Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
Vom Netzwerk:
würde sie sich vielleicht nicht mehr so schuldig fühlen, dass sie es hatte geschehen lassen. „Ich liebe ihn. Ich verstehe nicht, wie ihn irgendjemand kennen und nicht lieben kann.“
    Mit roten Wangen starrte Calliope auf den Teppich. „Ich auch nicht.“
    Ich blieb still, wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Hatte ich es überhaupt hören sollen? Doch sie sagte nichts weiter, also drängte ich sie nicht. Irgendwann erhob ich mich auf die schmerzenden Beine und humpelte zurück zu meinem Sessel. Ich zuckte zusammen, als mein Schädel protestierte. Es war nicht das Ende der Welt, aber es war schlimm genug, dass ich froh war, an diesem Abend nicht den Weg zum Esszimmer auf mich nehmen zu müssen.
    „Ich hab eine Idee“, erklärte Calliope plötzlich fröhlich. Ihre sonnige Stimmung, so gegensätzlich zu der von vor ein paar Sekunden zuvor, verunsicherte mich.
    „Ja?“, erwiderte ich misstrauischer, als ich es beabsichtigt hatte.
    „Ein Picknick – morgen, wenn wir uns beide erholt haben. Wir können runter zum Fluss gehen und eine Decke und alles mitnehmen. Es soll draußen schön werden.“
    Als ich sah, wie sie strahlte, hätte ich unmöglich ablehnen können. Sie fühlte sich schon furchtbar genug, Henry und mich in Schwierigkeiten gebracht zu haben, und ein Nachmittag fern von dem ganzen Drama und der Verwirrung auf Eden Manor klang himmlisch. Beim Gedanken an den Fluss lief mir immer noch ein Schauer über den Rücken, doch ich gab mein Bestes, das zu ignorieren.
    „Hört sich toll an“, erklärte ich, und Calliope grinste. Wennschon nichts anderes, so würde es mich wenigstens von dem Gedanken ablenken, dass ich schon jetzt versagt hatte.
    An diesem Abend tauchte Henry nicht auf, und zum ersten Mal seit Weihnachten schlief ich allein. Ich versuchte, nicht zu viel darüber nachzudenken. Doch in der Dunkelheit, Pogo friedlich neben mir zusammengerollt, war das unmöglich. War er wütend auf mich, weil ich ihn dazu gebracht hatte, mit mir zu schlafen, und deshalb durchgefallen war? Aber ich hatte ihn nicht gezwungen, oder? Er hatte nicht versucht, mich aufzuhalten.
    Oder war er wütend, weil ich gesagt hatte, dass ich ihn liebte, und er mit dem Nachlassen der Droge erkannt hatte, wie dämlich sich das anhörte? Oder fühlte er sich schuldig dafür? Es war mir egal, ob er Persephone immer noch liebte. Vielleicht mochte ich sie nicht unbedingt, aber er war hingebungsvoll und loyal. Dass er jemanden weiter lieben konnte, der so grausam zu ihm gewesen war – daran gab es nichts, wofür er sich schuldig fühlen musste.
    Außer, er fühlte sich schuldig, weil er seine Frau so sehr liebte. Hatte er das Gefühl, sie verraten zu haben?
    Es war ein Unfall gewesen, kein Fehler, außer Henry hielt es für einen. Es mochte nicht unbedingt so gewesen sein, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Doch so schrecklich, dass er das Gefühl hatte, wegbleiben zu müssen, war es nicht gewesen. Oder doch?
    Vielleicht fühlte er sich aber auch schuldig, dass er nachgegeben und damit indirekt dazu beigetragen hatte, dass ich versagte. Aber selbst wenn das der Fall war, erklärte es nicht seine Abwesenheit. Es war nicht seine Schuld gewesen, und wenn ich wirklich versagt hatte, machte es keinen Sinn, dass ich noch länger auf Eden Manor blieb. Doch ich war immer noch hier, und das musste etwas zu bedeuten haben.
    Ich schlief schlecht, und selbst der allnächtliche Traum mit meiner Mutter brachte keinen Trost. Still und zurückgezogen saß ich da, und obwohl sie immer und immer wieder fragte, was los war, brachte ich es nicht über mich, es ihr zu erzählen, und hasste mich dafür. Ich wollte meine wenigen verbleibenden Wochenmit ihr nicht vergeuden, doch selbst wenn ich mit ihr dar-über hätte reden können – ich hätte nicht gewusst, was ich sagen sollte. Sie setzte all ihre Hoffnungen, was meine Zukunft betraf, auf Henry, und ich konnte ihr nicht sagen, wie gründlich ich das zerstört hatte. Es hätte ihr das Herz gebrochen, und wenigstens eine von uns hatte es verdient, glücklich zu sein.
    An Henry zu denken schmerzte, und der Morgen brachte keine Erleichterung. Ich versuchte mein Zimmer zu verlassen, doch Henrys Anweisungen waren dieselben geblieben: Ich war eingesperrt, bis mich jemand abholte, dem Henry vertraute – was momentan nur ihn selbst, Nicholas und Calliope einzuschließen schien. Es gab keinen Ort, an den ich unbedingt gehen wollte, doch ich hasste es, nicht rauszukönnen.
    Doch war ich nicht

Weitere Kostenlose Bücher