Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
darüber zu reden, teilten sie nachts das Bett in ihrer Luxuskabine, tagsüber behandelte man sie selbstverständlich wie ein Ehepaar. Auf dem kleinen Schiff reisten nur wenige Passagiere, was Michael beunruhigte.
»Die werden sich alle genauestens an uns erinnern, wenn sie uns suchen!«, meinte er besorgt. »Wir müssen diese Stadt, wo wir anlegen – wie heißt sie noch? Nelson? – sofort verlassen!«
»So schnell geht das nicht mit den Nachforschungen«, beschied Lizzie ihn erheblich gelassener. »Und was unsere Beschreibungen angeht – wir haben ja auch in Van-Diemens-Land nicht die Gesichter verhüllt! Aber wer sollte uns suchen? Natürlich werden die australischen Behörden die Polizei in Neuseeland informieren – sofern es da welche gibt. Das geht jedoch auf keinem Fall von heute auf morgen. Und du glaubst doch nicht wirklich, dass sich die Obrigkeit in Neuseeland jetzt nur darauf konzentriert, zwei Flüchtlinge unter tausend freien Siedlern ausfindig zu machen? Ich denke, wir können uns da in Ruhe umsehen.«
Lizzie gab sich unerschrocken, aber tatsächlich erfüllte der Gedanke an die Ankunft in Nelson sie mit täglich wachsender Furcht. Das hatte weniger mit der Gefahr von Entdeckung und Gefangennahme zu tun, sondern mehr mit dem Ende ihrer erzwungenen Zweisamkeit mit Michael. Lizzie wusste nicht, was Michael in dem neuen Land vorhatte, aber sie ahnte, dass seine Pläne sie nicht einschlossen.
Immerhin kündete ihr erster Blick auf die Bucht von Nelson,einer jungen, aber fast schon städtischen Ansiedlung am Nordende der Südinsel, von der atemberaubenden Schönheit ihrer neuen Heimat. Als das Schiff vorsichtig in Nelsons Naturhafen einfuhr, lag der Ort in gleißendem Sonnenlicht. Die Ankömmlinge sahen Strände, grüne Hügel und adrette kleine Holzhäuser. Im Hintergrund waren Berge zu erkennen.
»Und Palmen!«, rief Lizzie bewundernd, als das Schiff dem Land näher kam. »Michael, hast du vorher schon mal eine Palme gesehen? Es muss hier warm sein! Oh, es gefällt mir, Michael! Sollen wir nicht einfach hierbleiben?« In ihrer Euphorie schmiegte Lizzie sich spontan an den Mann an ihrer Seite.
Aber Michael wehrte sie ab. »Hierbleiben? Du bist verrückt, Lizzie! Wir kommen schließlich nicht als Siedler, wir …«
»Als was denn dann?« Lizzie holte tief Luft. Sie hatte nicht die geringste Lust, bohrende Fragen zu stellen, aber es wurde Zeit. Auch wenn es schmerzte, sie musste erfahren, was sie zu erwarten hatte. »Wir können natürlich so schnell wie möglich weg von dieser Stadt. Aber du glaubst doch nicht, du kämest wieder fort von dieser Insel!«
Michael lachte ein bisschen gezwungen. Er wandte den Blick von Nelson ab und sah fast sehnsüchtig aufs Meer hinaus.
»Und ob ich das glaube!«, beschied er Lizzie dann im Brustton der Überzeugung. »Ich bleibe genauso lange hier, bis ich Geld für eine Schiffspassage verdient habe. Und dann Farewell, Neuseeland! Die Heimat ruft!«
Lizzie musste sich an der Reling festhalten, um dem Impuls nachzugeben, Michael zu schütteln. »Du willst zurück nach Irland? Das kann nicht dein Ernst sein! Michael, da nehmen sie dich direkt fest und schicken dich mit dem nächsten Schiff zurück nach VanDiemens-Land!«
Michael schüttelte den Kopf. »Ach was! In Irland hab ich Freunde, da tauche ich unter. Und es ist ja auch nicht für lange. Ich hole Kathleen und das Baby …«
Lizzie schluckte. »Michael, das ›Baby‹, wie du es nennst, mussjetzt zwei oder drei Jahre alt sein! Und die ganze Zeit hast du nichts von Kathleen gehört. Du weißt nicht, wo sie steckt. Ob sie vielleicht sogar verheiratet ist …«
»Mary Kathleen? Meine Mary Kathleen?« Michael fuhr verärgert auf. »Ich hab ihr gesagt, dass ich zurückkomme! Ich hab ihr geschworen, dass ich komme, und sie glaubt mir. Kathleen wartet auf mich. Ganz sicher!« Er fuhr durch sein vom Wind zerzaustes, dichtes dunkles Haar.
»Und wo wartet sie?«, fragte Lizzie spöttisch. Herrgott, sie würden im Streit auseinandergehen, aber es musste doch möglich sein, diesem Mann den Kopf zurechtzusetzen! »In eurem Dorf? Glaubst du, ihre Eltern sind ganz wild danach, sie durchzufüttern? Sie und … ihren Bastard?«
»Na ja … vielleicht ist sie ja nicht im Dorf …«, räumte Michael ein. »Vielleicht wohnt sie in einer größeren Stadt. Dublin oder so … und …«, über sein Gesicht zog ein Leuchten, »und womöglich ist sie sogar vorausgegangen! Ich hatte ihr das Geld für Amerika gegeben. Vielleicht
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