Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
Gemahl.
»Dieses Muster jedoch«, mit fliegenden Händen entfaltete sie das zweite Paket, strich ehrfürchtig über den seidigen Stoff und legte ihn Elena Montebellos in die Arme. »Dieses hier«, wiederholte sie betont langsam, »wäre nicht einfach nur ein prachtvoller Hochzeitsstaat, sondern zudem eine Liebeserklärung an Venedig, diese herrliche Stadt. Ich habe dem Brautkleid einen Namen gegeben.« Cristin verstummte einen Moment und sah der Hausherrin ins Gesicht. »Es heißt ›Das Gold der Lagune‹.«
Elena Montebello gab einen überraschten Ton von sich, während sie auf den Stoff starrte. »Und die Goldfäden … Oh ja, jetzt verstehe ich, Signora Schimpf.« In ihren Augen trat auf einmal ein Schimmer. »Gewiss sollen sie die Sonnenstrahlen darstellen, wie sie die Lagune in goldenes Licht taucht, nicht wahr?«
»So ist es«, erwiderte Cristin. »Nur diese besondere Seide in Euren Händen erscheint mir hierfür gut genug.«
»Ein wahres Kunstwerk«, murmelte Elena Montebello, ohne die Augen von dem Stoff zu wenden.
Cristins Herz klopfte schneller, als sie fortfuhr: »Wisst Ihr, ich habe die Lagune gesehen. Diese Farben, dieser Zauber ist an Schönheit und Liebreiz nicht zu übertreffen, und das, was ich beim Anblick in diesem Moment wahrgenommen habe, versuchte ich in diesem Modell festzuhalten.«
Niemand sprach ein Wort, und Cristin glaubte hören zu können, wie Bastian und Baldo die Luft anhielten.
Signor Montebello unterbrach schließlich die Stille mit einem Räuspern. »Ein Gemälde, dieser Entwurf ist wie ein wertvolles Gemälde, Signora Schimpf.«
Doria übersetzte im Flüsterton und mit gesenktem Kopf.
»Es ist überwältigend«, bestätigte Elena Montebello mit belegter Stimme. Vorsichtig legte sie den Stoff ab, trat auf Cristin zu und ergriff deren Hände. »Wollt Ihr unsere Hausspinnerin sein? Wir würden uns glücklich schätzen, einer Künstlerin, wie Ihr es seid, unsere Aufträge erteilen zu dürfen. Glaubt mir, wenn Ihr zu unserer Zufriedenheit arbeitet, werden wir Euch großzügig entlohnen.«
Cristin schluckte. Elena Montebellos Hände waren warm und weich. »Euer Angebot ehrt mich.« Sie sammelte sich kurz und kämpfte um den Mut, ihre Forderung auszusprechen, ohne dass ihr die Stimme versagte. »Für eine Summe von achtunddreißig Dukaten könnte ich den Brautstaat nach Euren Wünschen fertigen.«
Elena Montebello schlug die Hände über dem Kopf zusammen. » Aber, Signora, dieser Preis ist nun wirklich zu hoch! Ich bin sicher, bei unserer bisherigen Hausspinnerei würde ich dieselben Arbeiten für höchstens zwanzig Dukaten bekommen.«
Cristin erwiderte den Blick der Hausdame ungerührt. »Das mag sein, Signora Montebello. Nur bedenkt, dass ich ausschließlich die feinsten Materialien verwende und jeder Handgriff mit größtmöglicher Präzision ausgeführt wird. Obendrein muss ich eigens für Euch die kostbarste Seide aus dem byzantinischen Reich zu meiner Goldspinnerei nach Hamburg liefern lassen. Mir entstehen hohe Kosten.«
Die Italienerin zuckte mit keiner Wimper, als sie Cristins Blick erwiderte. »Zweiundzwanzig Dukaten.«
Cristin brach der Schweiß aus. »Fünfunddreißig. Dieser Preis ist mehr als angebracht.«
Signora Montebello lachte. »Bei aller Hochachtung, Verehrteste – achtundzwanzig Dukaten.«
Zwischen den beiden Frauen wurde es still. Sie ließen sich keinen Moment aus den Augen. Dann reckte Cristin das Kinn.
»Dreißig Dukaten. Das ist mein letztes Wort. Gewiss ließen sich für diesen Entwurf noch andere Kunden begeistern.«
Cristin konnte sehen, wie es in dem Gesicht der Hausherrin arbeitete.
»Na schön. Ich gebe Euch dreißig Dukaten.«
»Dann soll es so ein«, erwiderte Sebastiano Montebello und klatschte sichtlich zufrieden in die Hände. Mit langen Schritten trat er an einen feinen, mit Intarsien geschmückten Schrank heran, entnahm ihm eine Schatulle und öffnete sie. »Wir geben Euch fünfzehn Dukaten als Anzahlung, verehrte Signora. Die andere Hälfte erhaltet Ihr bei Lieferung der Ware.«
Cristins Herz machte einen Satz. Die Münzen klimperten, als der Hausherr sie ihr in die Hand legte, und sie schloss die Finger darum. Dreißig venezianische Dukaten, ein Vermögen! Sie bedankte sich , indem sie eine Verbeugung andeutete. Ihr Blick wanderte zu Elena Montebello, die sie zufrieden betrachtete.
»Unsere Giulia heiratet im September, sodass wir zwei Monate vorher einen Boten zu Euch aussenden würden, um den Brautstaat abzuholen. Ist
Weitere Kostenlose Bücher