Henry dich hierhergebracht?“
    Ihr Lächeln wurde breiter. „Er ist wundervoll, nicht wahr?“
    Ich atmete tief ein, und jeder schlechte Gedanke, den ich jemals über Henry gehabt hatte, löste sich in Luft auf. Er hielt sein Versprechen.
    „Ist das hier denn ein Traum? Oder ist es … ist es real?“
    Mit einem Blick, wie ihn nur meine Mutter fertigbrachte, reichte sie mir eine Dose mit Käsemakkaroni.
    „Gibt es da irgendein mir unbekanntes Gesetz, dass es nichtbeides sein kann?“
    Plötzlich erfüllte mich ein irrationales Gefühl von Hoffnung.
    „Ist er wirklich der, der er zu sein behauptet?“
    „Und das wäre?“, gab sie zurück, während sie ein Sandwich auswickelte.
    Und da sprudelte alles aus mir heraus, was seit unserer Ankunft in Eden geschehen war. Wie ich Henry nach unserem Beinaheunfall mit einer

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