Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
noch mehr. Ihr werdet dieses Land stärker prägen als wir, ihr könnt mehr damit anfangen. Aber das ist trotzdem kein Grund, es sich anzueignen, ohne ordentlich dafür zu bezahlen.«
Lizzie nickte, mochte sich aber nicht recht auf die Streitigkeiten zwischen Maori und pakeha konzentrieren. Zu schön waren die Strände und Klippen, an denen sie entlangsegelten, eine urtümliche, wilde Gebirgslandschaft, immer wieder durchbrochen von weißen Stränden und grünen Hügeln. Gegen Abend geriet das Land dann wieder außer Sicht und blieb es für mehrere Tage. Lizzie beunruhigte das erneut.
Das Wetter verschlechterte sich nun auch. Nach zwei Tagen gerieten sie in einen fürchterlichen Sturm. Zwar konnte die Hauwhenua kaum kentern, aber sie bot auch keinen Schutz gegen das Wetter. Die Wellen überspülten das Kanu, Kahu war mit dem Segel beschäftigt, und Lizzie schöpfte pausenlos Wasser aus dem Boot. Sie war binnen kürzester Zeit völlig durchnässt, fror und zitterte am ganzen Körper.
»Aber wir kommen schnell voran!«, erklärte Kahu vergnügt, während Blitze über den Nachthimmel tobten. Tatsächlich schoss das Kanu nur so dahin, und dem Seefahrer schien die Fahrt eher Spaß zu machen.
Lizzie dagegen hatte bald nur noch das Bedürfnis zu beten. Sie fragte sich ernstlich, ob sie sich an Jesus Christus oder doch besser an Tangaroa, den Maori-Gott des Meeres, wenden sollte.
Kahu wollte sich ausschütten vor Lachen, als sie sich erkundigte, zu wem er gerade bete. »Du magst das komisch finden, aber ich will nicht Gott lästern!«, sagte sie ärgerlich. »Gerade nicht in diesem Sturm! Wenn man da jemanden ärgerlich macht …«
Der große Maori blickte zärtlich auf das zierliche Mädchen, das jetzt ein bisschen wie eine nasse, verängstigte Katze wirkte. Lizzie wusste gar nicht, wie ähnlich sie seinem Volk war! Kahu jedenfalls war nie eine Weiße begegnet, die Fragen der Religion derart praktisch denkend anging. Die meisten pakeha waren ihm stets eher bigott erschienen.
»Bei klarem Wetter würdest du’s also eher riskieren?«, zog er sie auf, wobei er gegen den Wind anbrüllen musste. »Bete zu wem du willst, Elizabeth, du bist sowieso nicht in Gefahr. Der Wind wird sich bald legen. Wir Maori lernen, dass Tane für den Wald zuständig ist, Tangaroa für das Meer, Papa für die Erde. In der Missionsschule sangen wir dagegen Lieder über Christus als Schäfer, als Seefahrer, als Gärtner im Weinberg des Herrn …«
»Im Weinberg?«, fragte Lizzie interessiert. Bis zum Weinbau war ihr Bibelstudium nicht gediehen, aber das interessierte sie.
Kahu ließ sich durch ihren Einwurf nicht von weiteren theologischen Überlegungen abbringen. »Manchmal«, führte er aus, »habe ich mich gefragt, ob ihm das alles nicht etwas zu viel wird.«
Lizzie musste wider Willen lachen. »Schau, da ist ein Stern!«, rief sie und zeigte in den Himmel, an dem gerade die ersten Wolken auseinanderdrifteten.
Kahu nickte gelassen. »Da siehst du’s, es klart auf. Wofür du nun wieder Rangi danken darfst, das ist der Gott des Himmels!«
Als es nach dieser Nacht hell wurde, steuerte Kahu endlich wieder mal Land an. Es war dringend nötig, die Vorräte zu ergänzen und sich zu trocknen.
»Dies ist das Gebiet der Ngati Maniapoto«, kommentierte der Maori, während er das Kanu an den Strand zog. »Eigentlich sind sie sehr kriegerisch veranlagt, aber seit sie unseren Maori-König stellen, geben sie sich diplomatisch. Wie auch immer, wir werden ein Feuer machen, du kannst dich wärmen, und ich schaue mich nach Trinkwasser um …«
Die Gegend hier war sicher wasserreich. Sie war geprägt von grünen Hügeln und dichten Wäldern, über die trutzige Felsen herrschten wie Riesen. Lizzie war nervös, als Kahu sie tatsächlich allein ließ, aber sie nutzte die Gelegenheit, ihre völlig durchnässten Sachen auszuziehen und sich nur eine ebenfalls feuchte Decke überzuwerfen wie eine Maori-Frau. Der exotische Aufzug bewirkte fast, dass sie sich sicherer fühlte – schließlich würden sich auch Ruiha und Kaewa in der Natur ihrer Heimat nicht fürchten.
Kahu lächelte zärtlich, als er zurückkam und Lizzie am Feuer sitzen sah. Sie hatte ihr Haar gelöst und entwirrt, es hing ihr jetzt immer noch spröde und steif vom Salzwasser, aber immerhin trocken bis über den halben Rücken. Ihr schmaler Körper steckte in einer Decke, die durch einen Gürtel um die Hüften halbwegs sicher an ihrem Platz gehalten wurde, sie garte Fische an Stecken und
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