Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Kartoffeln?«
Kathleen versuchte, den Eintopf zu retten. Sie goss letztlich das Wasser ab, zerkleinerte die Süßkartoffeln und anderes Gemüse, das sich in Claires völlig überwuchertem Garten fand, und setzte das Ganze mit dem vom Knochen gelösten Fleisch noch einmal auf. Claire kam dabei aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Sie hatte den Garten nicht selbst angelegt, das musste die Frau des früherenBesitzers der Farm getan haben. Claire hatte keine Ahnung gehabt, dass dort überhaupt etwas Essbares wuchs. Ihre Anstrengungen beschränkten sich auf die Pflanzung einiger junger Rata-Büsche.
»Die sind sehr hübsch, nicht?«, rief sie begeistert und zeigte auf die roten Blüten.
Kathleen nickte desinteressiert. »Aber man kann sie nicht essen.« Für die Pächter in Irland war der Ertrag der meist kleinen Gärten überlebensnotwendig. Niemand wäre auf die Idee gekommen, darin Blumen zu pflanzen. »Hier, schau mal, Kartoffeln und Möhren. Und Küchenkräuter. Das kannst du alles ernten …«
Claire hörte aufmerksam zu und freute sich über jede ausgegrabene Knolle wie über die Entdeckung eines Schatzes.
»Hattet ihr denn zu Hause keinen Garten?«, fragte Kathleen, während beide das Gemüse putzten. Claire hantierte dabei so ungeschickt mit dem Messer, dass Kathleen befürchtete, sie könnte sich schneiden.
»Doch, schon«, gab Claire zu. »Aber auch einen Gärtner. Meine Mutter hat sich höchstens mal um die Rosen gekümmert. Und wir Mädchen machten den Blumenschmuck.«
Was dies anging, so hatte Claire sich auch größte Mühe gegeben, ihre Hütte zu verschönern. Die Blüten des Rata-Busches sowie grün leuchtende Pohutukawa- und gelb blühende Kowhai-Zweige standen in hübschen Porzellanvasen auf dem Boden. Davon abgesehen war die Einrichtung ärmlich. Die Edmunds besaßen noch weniger und deutlich baufälligeres Mobiliar als Kathleen und Ian. Der dreibeinige Tisch war allerdings mit einer wunderschönen, leinenen Tischdecke versehen, und nun deckte Claire ihn mit filigranem Porzellangeschirr. Fasziniert befingerte Sean die hauchdünnen Teetässchen – Kathleen nahm sie ihm behutsam aus der Hand, bevor er sie zerbrach.
»Ach, das wäre auch nicht so schlimm, es sind schon unterwegs welche kaputtgegangen«, kommentierte Claire gelassen. »Ich hab Gedecke für zwölf Personen – so viele Menschen wohnen in der gesamten County hier nicht!«
Kathleen musste lachen. Dieser Haushalt war genauso befremdlich wie ihre neue Freundin, die nicht mal Kartoffeln kochen konnte, den Tee aber mit geschickten Händen und eleganten Bewegungen servierte. Kathleen erinnerte das an Lady Wetherby. Auch die hatte ihren Hausmädchen höchstselbst beigebracht, wie man dieses urenglische Getränk bereitete und servierte. Ob dies das Einzige war, was englische Mädchen im Haushalt lernten?
Claire gab das freimütig zu, als Kathleen wagte, es anzusprechen. »Ja«, sagte sie. »So ziemlich. Also ich weiß natürlich auch noch, wie man bei mehrgängigen Menüs richtig den Tisch deckt und so etwas. Und wo man die Gäste passend platziert – also, wenn man zum Beispiel gleichzeitig einen Bischof und einen General zu Besuch hat … Aber hier nützt mir das nicht so viel. Genauso wenig wie das Geschirr …« Sie schaute bedauernd auf ihren Schatz aus chinesischem Porzellan.
»Warum hast du es dann mitgenommen?«, erkundigte sich Kathleen. Kein Mensch konnte so unpraktisch denken, und eigentlich zeigte Claire doch Pioniergeist.
Claire verzog den Mund. »Meine Mutter hat es mir geschickt. Ich hab dir doch erzählt, dass ich meiner Familie aus London geschrieben habe, nach der Hochzeit. Und mein Vater wollte nichts mehr von mir wissen, aber meine Mutter hat mir eine Kiste mit Aussteuer geschickt. Es bräche ihr das Herz, wenn ich so völlig mittellos in die Fremde zöge, schrieb sie …«
»Aber da hätten sich doch andere Dinge angeboten …«, meinte Kathleen. Sie dachte an Kochtöpfe, Kleiderstoffe – oder einfach an Geld.
Claire strahlte ihre neue Freundin komplizenhaft an. »Ja, nicht wahr? Meine Geige zum Beispiel. Oder ein paar Bücher, Noten … Ein Lexikon! Ich weiß überhaupt nicht, wie ich mein Kind aufziehen soll. Wie soll ich ihm was beibringen, wenn wir noch nicht mal ein Lexikon haben?«
Kathleen seufzte. Es war offensichtlich schlimmer, als sie bislang befürchtet hatte. Claire war zweifellos hochgebildet, aber siebeherrschte eigentlich keine der Fertigkeiten, die für Kathleen selbstverständlich und in
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