Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
diesem Land lebensnotwendig waren. Sie konnte weder nähen, noch hatte sie je den Umgang mit Besen und Scheuerbürste geübt.
»Wenn unser Hausmädchen zu Hause den Boden gewischt hat, war es sauber«, erklärte die junge Frau ratlos. »Wenn ich es mache, ist nur alles nass …«
Immerhin ließ Claire sich von ihren Unzulänglichkeiten nicht entmutigen. Sie war emsig und probierte alles aus, wobei sie bei der Stallarbeit noch am erfolgreichsten war. Ihr Liebreiz und ihre freundliche Art wirkten sich auch auf die Tiere aus. So gab es zum Beispiel frische Milch zum Tee. Claire berichtete nicht ohne Witz, dass sie die Kuh Minerva getauft und eine Art »Ladys-Agreement« mit ihr geschlossen habe. Wenn sie das Tier fütterte und ihm vorsang, hielt es beim Melken still.
»Und dann hat sie heute Nacht auch noch ein Kälbchen gekriegt!«, berichtete Claire begeistert von ihrem neuesten Abenteuer. »Es kam hinten aus ihr raus …« Sie errötete. »Du hast schon Recht gehabt, das … hm … da weitet sich was. Ist das bei uns auch so?« Sie tastete über ihren Bauch.
Kathleen nickte.
»Jedenfalls mussten wir ziehen, Matt und ich, es war anstrengend und … sind Menschenkinder wohl auch so … glitschig? Na ja, aber jetzt ist das Kalb da, und eigentlich dürfte die Mutterkuh gar nicht mehr Minerva heißen, weil die ja eine Jungfrau war! « Claire plauderte vergnügt immer weiter.
»Die Kuh war noch eine Färse?«, unterbrach Kathleen sie jetzt verwundert. »Ich dachte, Ian hätte sie euch tragend verkauft. Und sie hat doch auch Milch gegeben.«
Claire bekam wieder mal große Augen. »Du wusstest, dass sie tragend ist?«
In der nächsten Stunde lernte Claire, dass Kühe nur dann Milch geben, wenn sie Kälber haben oder hatten, und der kleine Sean lauschte hingerissen der Geschichte der Göttin Minerva, diedem Haupt ihres Vaters entsprang und niemals einen Gefährten wählte.
»Obwohl sie da bestimmt was verpasst hat!«, bemerkte Claire im Brustton der Überzeugung.
Kathleen hätte das nicht vorbehaltlos unterschrieben. Sie hatte längst begonnen, ihre Ehe mit Ian infrage zu stellen. Ob sie mit Claire Edmunds wohl irgendwann vertraut genug wäre, um darüber zu reden?
Kathleen trennte sich auch an diesem Tag nur schwer von ihrer sonderbaren, aber äußerst unterhaltsamen Nachbarin. Sie erwartete Ian am Abend zurück und wollte jedoch auf keinen Fall riskieren, dass er das Haus leer vorfand. Claire beschenkte sie großzügig mit der Hälfte des im Garten ausgebuddelten Gemüses. Kathleens eigener Garten trug noch keine Früchte.
»Dann kannst du deinem Mann auch Eintopf kochen!«, meinte Claire. »Na, Matt wird staunen, wenn er nachher wiederkommt!«
Aus ihrer Küche duftete es nach der fertigen Suppe. »Und beim nächsten Mal bringst du mir Hefe mit! Oder wie man das nennt!«
Claires Bemühungen, Brot zu backen, beschränkten sich bisher auf die Vermischung von grob geschrotetem Getreide mit Wasser. Das Ergebnis waren knochenharte, ungenießbare Fladen. Von der Existenz eines Gärmittels hörte sie an diesem Nachmittag zum ersten Mal.
Kathleen war glücklich über Claires Gesellschaft, aber Ian Coltrane zeigte sich nicht so begeistert von der neuen Bekanntschaft seiner Frau. Kathleen hätte ihm vorerst auch gar nichts von Claire erzählt. Nachdem er ihre Bemerkungen entweder als Angriffe auffasste oder die harmlosesten Geschichten als Geständnisse von Untreue deutete, war sie äußerst vorsichtig geworden und redete überhaupt nur das Nötigste mit ihrem Mann.
Aber Sean platzte gleich mit den Neuigkeiten heraus, als Ian heimkam. Er mokierte sich – so gut er es schon für sein Alter konnte – über den »komischen Sattel« von »Tante Claire«. »Fällt nicht runter?«, fragte er.
»Pottey, Pottey«, rief Colin lachend.
»Reden sie von dieser vornehmen Zicke aus der Stadt und ihrem Esel?«, fragte Ian unwillig.
Kathleen erklärte die Berichte der Kinder und verriet ihm Claires Wohnort. »Mit dem Matrosen als Mann, der sich jetzt als Flussschiffer versucht? Der kommt auf keinen grünen Zweig. Und die Frau – ich muss dich warnen, Kathleen, die anständigen Frauen von Christchurch reden nicht mit ihr!«
Deshalb hatte Claire also befürchtet, auch Kathleen könnte sie ablehnen.
»Warum nicht?«, erkundigte sie sich. »Claire ist zugegebenermaßen etwas seltsam. Aber doch sehr freundlich und offen …«
»Hochnäsig ist sie!«, urteilte Ian. »Und frech. Die Frau vom Kolonialwarenladen in Christchurch sagt,
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