Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
einen kürzeren Weg geben als über die Straße nach Christchurch. Kathleen verwahrte Claires benutzte Kaffeetasse wie einen Schatz.
Am nächsten Tag verrichtete sie nur ihre nötigsten Pflichten und setzte ihre beiden Jungen dann auf das ruhigste und sicherste Maultier, das Ian im Stall hatte. Zunächst stieg sie hinter den beiden auf, aber bald wurde es schwierig, sich den Weg durch Schilf, hohes Gras und die tief herabhängenden Zweige der Bäume am Ufer zu bahnen. Kathleen stieg ab und führte ihr Reittier, aber sie war nicht entmutigt. Wenn man drei- oder viermal am Ufer entlangging, würde sich von ganz allein ein Pfad austreten. Das Ufer war bewachsen, aber nicht unwegsam.
Und tatsächlich lohnte sich Kathleens Mühe. Sie brauchte nur eine Stunde für den Weg – zwischen der Farm der Coltranes undStratford Manor lagen also nur etwa drei Meilen. Auch schüchterte das Anwesen der Edmunds sie keineswegs so sehr ein, wie sie befürchtet hatte. Im Gegenteil, seinem hübsch klingenden Namen zum Trotz war dies kein Herrenhaus, sondern ein armseliges, aus Brettern zusammengezimmertes Cottage, ganz ähnlich ihrem eigenen, aber schlechter instand.
Kathleen erinnerte sich an Ians Flüche, als sie ihre Farm in Besitz genommen hatten. Ihr Mann hatte die ersten Wochen ausschließlich mit Ausbesserungsarbeiten zugebracht, bevor Haus und Ställe so weit hergerichtet waren, dass der Wind nicht mehr durch die Ritzen der Bretterwände fuhr und das Dach dichthielt. Die ersten Siedler hatten offensichtlich rasch und lieblos gebaut, um dann festzustellen, dass sie lieber in der neuen Siedlung Christchurch oder zumindest näher an der Furt wohnen wollten, über die der Weg zwischen Port Cooper und Christchurch führte. Wer sich in dieser Gegend als Erster angesiedelt hatte, war wohl auch selten Farmer gewesen, sondern eher Fischer oder Schiffer, und für die gab es flussabwärts einfach mehr zu verdienen.
Auch Claires Gatte fuhr jeden Tag mit seinem Boot Richtung Christchurch, um Leute gegen Geld überzusetzen oder den Hausrat neuer Siedler über das Meer und den Avon in die neue Stadt zu bringen. Von seiner Farm aus war das umständlich und wohl auch zeitraubend. Zumindest hatte er bisher keine Zeit oder kein Geld dafür gehabt, das Farmhaus abzudichten oder auch nur neu zu streichen. Die alte Farbe, ein mattes Gelb, blätterte längst ab und verstärkte den Eindruck von Verwahrlosung. Auch die Zäune der Paddocks, auf denen sich die Eselin Spottey, eine dicke Kuh und ihr neugeborenes Kalb sowie ein paar Schafe tummelten, wirkten nicht sehr stabil. Noch stand darauf zwar reichlich Gras, aber wenn das abgefressen war, würde Claire wohl ebenso oft auf die Suche nach den Tieren, die sich anderswo Nahrung zu besorgen versuchten, ausrücken müssen wie Kathleen.
Kathleen hob ihre Kinder vom Maultier, vertäute das Tier möglichst sicher an dem Zaunpfosten, der noch am vertrauenerweckendsten wirkte, und ging dann über eine baufällige Terrasse zur Haustür. Auf ihr Klopfen öffnete Claire in Windeseile – sie war ebenso erpicht auf jede Abwechslung wie Kathleen selbst. Heute hatte sie sich allerdings nicht feingemacht. Ihr dunkles Haar war nur nachlässig aufgesteckt, und sie trug ein altes Hauskleid, das über ihrem Bauch ebenso spannte wie das Reitkleid. Warum ließ sie sich die Kleider nicht einfach etwas aus?
Claire strahlte über ihr ganzes offenes Gesicht, als sie Kathleen und die Kinder erkannte. Sie schloss die neue Freundin spontan in die Arme.
»Wie schön, dass ihr da seid!«, jubelte sie. »Kommt herein, ich mache Tee. Ihr könnt auch etwas von dem Eintopf haben, den ich koche. Aber ich fürchte, er ist nicht sehr gut …«
Tatsächlich sah Kathleen gern davon ab, die völlig verkochten Süßkartoffeln zu probieren.
»Du hättest sie vorher schälen sollen«, bemerkte sie, was bei Claire Verwirrung auslöste.
»Aber die Schale geht von selbst ab, wenn man sie lange genug kocht, und dann …«
»Dann sind sie aber matschig, und im Kochwasser ist doch auch Sand – oder bürstest du die Schale vorher ganz gründlich ab? Wenn es ein Eintopf werden soll, musst du die Kartoffeln schälen und in kleine Stücke schneiden. Und ich würde auch noch etwas anderes hineintun als nur Süßkartoffeln und das Stück Fleisch. Was ist das überhaupt? Jedenfalls kannst du es nicht so lange kochen, bis sich die Fasern vom Knochen lösen, ich würde sie jetzt schon abschneiden. Und hast du nicht ein paar Zwiebeln und richtige
Weitere Kostenlose Bücher