Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
enttäuschen muss. Ich bin schon mit den anderen Matrosen in die Stadt gezogen. Nur wollten mich die Mädchen nicht.« Er zeigte auf seine Tätowierungen.
Lizzie lächelte tapfer. »Mir … macht es nichts aus«, behauptete sie. »Wenn du also möchtest …«
Kahu stieß scharf die Luft aus. »Du meinst also, ich täte es deshalb?«
Lizzie zuckte die Achseln.
»So ist das nicht«, sagte Kahu. Er sah Lizzie nicht dabei an. »Es ist ganz etwas anderes. Wenn ich dir einmal beiliegen sollte, Elizabeth, dann nur im Versammlungshaus vor den Augen der Ältesten. Ich will nicht Teil deines Gestern sein, sondern deines Morgen. Und ich will für dich toku sein, nicht taku .«
Lizzies schüchternes Lächeln war dieses Mal echt. »War das jetzt … eine Liebeserklärung?«, fragte sie vorsichtig. »Und was ist … mit der Feindschaft zwischen Maori und pakeha ? Mit … mit dem Krieg, von dem du meinst, dass er kommt?«
Kahu sah immer noch aufs Meer hinaus. »Jeder Krieg endet einmal – besser oder schlechter. Und wenn du es nun schon wissen willst: Ich glaube nicht, dass wir die pakeha wieder aus dem Land hinauswerfen können. Auf die Dauer müssen wir es uns teilen. Wir müssen Respekt voreinander gewinnen, leider verstehen viele voneuch nur die Sprache der Waffen. Du aber nicht, Elizabeth Portland. Du und ich, wir könnten etwas Neues schaffen.«
Lizzie seufzte. »Du kennst mich doch gar nicht«, sagte sie dann leise. »Portland ist nicht einmal mein richtiger Name!«
Kahu suchte von der Seite her ihren Blick. Der Maori-Krieger schien verlegen. Dann aber lächelte er.
»Aber ich weiß den Namen des Kanus, in dem du nach Aotearoa gekommen bist.«
Lizzie wünschte sich, ihn küssen zu können, aber sie empfand nichts als eine unbestimmte Form von Rührung, als Kahu tief durchatmete und dann das Segel richtete.
»Werden wir nachts eigentlich an Land gehen?«, fragte sie.
Kahu schüttelte den Kopf. »Nein. Vorerst fahren wir nah an der Küste, aber später werden wir uns etwas weiter davon entfernen, und dann ist die Navigation gerade bei Nacht einfacher – solange die Götter die Sterne leuchten lassen. Wir werden nur zwischendurch anlegen, um Wasser und Vorräte zu ergänzen. Aber du brauchst dich wirklich nicht zu fürchten. Dies ist keine Entdeckungsfahrt, Elizabeth. Wir umfahren ein Land, das meinem Volk seit Jahrhunderten gehört – auch wenn dein Volk jetzt die Hand danach ausstreckt. Du kannst dich unbesorgt schlafen legen. Und morgen zeige ich dir einmal, wo wir herkommen! Wir werfen einen Blick in Richtung Hawaiki.«
Lizzie schlief zu ihrer Überraschung recht gut in dem schwankenden Kanu, eingekuschelt in viele Decken gegen die bei Nacht wirklich schneidende, winterliche Kälte. Die Wellen wiegten sie sanfter als in den großen Schiffen der Weißen, die Luft war frisch und machte müde. Sie erwachte entspannt und nicht mehr ängstlich. Weder schien das Meer etwas gegen sie zu haben, noch hatte Kahu sie angerührt. Lizzie machte Anstalten, ein Frühstück für ihn und für sich zu bereiten, aber der junge Maori rief sie zunächst zu sich und zeigte in Richtung Küste. Hier waren jetzt imponierende Klippen zu erkennen, die steil zum Meer hin abfielen. Sie waren schroffund nicht bewachsen. Nur selten klammerte sich ein Kauri-Baum an einen Felsvorsprung, auf dem sich wohl ein bisschen Erde angesammelt hatte.
»Schau, das ist Cape Reinga, die nördlichste Spitze von Te Ikaa-Maui und damit natürlich von ganz Aotearoa. Von hier aus wandern die Seelen verstorbener Maori zurück nach Hawaiki, der Insel, von der die ersten Kanus kamen.«
Kahu zeigte hinaus aufs Meer. Man erkannte eine kleine Insel, aber danach war da nur noch Ozean – und niemand wusste, wo Hawaiki wirklich gelegen hatte. Kahus Vorfahren mussten unvorstellbar weit gesegelt sein.
Lizzie schauderte. »Hawaiki lag also im Norden?«, fragte sie dann. »Es war kälter als hier?«
Kahu nahm den Trockenfisch und das Brot, das sie ihm reichte, lachte sie jedoch aus. »Elizabeth wahine ! Wie lange bist du jetzt auf dieser Seite der Erdkugel? Sieben Jahre oder länger? Und in der Zeit hast du immer noch nicht begriffen, dass es hier anders ist als in England? Hawaiki war wärmer als Aotearoa. Deshalb konnten unsere Vorfahren hier auch viele ihrer mitgebrachten Pflanzen nicht ansiedeln. Eigentlich gedeiht nur die kumara , die Süßkartoffel. Ihr pakeha seid da erfolgreicher, euer Klima ist ähnlich wie unseres, eure Pflanzen gedeihen und eure Tiere
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